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HandelGlobal

Israels Angriff auf Iran lässt Ölpreis in die Höhe schnellen

Nik Martin
14. Juni 2025

Israels Angriff auf den Iran hat die Finanzmärkte aufgeschreckt, die Angst vor einem regionalen Konflikt mit negativen Auswirkungen auf die Ölversorgung steigt. Dabei hat die Welt bereits mit Trumps Zöllen zu kämpfen.

Irans Öltanker "Stark I" fährt durch die Straße von Hormuz
Rund 20 Prozent des weltweit geförderten Öls wird durch die Straße von Hormuz vor Iran transportiertBild: fararu.com

Die wirtschaftlichen Folgen des israelischen Angriffs auf iranische Atom- und Raketenanlagen am frühen Freitagmorgen ließen nicht auf sich warten. Der Ölpreis schoss in die Höhe und Anleger verschoben ihre Gelder in sichere Anlagen, darunter Staatsanleihen und Gold.

Rohöl-Futures stiegen um bis zu 13 Prozent, denn die Händler setzen darauf, dass Israel es nicht bei einem Angriff belassen wird. Die globale Benchmark Brent verteuerte sich um zehn Prozent auf 75,15 US-Dollar (65 Euro) pro Barrel, den höchsten Preis seit fast fünf Monaten.

Die Wortgefechte zwischen den beiden Kontrahenten befeuern die Angst vor einem lang andauernden Konflikt. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu drohte mit Blick auf die Entwicklung von Atomwaffen durch den Iran, die Militäroperation werde "so lange dauern, bis diese Bedrohung beseitigt ist". Irans oberster Führer Ayatollah Ali Khamenei wiederum warnte, Israel müsse für seine Angriffe mit einer "harten Bestrafung" rechnen.

Wie reagieren die Märkte auf Israels Angriff auf den Iran?

Asiatische und europäische Aktien gaben bei der Öffnung der Börsen nach; am stärksten betroffen war der deutsche DAX-Index. Im weiteren Verlauf des Freitags öffneten S&P 500 und Nasdaq etwa einen Prozentpunkt niedriger, während die Händler weiterhin in weniger riskante Anlagen flüchteten.

In Europa wurde der Reise- und Freizeitsektor hart getroffen, die Energieaktien erholten sich dagegen bald, ebenso wie die Rüstungskonzerne wie Rheinmetall und BAE, die zwischen zwei und drei Prozent zulegten. Analystinnen und Analysten zufolge schüren die Luftschläge "erhebliche Ängste vor einer Eskalation und einen weitreichenden regionalen Konflikt".

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen sind direkt spürbar?

Nicht nur Israel und der Iran, auch der Irak und Jordanien haben ihren Luftraum gesperrt. Mehrere Fluggesellschaften haben Flüge in die Region gestrichen, aus Sorge, dass es zum Absturz eines Flugzeugs kommen könnte.

Nach Angaben von Osprey Flight Solutions, einem Beratungsunternehmen für Flugsicherheit, wurden seit 2001 weltweit sechs kommerzielle Flugzeuge versehentlich abgeschossen, drei weitere wurden nur knapp verfehlt.

Die Umleitung von Flügen ist kostspielig, da sich Flugzeiten verlängern und die Flugzeuge mehr Treibstoff benötigen.

Israels Iron-Dome-Raketenabwehrsystem fängt iranische Raketen über Tel Aviv ab, doch die Sorge vor weiteren Gegenschlägen des Irans bleibt hochBild: Leo Correa/AP/picture alliance

Aus Angst vor iranischen Gegenschlägen haben israelische Fluglinien einige ihrer Flugzeuge vom Flughafen Ben Gurion in Tel Aviv an Flughäfen außer Landes verlegt. Flugverfolgungsdaten zeigen, dass mehrere Jets am Freitagmorgen Ortszeit Tel Aviv verließen. Einige davon flogen ohne Passagiere nach Zypern und an andere Zielorte in Europa.

Die Erklärung eines "besonderen Notstands" durch Israel führte offenbar zu einigen Panikkäufen, die den Wert des Schekel, der israelischen Währung, gegenüber dem US-Dollar um zwei Prozent an Wert verlieren ließen.

Bilder in den sozialen Medien zeigten große Menschenmengen in den Supermärkten und leere Regale für manche Lebensmittel. Das israelische Nachrichtenportal Ynet zitierte die Supermarktkette Carrefour, die am Freitag einen Anstieg der Kundenzahlen um 300 Prozent meldete.

Was bedeutet der Konflikt für die Wirtschaft?

Ein uneingeschränkter Krieg zwischen Israel und dem Iran könnte die Energiemärkte und Handelswege in der Region beeinträchtigen, mit weltweiten Konsequenzen. Der Nahe Osten zählt zu den wichtigsten Ölförderungsregionen weltweit. Hier finden sich einige der größten Ölreserven und -produzenten.

Nach Saudi-Arabien und dem Irak ist der Iran der drittgrößte Ölproduzent innerhalb der Region. Obwohl die Ölförderung im Iran mit internationalen Sanktionen belegt ist, liefert die Islamische Republik noch immer erhebliche Mengen Rohöl an China und Indien.

Ölraffinerie Abadan im Südwesten Irans (Archivbild von 2019)Bild: Essam Al-Sudani/File Photo/REUTERS

Amarpreet Singh, Analyst bei Barclays, warnt in einem Vermerk, der Konflikt könne sich im schlimmsten Fall "auf andere wichtige Öl- und Gasproduzenten in der Region sowie den Schiffsverkehr ausweiten".

Alle Augen richten sich jetzt auf die Straße von Hormus, eine Meerenge zwischen dem Iran, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Oman und ein wichtiger Flaschenhals im globalen Ölhandel. Sollte die Straße wie vom Iran wiederholt angedroht für den Schiffsverkehr geschlossen werden, säßen Öltanker fest und Ölpreise würden weiter in die Höhe schnellen.

Etwa ein Fünftel des weltweiten Ölbedarfs - rund 18 bis 19 Millionen Barrel täglich - wird laut der US-Behörde Energy Information Administration (EIA) durch diese Meerenge transportiert. Ein Anstieg des Ölpreises würde sich auf die Preise einer Vielzahl anderer Waren auswirken, vom Kraftstoff bis hin zu Lebensmitteln.

Was ist mit den Auswirkungen auf die Weltwirtschaft?

Die Eskalation der Spannungen zwischen Israel und dem Iran treffen auf eine Zeit erhöhter Unsicherheit auf den Finanzmärkten, ausgelöst durch die wechselhafte Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump. Die Androhung hoher Zölleauf Importe in die Vereinigten Staaten hat bereits viel Unruhe in den Welthandel gebracht und Anleger verunsichert. Die Zölle treiben die Preise für Verbraucher und Unternehmen in die Höhe und bremsen so die Wirtschaftsaktivität weltweit aus.

Ein längerer Konflikt zwischen Israel und dem Iran könnte diesen Druck auf die Weltwirtschaft noch verstärken, denn jeder Anstieg des Ölpreises von zehn Prozent verteuert die Verbraucherpreise im Folgejahr um etwa 0,4 Prozent, wie eine Analyse von FXStreet 2019 feststellte.

Schifffahrt und Tourismus könnten durch einen mehrere Fronten umfassenden Konflikt, an dem sich auch von Iran unterstützte Gruppen wie die Hisbollah im Libanon oder die Huthis im Jemen beteiligen, lahmgelegt werden.

Ende 2023 begannen die Huthis, Handelsschiffe im Roten Meer anzugreifen, einem weiteren für den Welthandel wichtigen Gebiet. Infolge der Angriffe stiegen die Preise für die Schifffahrt und Reedereien begannen, ihre Schiffe um das Horn von Afrika herumzuleiten, was ebenfalls enorme Kosten verursachte und die Transitzeiten verlängerte.

Peter Sand, Chefanalyst bei Xeneta, einem in Kopenhagen ansässigem Marktforschungsunternehmen betont, dass jede weitere Umleitung die Frachtpreise erhöhen würde. Reedereien würden auf diesen Routen vermutlich außerdem auf einen "Sicherheitszuschlag" drängen.

Laut Nachrichtenagentur Reuters haben Griechenland und Großbritannien ihre Handelsflotten nach der jüngsten Eskalation angewiesen, die Straße von Hormus zu meiden.

Eine Unterbrechung der Gaslieferungen aus der Region, auch vom israelischen Tamar-Feld, oder der Flüssiggasexporte der Golfstaaten würde ebenfalls den Druck auf den europäischen und asiatischen Energiemärkten erhöhen.

Israels Wirtschaft leidet bereits unter dem anhaltenden Gaza-Konflikt, ein weiterreichender Konflikt mit dem Iran könnte die Kosten auf bis zu 120 Milliarden US-Dollar (104 Milliarden Euro) oder 20 Prozent des Bruttoinlandprodukts steigen lassen, so der israelische Wirtschaftswissenschaftler Yacov Sheinin.

Der Iran befindet sich aufgrund der internationalen Sanktionen wegen seines Atomprogramms, die seine Ölexporte einschränken, schon seit längerem in einer Wirtschaftskrise. Die iranische Währung, der Rial, ist schwach und die Inflation verharrt unverändert bei etwa 40 Prozent. Jede weitere Unterbrechung der Ölexporte würde sich weltweit bemerkbar machen.

Obwohl Analysten kürzlich die Wahrscheinlichkeit eines Abschwungs herabgestuft haben, würde die Gefahr einer globalen Rezession durch die Kombination aus Trumps Zöllen und einem anhalten Krieg in Nahost deutlich erhöht.

Adaption aus dem Englischen: Phoenix Hanzo

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