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Wird Samsung an seinen Akkus verbrennen?

Dirk Kaufmann
11. Oktober 2016

Die Probleme, die Samsung mit seinem Smartphone-Flaggschiff Galaxy Note 7 hat, werden den südkoreanischen Mischkonzern noch teuer zu stehen kommen. Existenzbedrohend wird "Akku-Gate" aber kaum.

Samsung Galaxy Note 7
Bild: picture-alliance/AP Photo/A. Young-joon

Ein Smartphone, das unversehens in Flammen aufgeht? Das will sich niemand in die Tasche stecken oder zum Aufladen an die Steckdose hängen. Außerdem ist es dem Ruf einer Marke nicht zuträglich, wenn sich Kunden an den Produkten buchstäblich die Finger verbrennen. Für ein Unternehmen sind solche Meldungen ein GAU, ein Größter Anzunehmender Unfall.

Der koreanische Smartphone-Hersteller Samsung hat daher die Reißleine gezogen. Zuerst wurde den Kunden ein kostenloser Ersatz angeboten, der sich aber als ebenso fehlerbehaftet erwies. Inzwischen ist der Verkauf des Samsung Galaxy Note 7 weltweit eingestellt worden.

Gebackenes Galaxy Note 7 Handy von SamsungBild: picture-alliance/AP Photo/A. McAvoy

Das sei typisch für den ehemaligen "asiatischen Tiger" Südkorea, meint Alexander Hirschle, der für "Germany Trade and Invest", die Außenwirtschaftsagentur der Bundesrepublik Deutschland, in Südkoreas Hauptstadt Seoul arbeitet: "Die Koreaner sind dafür bekannt, dass sie, wenn sie ein Problem erkannt haben, das auch schnell angehen und für Besserung sorgen."

Des einen Leid, des anderen Freud

Das Galaxy Note 7 ist die südkoreanische Antwort auf die Smartphones von Marktführer Apple. Dessen Geräte gelten als das Statussymbol auf dem hartumkämpften Markt. Beim Geschäft in der "Oberklasse" haben die Kalifornier nun wieder Oberwasser: Während die Samsung-Aktie abrutschte, konnte Rivale Apple wieder zulegen. Seine Aktien notieren wieder so hoch wie seit Dezember 2015 nicht mehr.

Am anderen Ende der Skala, bei den günstigeren Handys, reiben sich jetzt die chinesischen Konkurrenten die Hände: Lenovo, Xiaomi und Huawei machen sich nun berechtigte Hoffnungen, Samsung Marktanteile abjagen zu können. Außerdem bieten diese Hersteller inzwischen auch anspruchsvollere Geräte an, die den Zweikampf von Samsung und Apple in einen breiteren Wettbewerb verwandeln können.

Das iPhone brennt nicht - und ist angeblich sogar wasserdicht. Bild: picture-alliance/ZUMA/G. Reyes

Ein atemberaubender Aufstieg

In nur wenigen Jahrzehnten ist Samsung von einem kleinen Lebensmittelladen zum größten Elektronikkonzern der Welt geworden. Bis 2008 leitete Lee Kun-Hee, der Sohn des Firmengründers, das Familienunternehmen. 2008 musste er wegen eines Skandals von allen seinen Posten im Unternehmen zurücktreten, seither wird Samsung von den Vorstandsvorsitzenden der einzelnen Unternehmen, aus denen der Konzern besteht, geleitet.

Heute baut und verkauft der Mischkonzern Schiffe und Hochhäuser, Fernsehern und Smartphones, Mode und Medizinprodukte und vieles mehr. Mehr als 80 Unternehmen arbeiten unter dem Dach des Mischkonzerns, dessen fast 500.000 Mitarbeiter einen Jahresumsatz von mehr als 300 Milliarden Dollar (Stand 2014) erwirtschaften.

Alexander Hirschle macht die Bedeutung Samsungs für die südkoreanische Wirtschaft an einer Zahl deutlich:" Der Umsatz des Konzerns entspricht rund 20 Prozent des koreanischen Bruttoinlandsprodukts." Es sei gar keine Frage, dass der Konzern daher "mit Sicherheit eine der entscheidenden Größen der südkoreanischen Wirtschaft" ist.

Die Kosten werden beherrschbar bleiben

Der Aufstieg Südkoreas und der Aufstieg Samsungs verliefen seit dem Beginn der Industrialisierung des Landes in den siebziger Jahren parallel. Von der Regierung unterstützt, konnten sich einige Konzerne prächtig entwickeln - auch Hyundai, LG und andere profitierten von den besonderen Standortvorteilen des asiatischen Tigers. "Die Entwicklung Samsungs kann somit auch als Seismograph für die gesamte koreanische Wirtschaft gesehen werden", stellt Alexander Hirschle fest. Es gelte aber auch, dass die "psychologische Bedeutung von Samsung für die koreanische Wirtschaft nicht zu unterschätzen" sei.

Der wirtschaftliche Schaden für den Konzern dürfte sich, wenigstens mittelfristig, in Grenzen halten. Zu Beginn der Rückrufaktion schätzten Marktbeobachter die Kosten für Samsung auf etwa eine Milliarde Dollar. Doch gleichzeitig hatte sich der Konzern gerade von einigen Beteiligungen an anderen Tech-Unternehmen getrennt und allein dabei schon rund eine Billion Won (etwa 800 Millionen Euro) erlöst.

Der aktuelle Verkauftsstopp wird den Konzern weitere Milliarden kosten - doch bei einem Jahresumsatz von mehr als 160 Milliarden Dollar für die Sparte Samsung Electronic und mehr als 300 Milliarden Dollar für den gesamten Mischkonzern,  dürfte das aller Voraussicht nach zu verkraften sein. In welchem Umfang dem Konzern allerdings Anteile am globalen Markt verloren gehen, lässt sich noch nicht absehen.

Die Herausforderungen sind eher grundsätzlich

In Südkorea wird die "Galaxy-Thematik" natürlich wahrgenommen, sagt Alexander Hirschle im Gespräch mit der DW, doch ein grundsätzliches Problem für Samsung oder den Wirtschaftsstandort Südkorea wird in den fehlerhaften Akkus nicht gesehen. Es gäbe, so Hirschle, "Krisen, die die koreanische Wirtschaft deutlich mehr beschäftigen: In der Schiffbauindustrie etwa werden Auftragsrückgänge von etwa 90 Prozent verzeichnet. Diese Zahlen gehen schon mehr ans Eingemachte."

"Akku-Gate" ist für Samsung natürlich ein Problem, doch der Experte der deutschen Außenwirtschaftsagentur sieht die Herausforderungen für das Land und den Konzern eher grundsätzlich. "Für Samsung", so Hirschle, "wird es genauso wie für die gesamte Wirtschaft endscheidend sein, einen Qualitätssprung hinzubekommen: Von einem einstigen 'Fast Follower', womit Korea groß geworden ist, zu einem 'First Mover'. Das heißt: in Zukunft selbst einen Trend setzen, selbst ein Branding erarbeiten und sich so einen Vorsprung vor den günstigeren Verfolgern verschaffen."

 

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