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#wirsindmehr: Reaktionen im Netz

Paula Rösler
4. September 2018

Zehntausende kamen zusammen, um in friedlicher Atmosphäre ein Zeichen gegen rechte Gewalt zu setzen. Unter dem Hashtag #wirsindmehr teilen Bands und Konzertbesucher Eindrücke eines denkwürdigen Abends in Chemnitz.

Campino von der Band "Die Toten Hosen" singt in Chemnitz
Bild: picture-alliance/dpa/S. Kahnert

"Ihr glaubt doch wohl nicht, dass wir alleine hier sind?", ruft "Die Toten Hosen"-Frontmann Campino (Artikelbild) den rund 65.000 Menschen vor der Chemnitzer Johanniskirche zu. Dann holt er Rodrigo González von "Die Ärzte" und Arnim Teutoburg-Weiß von den "Beatsteaks" auf die Bühne. Zusammen performen die Punkrocker den Ärzte-Song "Schrei nach Liebe", ein Hit aus dem Jahr 1993, der sich gegen Neonazis richtet.

Zeilen aus dem Lied lauten: "Deine Gewalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe, deine Springerstiefel sehnen sich nach Zärtlichkeit." Die Menge singt geschlossen mit. Für viele Konzertbesucher ist dies der Höhepunkt des Abends. Sie wollen ein Zeichen setzten - gegen rechte Gewalt, für eine offene Gesellschaft.

Das Konzert unter dem Motto #wirsindmehr hatte mit einer Schweigeminute für den 35-jährigen Daniel H., der vor gut einer Woche in Chemnitz durch Messerstiche getötet wurde, begonnen. Daraufhin war es wiederholt zu Demonstrationen rechter Gruppierungen gekommen, Rechtsextreme machten Jagd auf Menschen mit Migrationshintergrund.

"Wir solidarisieren uns mit all den Menschen, die von Neonazis angegriffen wurden, um ihnen zu zeigen, dass sie nicht alleine sind", schrieben die Veranstalter vor dem Konzert auf Facebook. Hinterher bedankten sich "Die Toten Hosen" via Twitter bei den so zahlreich nach Chemnitz gereisten Menschen.

Geplante Gegenveranstaltungen des ausländer- und islamfeindlichen Bündnisses "Thügida" und der rechtspopulistischen Bewegung "Pro Chemnitz" waren von der Stadt nicht genehmigt worden. 

Das Konzert wurde live bei YouTube übertragen. Den Livestream sahen rund eine Million Menschen. Das Konzert besuchten nach Angaben der Polizei rund 65.000 Menschen. Die Veranstaltung blieb friedlich.

Der Menschenansturm hatte zwischenzeitlich den Chemnitzer Hauptbahnhof lahmgelegt. Laut Polizei konnten Reisende eine Zeit lang nur nacheinander eingelassen werden. Züge von Leipzig kommend waren überfüllt. Auch der öffentliche Nahverkehr im Stadtzentrum Chemnitz wurde vorübergehend eingestellt. Viele Chemnitzer boten Besuchern von außerhalb einen Schlafplatz an. 

Kritik an dem Gratiskonzert kam von der AfD. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion Beatrix von Storch schrieb auf Twitter: "Ihr seid nicht mehr. Ihr seid Merkels Untertanen, ihr seid abscheulich - und ihr tanzt auf Gräbern." Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier konterte: "Die Mehrheit sind nicht die, die schreien. Ihr spaltet und zerstört immerfort. Humanität ist stärker, als euer garstig Wort."

Zum Konzert eingeladen hatten neben den "Toten Hosen" auch die Band "Kraftklub", "Feine Sahne Fischfilet" sowie die Rapper "Marteria", "Caspar", "Nura" und "Trettmann". 

 

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