Wirtschaftsgipfel in Berlin: Mehr Investitionen in Afrika?
19. November 2023Die Richtung ist klar: Afrika und Europa wollen enger zusammenarbeiten, stärkere Anreize für private Investitionen geben. Bundeskanzler Olaf Scholz hat zu einem Compact-with-Africa-Gipfel nach Berlin eingeladen. Viele afrikanische Staatschefs und Politiker werden zu der Wirtschaftskonferenz in die deutsche Hauptstadt reisen.
"Compact with Africa" war ursprünglich eine Initiative der deutschen G20-Präsidentschaft im Jahr 2017, als die damalige Bundesregierung unter Angela Merkel den Vorsitz der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie und Schwellenländer hatte. "Das Interesse an Compact with Africa ist stetig gewachsen", sagt Heiko Schwiderowski, Leiter des Subsahara-Afrika-Referats der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). Er betont, diese Investmentkonferenz mit 800 Teilnehmern werde die größte Wirtschaftskonferenz sein, die jemals auf deutschem Boden stattgefunden habe.
Dabei sind - neben Gastgeber Olaf Scholz und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck - EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, zehn afrikanische Staats- und Regierungschefs sowie mehr als 30 Minister aus Afrika.
Mehr Vertrauen bei Investoren
Deutschlands Wirtschaft und Politik senden laut Schwiderowski ein ganz wichtiges Signal: "Dass es sich lohnt, sich für den Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen einzusetzen", sagt er im DW-Interview. Zukunftsthemen wie Energiepartnerschaften und Alternativen für den Rohstoff-Einkauf würden bei dem aktuellen Investmentgipfel eine ganz zentrale Rolle spielen.
Compact with Africa (CwA) setzt stark auf gute Regierungsführung und Reformprozesse in vielen afrikanischen Ländern. Schwiderowski sieht in diesem Bereich merkliche Verbesserungen. Das schaffe Vertrauen - auch bei den deutschen Investoren. So seien die Zahlen für den Handel wieder deutlich nach oben gegangen.
Bislang haben sich dreizehn afrikanische Länder der Initiative angeschlossen: Benin, Burkina Faso, Elfenbeinküste, die Demokratische Republik Kongo, Ägypten, Äthiopien, Ghana, Guinea, Marokko, Ruanda, Senegal, Togo und Tunesien. Südafrika hat als eine der größten Volkswirtschaften Afrikas den Co-Vorsitz.
Andere Länder, zum Beispiel Angola, Sambia, Nigeria und Kenia, sind als Gäste der Konferenz dabei. Doch ist die Compact-with-Africa-Initiative ihrem Ziel, mehr Wachstum und damit Wohlstand auf dem afrikanischen Kontinent zu fördern, wirklich näher gekommen?
Transparenz bei der Zusammenarbeit
Für den ghanaischen Analysten Emmanuel Bensah ist der CwA auf jeden Fall ein wichtiges Instrument, um auf die afrikanischen Ökonomien zu schauen. Initiativen wie diese seien ein Indikator für deren Entwicklung: "Denn sie ermöglichen es, Momentaufnahmen von verschiedenen Ländern zu erhalten und zu sehen, was mit ihnen geschieht und was verbessert werden muss."
Dabei hat Bendah auch die im Aufbau befindliche Afrikanische Kontinentale Freihandelszone (AfCFTA) im Blick. Die werde nur erfolgreich sein, wenn der Privatsektor befähigt werde und transparent mit den Regierungen zusammenarbeiten, so Bensah im Gespräch mit der Deutschen Welle.
Aus Sicht des kenianischen Experten X.N. Iraki ist es noch zu früh für eine Bilanz: "Compact with Africa war eine großartige Idee, aber sechs Jahre sind eine zu kurze Zeit, um die Auswirkungen zu sehen", sagte der Wirtschaftsanalyst von der Universität Nairobi der DW. Noch habe sich der Erfolg dieser Wirtschaftsinitiative noch nicht eingestellt.
Obwohl CwA Anleger aus den G20-Staaten anlocken sollte, seien die Grundlagen vor Ort nicht unbedingt günstig für private Investitionen, fügt Iraki an: "Wir haben keine sehr gute Infrastruktur, politische Instabilität sowie den Glauben, dass den afrikanischen Ländern von jemandem geholfen werden muss." Vielmehr sei es jedoch an der Zeit, dass die afrikanischen Länder mehr Eigenverantwortung übernähmen. "CwA ist noch im Entwicklungsstadium, geben wir mehr Zeit."
Der deutsche Wirtschaftsexperte Robert Kappel gibt sich weniger zuversichtlich. Er sieht den Compact with Africa in einer "Ermüdungsphase". "Es gibt eine Notwendigkeit, dieses Modell zu reformieren und viel stärker darauf achtzugeben, dass die Interessen Afrikas da eine viel größere Rolle spielen", fordert Kappel im DW-Gespräch. "Die Interessen Afrikas liegen in der Industrialisierung, sie schafft Arbeitsplätze."
Zwar hätten viele afrikanische Staaten Reformen auf den Weg gebracht und damit die Rahmenbedingungen verbessert. Länder wie Elfenbeinküste, Ghana, Senegal, Äthiopien und auch Tunesien könnten auch zunehmende private Investitionen aus den G20-Ländern verzeichnen, aber auf eher niedrigem Niveau. Dennoch werde größtenteils in den Energie- und Rohstoffsektor von nur zwei Ländern investiert: Marokko und Ägypten.
Für den Ökonomen Kappel wäre es vernünftiger, die Infrastruktur auszubauen, um den innerafrikanischen Handel anzukurbeln. Damit würden auch neue Jobs für die Mehrheit der Bevölkerung entstehen. Doch das sei bislang mit dem Compact with Africa nicht erreicht worden, so Kappels nüchterne Bilanz.