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WM 2023: Spanien mit Euphorie und ungelösten Problemen

Kalika Mehta aus Wellington
11. August 2023

Bei der Fußball-WM steht Spanien nach dem Sieg gegen die Niederlande erstmals im WM-Halbfinale. Im Hintergrund schwelt jedoch weiter ein Streit zwischen einigen Top-Spielerinnen, dem Trainer und dem Verband RFEF.

Spaniens Spielerin Salma Paralluelo bejubelt ihren Treffer zum 2:1 im WM-Halbfinale gegen die Niederlande. Im Hintergrund springen zwei spanische Ersatzspielerinnen über die Bande.
Mit ihrem Treffer in der Nachspielzeit schoss Salma Paralluelo Spanien ins WM-HalbfinaleBild: Alessandra Tarantino/AP Photo/picture alliance

Dieser Freitag (11. August) ist ein historischer Tag für den spanischen Frauenfußball: Die Nationalmannschaft "La Furia Roja" erreichte in Wellington in Neuseeland durch einen 2:1-Sieg nach Verlängerung gegen die Niederlande zum ersten Mal das Halbfinale einer Fußball-Weltmeisterschaft. Als die erst 19 Jahre alte Salma Paralluelo in der 111. Minute den Siegtreffer erzielte, kannte der Jubel unter den Spielerinnen auf dem Platz, auf der Ersatzbank und unter den spanischen Fans im Stadion keine Grenzen.

Doch Spaniens Erfolg auf dem Spielfeld kann nicht über die tief verwurzelten Probleme hinwegtäuschen, die die Mannschaft und den Fußballverband belasten. Im vergangenen Jahr hatten 15 Nationalspielerinnen öffentlich erklärt, nicht mehr unter Trainer Jorge Vilda spielen zu wollen, weil sie mit seiner Arbeitsweise nicht einverstanden waren. Der Verband hatte Vilda jedoch auf seinem Posten belassen.

Drei Rebellinnen kehrten ins Nationalteam zurück

Ona Battle - eine von drei Spielerinnen, die sich zunächst gegen Vilda aufgelehnt hatten, dann aber ins Nationalteam zurückgekehrt waren - blockte eine Frage danach ab. "Ich bin hier, und wir gewinnen", sagte Battle nach dem Einzug ins Halbfinale. "Das ist alles, was jetzt zählt." Das waren sicher nicht die Worte, die ihre ehemaligen Mannschaftskameradinnen, die die Weltmeisterschaft boykottierten, gerne gehört hätten.

Nationaltrainer Jorge Vilda (l.) ist wegen seines Umgangs mit den Nationalspielerinnen umstrittenBild: Daniel Gonzalez Acuna/ZuMA/picture alliance

Im September 2022 hatten 15 Nationalspielerinnen erklärt, aus Protest gegen den Nationaltrainer vorerst nicht mehr für Spanien zu spielen. Sie warfen dem Trainer vor, mit seinem Kontrollwahn und seinem Druck auf die Spielerinnen für ein emotional belastendes Umfeld zu sorgen. Vilda soll die Spielerinnen gezwungen haben, die Türen zu ihren Hotelzimmern nachts offen zu lassen, damit er sich vergewissern konnte, dass sie in ihren Zimmern waren. Angeblich kontrollierte er auch den Inhalt ihrer Taschen, wenn sie das Teamhotel verließen und wenn sie zurückkehrten.

Die 15 Spielerinnen forderten den spanischen Fußballverband RFEF auf, sich von Vilda zu trennen. Der Verband weigerte sich und erklärte, bei der WM notfalls auf die Rebellinnen zu verzichten und stattdessen auf junge Talente zurückzugreifen.

Am Vorabend des Turniers hatten drei Spielerinnen - neben Battle von Manchester United noch Aitana Bonmati und Mariona Caldenty von Champions-League-Gewinner FC Barcelona - ihren Rücktritt vom Rücktritt erklärt. Als Battle nach dem Viertelfinalsieg gegen die Niederlande gefragt wurde, wie sich nun wohl die zwölf Spielerinnen fühlten, die nicht dabei seien, reagierte die Verteidigerin brüsk. "Es ist albern, jetzt darüber nachzudenken", sagte Battle. "Wir sind hier, um eine Weltmeisterschaft zu gewinnen, und wir wissen, was es dazu braucht. Die Spielerinnen hier wollen Geschichte schreiben und den Pokal holen. Das ist unser Fokus."

Leon: "Nichts hat sich geändert"

Mapi Leon, zweifellos eine der besten Verteidigerinnen der Welt, würde sicherlich auch gerne ein Stück Geschichte schreiben. Doch sie blieb bei ihrem Boykott des Nationalteams. "Es macht mich traurig, denn ich verdiene es, zur Weltmeisterschaft zu fahren, und ich habe dazu beigetragen, dass das Team dorthin kommt", schrieb die 28-jährige Verteidigerin des FC Barcelona vor dem Turnier in den sozialen Medien. "Aber es ist keine Entscheidung, die man auf die leichte Schulter nimmt, und sie ist nicht einfach. Meine Entscheidung ist klar. Mapi Leon hat eine Art zu leben und Werte, an die sie sich halten muss. Ich kann nicht zurückgehen. Es muss sich etwas ändern. Aber ich sehe keine Veränderungen."

Mapi Leon vom FC Barcelona ist eine von zwölf Spielerinnen, die bei ihrem Boykott des Nationalteams bliebenBild: Natalie Mincher/Sport Press Photo/ZUMA/picture alliance

Spanien war nicht das einzige WM-Team, das von Kontroversen belastet wurde. Die Spielerinnen Kanadas, Südafrikas und Nigerias kämpften im Vorfeld des Turniers in Australien und Neuseeland mit ihren Verbänden um Equal Pay und bessere Bedingungen. In Frankreich verkündeten die französische Spielführerin Wendie Renard und ihre Teamkolleginnen Marie-Antoinette Katoto und Kadidatou Diani wegen eines über Jahre andauernden Konflikts mit Nationaltrainerin Corinne Diacre ihren Austritt aus dem Nationalteam an. Der Französische Fußballverband (FFF) entließ daraufhin die umstrittene Trainerin. Renard, Katoto und Diani kehrten daraufhin in die Nationalmannschaft zurück. Während in den genannten Ländern die Teams, Fans und auch Medien weitgehend geschlossen auftraten und die Rebellinnen unterstützten, bot sich in Spanien ein anderes Bild.

Medien und Spielerinnen verstummten

"Es ist unsere Aufgabe, diese Mannschaft und diejenigen zu unterstützen, denen das Land am Herzen liegen", sagte Spanien-Fan Camila Perez der DW in Wellington. "Diejenigen, die nicht hier sind, haben versucht, eine Spaltung herbeizuführen. Sie haben der Nationalmannschaft geschadet, und man sieht, wie viel besser wir ohne sie sind." Auf die Nachfrage, ob Spanien ohne einen Großteil der Spielerinnen von Champions-League-Sieger FC Barcelona wirklich besser sein kann, antwortete Perez: "Manche Leute beschweren sich und glauben, sie wüssten alles besser. Aber sie haben nicht immer Recht. Vielleicht hat Vilda Fehler gemacht, aber er kann nicht das Problem sein. Schließlich gewinnen wir."

Grenzenloser Jubel - Spanien steht im HalbfinaleBild: Alessandra Tarantino/AP Photo/picture alliance/dpa

Diese Ansicht wird von großen Teilen der spanischen Medien geteilt. Eine Journalistin, die nicht namentlich genannt werden möchte, behauptet, dass die Redakteurinnen und Redakteure es inzwischen leid seien, Artikel über die Forderungen von Spielerinnen zu veröffentlichen: "Es gab eine Menge Gegenwind in den sozialen Medien. Die Redakteure wurden es leid und die Spielerinnen immer schweigsamer. Am Ende war es einfacher, gar nicht mehr danach zu fragen und sich nur noch auf den Sport zu konzentrieren."

Dieser Text wurde aus dem Englischen adaptiert.

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