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SportGlobal

WM: Katars Frauen-Team schaut sehnsüchtig zu

Mark Meadows aus Doha | Max Merrill aus Doha, Mitarbeit
15. Dezember 2022

Seit acht Jahren hat Katars Frauen-Nationalteam kein Pflichtspiel mehr bestritten. Vielleicht hilft den die Fußballerinnen des Golfstaats jetzt der "Marokko-Effekt" bei der Männer-WM.

FIFA Fußball-WM 2022 | Themenbild | Frau und Doha Skyline
Bild: Marko Djurica/REUTERS

0:17 gegen Bahrain. Mit einer wahrhaften Klatsche begann im Jahr 2010 die Länderspiel-Geschichte der katarischen Fußballerinnen. Aber immerhin spielte die Frauen-Nationalmannschaft des Golfstaates damals noch. Denn seit 2014 hat sie kein Pflichtspiel mehr bestritten - und das, obwohl Katar aktuell die Weltmeisterschaft der Männer ausrichtet. Mit dem Zuschlag für die WM 2022 hatte sich der Golfstaat auch verpflichtet, den Frauenfußball zu fördern. Stattdessen ruht der Spielbetrieb und die Enttäuschung darüber sitzt tief.

"Natürlich sind wir traurig und wollen [an Turnieren, Anm. d. Red.] teilnehmen", sagt die katarische Nationalspielerin Hajar Saleh gegenüber der DW. "Wir tauchen nicht einmal in der Rangliste auf, weil wir so lange kein richtiges Spiel mehr gemacht haben. Wenn du nicht spielst, kannst du dich auch nicht verbessern." Es gestaltete sich sehr schwierig, Spielerinnen des ehemaligen Teams ausfindig zu machen. Endlose Telefonate waren nötig, darunter auch mit Leuten, die ihre wahre Identität verschleierten. Andere trauten sich nicht, sich zu äußern, selbst über verschlüsselte Nachrichtendienste nicht.

Nicht ausschließlich für Fußball zuständig

Seit der 2:8-Niederlage gegen Bahrain bei der Westasienmeisterschaft im Jahr 2014 hat Katars Frauen-Nationalteam lediglich einige Freundschaftsspiele bestritten und ist in die USA gereist, um den dortigen Frauenfußball kennenzulernen. Doch das ersetzt nicht den Wettkampf. Die Mannschaft steht unter der Schirmherrschaft des katarischen Frauen-Sportkomitees (QWSC). Das mag auf den ersten Blick fortschrittlich wirken. Das Problem besteht allerdings darin, dass sich das Gremium um alle Sportarten kümmert und nicht speziell um Fußball. Das QWSC untersteht dem Nationalen Olympischen Komitee Katars und ist nicht mit dem katarischen Fußballverband verbunden.

Monika Staab trainierte einst das Frauen-Team Katars, jetzt arbeitet sie in Saudi-ArabienBild: FAYEZ NURELDINE/AFP

Die deutsche Fußball-Trainerin Monika Staab betreute die katarische Auswahl von 2013 bis 2014. Auch wenn sie mit dem Team kein Pflichtspiel gewann, saß sie bei zwei der eher seltenen Erfolge der Mannschaft auf der Bank: einem 3:0 und einem 1:0 jeweils gegen die Malediven. Seit 2021 trainiert Staab das Frauen-Team Saudi-Arabiens und sieht dort "enorme Fortschritte". Die Verantwortlichen in Katar kritisiert sie nur indirekt. "Man kann es weit bringen, wenn man will. Sie [die Katarer, Anm. d. Red.] brauchen Erfahrung von außen", sagt Staab gegenüber der DW. "Es ist nicht so, dass alles verschwunden wäre. Man braucht die richtigen Leute, die einen unterstützen. Ich hatte hier in Saudi-Arabien Glück."

Ein Schritt nach dem anderen

Katar ist voll von Fußballakademien und Fußballinfrastruktur - einerseits Folge der WM-Gastgeberrolle, andererseits weil Katar wegen des warmen Klimas ein beliebtes Ziel für Trainingslager europäischer Männer-Topklubs ist, etwa des deutschen Rekordmeisters Bayern München.

Das Education City Stadium, in dem acht Spiele der WM 2022 ausgetragen wurden, soll nach Angaben der Stadionplaner des britischen Unternehmens BDP die "Heimat des Frauenfußballs in Katar" werden. "Damit soll die nationale Vision 2030 von Katar unterstützt werden, die unter anderem das Ziel verfolgt, die Rolle der Frauen in allen Bereichen der Gesellschaft zu stärken und sie zu befähigen, aktive Mitglieder der Gemeinschaft zu sein", heißt es auf der BDP-Website.

2004 gründeten die katarischen Behörden die weltweit bekannte "Aspire Academy". Ziel war es, katarische Athleten in verschiedenen Sportarten an die Weltspitze heranzuführen und eine Topadresse für Sportler aus der ganzen Welt zu werden. Auch 18 Jahre später gibt es an der Akademie aber noch immer kein Förderprogramm für Fußballerinnen.

Der frühere australische Nationalspieler Tim Cahill ist Sportdirektor bei Aspire. "Meine eigene Tochter spielt hier für Lusail [den Klub Lusail City FC - Anm. d. Red.]. Es gibt also eine Menge Frauenfußball in Katar", sagt Cahill gegenüber der DW. "Doch es ist ein Prozess, den man durchlaufen muss und bei dem verschiedene Organisationen gegründet werden. Es wird [bei Aspire, Anm. d. Red.] ständig über Frauenfußball gesprochen. Im Moment gilt: ein Schritt nach dem anderen."

Eine katarische Fußballschule, die ein Programm für Mädchen und Frauen anbietet, ist die "Paris St. Germain Academy". Der französische Klub ist sowohl im Männer- als auch im Frauenfußball eine Topadresse und gehört Qatar Sports Investments, einer Tochtergesellschaft der Qatar Investment Authority, dem Staatsfonds von Katar. Doch trotz dieser Verbindung gibt es keine echte Zusammenarbeit mit dem katarischen Nationalteam der Frauen.

Aya Jurdi, eine libanesische Nationalspielerin, arbeitet als Trainerin in der PSG-Akademie. Man habe angeboten, der katarischen Frauenmannschaft zu helfen, sei aber von den Katarern abgewiesen worden, erzählt Jurdi der DW: "Von ihrer Seite aus ist nichts passiert. Es gibt in Katar eine große Anzahl von Mädchen, die Fußball spielen wollen, und von Vereinen, aber kein richtiges Management. Sie sind noch nicht daran interessiert, in den Frauenfußball zu investieren. Wenn sie Monika [Staab, Anm. d. Red.] die Freiheit gegeben hätten, die sie jetzt in Saudi-Arabien hat, wären sie in einer besseren Position."

Staab: "Marokko ist das beste Beispiel"

Jurdi glaubt, Katar halte sich aus kulturellen Gründen in Sachen Frauenfußball zurück. "Sie haben eine Liga für Mädchen und Frauen, aber sie wird hinter verschlossenen Türen gespielt", sagt die Libanesin. "Bei PSG gibt es männliche Trainer, die Akademie ist offen für alle."

Trotz wiederholter Anfrage der DW mit der Bitte um Stellungnahme antwortete das Frauen-Sportkomitee Katars nicht. In einer Erklärung auf der Website des Nationalen Olympischen Komitees heißt es lediglich: "Das QWSC hat die Teilnahme und die Leistungen der katarischen Frauen in einer Reihe von Sportarten im Laufe der Jahre erheblich gefördert."

Vielleicht öffnet ja der Blick nach Marokko die Augen der Verantwortlichen in Katar. Das Männer-Team Marokkos hat bei der WM für Furore gesorgt und die arabische Welt stolz gemacht. Und das marokkanische Frauenteam wird 2023 in Australien und Neuseeland erstmals bei einer WM starten.

"Das ist großartig. Ich habe die Fortschritte gesehen. Marokko ist das beste Beispiel für die arabische Welt", sagt Saudi-Arabiens Nationaltrainerin Staab. Sie hoffe, dass bald in der Region auch eine Frauen-Weltmeisterschaft ausgetragen werde: "Ich denke nicht, dass es noch 20 Jahre dauert. Es wird eher passieren."

Auch Sunday Oliseh, Mitglied der technischen Gruppe der FIFA bei der WM in Katar, verweist auf den möglichen Marokko-Effekt. "Die marokkanische Frauenmannschaft hat vor nicht allzu langer Zeit mein Heimatland Nigeria geschlagen", sagt der Ex-Bundesliga-Profi, der mit einer Marokkanerin verheiratet ist. "Der Erfolg der marokkanischen Männer hier wird auch helfen. Denn nichts ist wirksamer als Erfolg."

Die katarische Nationalspielerin Hajar Saleh blickt ebenfalls hoffnungsvoll in die Zukunft, da eines der WM-Stadien für den Frauenfußball vorgesehen ist. "Sie haben uns für das kommende Jahr mehr Veranstaltungen versprochen. Es gibt Potenzial."

Dieser Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert.

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