Chancen für deutsche Unternehmen
23. August 2011Dank seiner Öl- und Gasvermögen ist Libyen ein reiches Land. Gaddafi und seine Familie haben Milliarden gehortet und ins Ausland geschafft. Allein auf deutschen Konten sind über sieben Milliarden Euro beschlagnahmt worden. Nun soll das Geld möglichst schnell freigegeben werden und dem libyschen Volk zugute kommen.
Gefragte Partner
Die deutsche Wirtschaft sieht gute Chancen, ihre Investitionen in Libyen zu erhöhen. Das Interesse sei groß, sagt der stellvertretende Bereichsleiter Internationales des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Felix Neugart, gegenüber DW-WORLD.DE.
Vor allem beim Ausbau der Infrastruktur gebe es viel zu tun. Dazu gehöre beispielsweise die Strom- und Wasserversorgung und die Abwasserentsorgung: "Alles, was eben gebraucht wird, um eine vernünftige Infrastruktur zu bekommen, und was auch einen hohen Grad an technischer Expertise, an Ingenieurskunst verlangt, da sind deutsche Firmen gut, und da sind sie sicher auch gefragte Partner."
Gemessen am Reichtum des Landes ist aber nicht nur die Infrastruktur unterentwickelt und hat die Unternehmen zurückgehalten. Ein unberechenbares Umfeld und mangelnde Rechtssicherheit haben schon in der Vergangenheit vor allem Mittelständler von einem Engagement in Libyen abgeschreckt. Zahlreiche politische Entscheidungen habe es gegeben, die niemand nachvollziehen konnte und die dann eben auch nicht umgesetzt worden seien, sagt Neugart. Das sei für ausländische Unternehmen stets schwierig gewesen: "Wenn sich das ändert, wenn also Rechtssicherheit gegeben ist, wenn die Rahmenbedingungen für Unternehmen, auch für ausländische Unternehmen, vor Ort klar sind, dann glaube ich, ist Libyen ein sehr attraktiver Partner für viele deutsche Unternehmen."
Energiewirtschaft wartet ab
Rund 100 deutsche Firmen waren in Libyen vor dem Bürgerkrieg aktiv, darunter große Konzerne wie Siemens, Wintershall und REW Dea, so der Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft. Er will seine Mitgliedsunternehmen dazu aufrufen, sich in dem Land wieder stärker zu engagieren. Wegen der reichen Öl- und Gasvorkommen waren die meisten deutschen Unternehmen in der Energiewirtschaft und im Anlagenbau tätig.
Die Öl- und Gastochter des Chemie-Riesen BASF Wintershall beispielsweise hatte Ende Februar die Förderung in der Wüste wegen des Bürgerkrieges heruntergefahren. Seitdem wird dort kein Öl mehr produziert. Die internationalen Mitarbeiter seien ausgeflogen worden, teilte Pressesprecher Stefan Leunig DW-WORLD.DE mit. Wintershall ist seit 1958 in Libyen und produzierte dort vor den Unruhen 100.000 Barrel Öl am Tag.
Derzeit sei es noch zu früh zu sagen, wann, wie und unter welchen Voraussetzungen die Produktion in Libyen wieder aufgenommen werden könne, so Leunig: "Grundsätzlich könnte die Produktionsaufnahme unter gängigen technischen Bedingungen innerhalb von einigen Wochen erfolgen. Das Hochfahren der Produktion ist aber insbesondere abhängig vom Zustand der Exportinfrastruktur sowie einer stabilen Sicherheitslage im Land."
Die Entwicklungen vor Ort, sagt Leunig, werden von Wintershall aufmerksam beobachtet. Lokale Mitarbeiter, die in Libyen verblieben seien, betreuten derzeit die Produktionsstätten: "Wir hoffen, dass die gewaltsamen Auseinandersetzungen schnellstmöglich beigelegt werden."
Autorin: Monika Lohmüller
Redaktion: Zhang Danhong