Im Sommer kann man sie auch bei vielen Deutschen sehen: Nackte Haut. Doch wer sich auch im Rest des Jahres gerne ganz auszieht, ist in Deutschland richtig. Man muss nur wissen, wo.
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Nacktheit muss nicht zwangsläufig etwas mit Sex zu tun haben. Häufig kann sie sogar das Unerotischste der Welt sein. Jemand, der schon einmal eine gemischte Sauna besucht hat, kann das bestätigen.
Die Menschen in Deutschland mögen den Ruf haben, etwas zugeknöpfter zu sein als die in den scheinbar lebenslustigeren Nachbarländern wie Frankreich oder Italien. Nicht verwunderlich angesichts der Jahresdurchschnittstemperatur von rund zehn Grad Celsius. Aber Deutschland ist auch dafür bekannt, dass es durchaus Orte und Situationen gibt, wo man unabhängig von Figur, Alter und Fitnessniveau blank ziehen darf, ohne sich schämen zu müssen und ohne verhaftet zu werden.
Gemischte Saunen
Entspannte Besuche in Wellness-Oasen sind ein beliebtes Hobby der Deutschen - was gut nachvollziehbar ist, denn hierzulande ist die Sonne eher eine Seltenheit und so mancher Sommer enttäuscht hinsichtlich der Temperaturen. Neben großen Hallenbädern gehören die Saunen und Dampfbäder in Thermen zu den Wellness-Highlights. Beide sind häufig für beide Geschlechter gleichzeitig zugänglich.
Dem Deutschen Sauna-Bund zufolge besuchen rund 30 Million Menschen - 17 Millionen Männer und 13 Millionen Frauen - regelmäßig die Sauna. Mit rund 2300 öffentlichen Saunen ist das Land für den Ansturm so vieler Schwitzwilliger gut gerüstet. Saunen sind zumeist textilfreie Zonen, obwohl viele gemischt sind. In Schwimmbädern ist allerdings Badebekleidung Pflicht.
Der Blick in die Saunen verrät: Deutsche beiderlei Geschlechts scheinen kein Problem damit zu haben, sich von ihrer Körperbedeckung frei zu machen, ganz gleich, wer daneben steht und wie groß der eigene "Rettungsring " aus Bauchfett ist.
Ein kleiner Tipp: Wem ein gemischter Saunengang nicht behagt, sollte einfach die Brille auflassen. Sie beschlägt praktischerweise im Nu. Ach ja, und man sollte sich nie überreden lassen, mit Arbeitskollegen oder Schwiegereltern in die Sauna zu gehen.
Der eigene Garten oder Balkon
Im eigenen Haus oder in der eigenen Wohnung darf selbstverständlich jeder mit so viel oder so wenig Klamotten am Leib wie er mag herumlaufen. Aber wie sieht es im eigenen Garten aus? In der Theorie, darf man sich in Deutschland im Garten oder auf dem Balkon nackt sonnen - am besten aber nur dann, wenn die Nachbarn nicht zuhause sind. Zwar darf ein Vermieter keinem Mieter kündigen, weil der keine Lust auf Bräunungsstreifen hat, dennoch können die Nachbarn sehr wohl eine offizielle Beschwerde einreichen.
Seit 2006 ist per Gesetz erlaubt, dass eine Sichtblende im Garten oder auf dem Balkon aufgebaut werden darf, um ungestört und ungesehen seine Nacktheit ausleben zu können. Dieser Sichtschutz muss aber im Einklang mit dem Stil des Hauses stehen. Da ist es wahrscheinlich stressfreier, einfach eine kurze Hose überzustreifen.
Textilfreie Sportclubs
Weltberühmt ist Deutschland für seine Bewegung der Freikörperkultur (FKK). Zwar hat Kleidung eindeutig positive Eigenschaften: Sie spendet und speichert Wärme, bietet Schutz vor Regen, Schnee und gefährlicher Sonnenstrahlung. Dennoch pflegen Nudisten seit über einem Jahrhundert ihre spezielle Kultur der Nacktheit.
Auch zwischen Sport und Nacktheit besteht seit Jahrtausenden eine enge Verbindung. Das dokumentieren die perfekt geformten Sportlerkörper antiker Skulpturen. Die FKK-Bewegung begann jedoch in Deutschland erst Ende des 19. Jahrhunderts.
Nachdem sie in den 1930er und 1940er Jahren von den Nationalsozialisten unterdrückt wurde, blühte sie nach dem Zweiten Weltkrieg sowohl in Westdeutschland als auch in der DDR wieder auf. FKKler streben nicht nur danach, im Einklang mit der Natur zu leben, sondern stellen körperliche Fitness und Bewegungsfreiheit in den Vordergrund. 1963 schloss sich der Deutsche Verband für Freikörperkultur sogar dem Deutschen Olympischen Sportbund an und besiegelte damit die Verbindung zwischen Sport und FKK.
Obwohl der FKK-Verband inzwischen an Nachwuchsmangel leidet, gehören ihm noch etwa 40.000 Mitglieder in allen Altersgruppen an. Sie treffen sich überall in Deutschland zu gemeinsamen Sportveranstaltungen wie Wandern, Boule, Volleyball oder Schwimmen - textilfrei, versteht sich.
Nacktstrände
Als die FKK-Bewegung vor über einem Jahrhundert begann, lag Naturheilkunde ebenfalls im Trend. Strandbesuche an der Ostsee galten als Allheilmittel für häufige Erkrankungen wie Rheuma oder Bronchitis. Küstenpilgerer versprachen sich weitere gesundheitliche Vorteile davon, sich von den Einschränkungen durch Kleider zu befreien. Sie wollten die Sonnenstrahle am ganzen Körper spüren.
Deutschlands erster offizieller FKK-Strand wurde 1920 auf Sylt eröffnet. Die nordfriesische Insel ist bis heute für ihre textilfreien Strände bekannt. Die findet man aber auch auf Nordsee-Inseln wie Borkum, Norderney und Amrum sowie auf Usedom und Rügen an der Ostsee.
FKK-Strandbereiche sind immer mit entsprechenden Schildern eindeutig markiert. Ehe jemand die Hose runterlässt und es sich gemütlich macht, sollte er sich sicher sein, tatsächlich am richtigen Ort zu sein. Obwohl man Deutsche mit öffentlicher Nacktheit nur schwer erschrecken kann, ist das Nacktbaden und -sonnen nur in gekennzeichneten Bereichen erlaubt.
Haut sehen im Fernsehen
Erotische Szenen sind wegen des Jugendschutzes zu den Hauptsendezeiten im deutschen Fernsehprogramm verboten. Einfache Nacktszenen kommen jedoch häufig vor.
Eine weibliche Brust bei einer Reality-Show wie "Dschungelcamp" oder einer populären Krimisendung wie "Tatort" wird von der Mehrheit der Zuschauer längst nicht mehr als anstößig empfunden. So etwas gilt inzwischen als Bestandteil der Handlung.
Pornografie ist übrigens im deutschen Fernsehprogramm durchgehend verboten, erotische Sendungen dürfen hingegen zwischen 23 Uhr und 6 Uhr ausgestrahlt werden.
Ein Saunabesuch in Deutschland bietet Möglichkeiten für einen Fauxpas. Welche Fehltritte Sie sonst noch vermeiden sollten, lesen Sie hier:
Zehn Dinge, die man in Deutschland auf keinen Fall tun sollte
Jedes Land hat seine eigene Etikette und ungeschriebene Regeln, die fast jeder kennt und einhält. Wer in Deutschland nicht negativ auffallen will, sollte diese zehn Fehltritte lieber vermeiden.
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Kein Anstoßen ohne Blickkontakt
Die Deutschen lieben ihr Bier und ihren Wein, aber anzustoßen ist nicht unkompliziert. Beim Prost sagen sollte man nicht nur mit jedem aus der Gruppe einzeln anstoßen, sondern der Person dabei auch unbedingt in die Augen sehen. Ansonsten drohen sieben Jahre schlechter Sex. Oder zumindest sieben Jahre Unglück, so der Glaube vieler Deutscher.
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Nicht das rote Ampelmännchen ignorieren
Es ist ein verbreitetes Klischee: Deutsche lieben Gesetze und Regeln. Das gilt auch bei Ampeln: Bei Rot über die Straße zu gehen, ist verboten und wird auch selten toleriert. Vor allem nicht, wenn Kinder dabei sind, die das Fehlverhalten nachahmen könnten. Wer rote Ampeln ignoriert, kriegt meist ein verärgertes "Halt!" der Wartenden zu hören. Ein Polizist schreibt dafür sogar einen Strafzettel.
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Die Zigarette nicht an der Kerze anzünden
Wer seine Zigarette anzünden will, könnte zur Kerze auf dem Tisch greifen Doch diese Geste wird nicht gern gesehen, könnte sie doch einen Seemann umbringen. Zumindest früher überbrückte mancher Seemann den Winter finanziell, indem er Streichhölzer verkaufte. Heutzutage ist das eigentliche No-Go in Deutschland allerdings das Rauchen im Raum statt draußen und kann für richtig Ärger sorgen.
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Am Sonntag nicht laut werden
Sonntag könnte der perfekte Tag sein, um ein paar Dinge von der To-Do-Liste abzuarbeiten: Den Rasen mähen, Staubsaugen oder Wäsche waschen. Doch weit gefehlt - in Deutschland ist am Sonntag Ruhetag. Die meisten Geschäfte bleiben geschlossen, und die Nachbarn werden sich mit großer Wahrscheinlichkeit über Lärm oder Ruhestörung beschweren.
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Müll bitte nicht unsortiert wegschmeißen
Korrekte Mülltrennung ist in Deutschland ganz wichtig. Wer es wagt, Plastik in die Papiertonne zu schmeißen, muss mit dem Zorn der Nachbarn rechnen und erhält vielleicht sogar ein Schreiben des Vermieters. Also Obacht: Für Plastik- und Papiermüll gibt es ebenso eigene Mülltonnen wie für den Kompost - jede mit eigener Farbe. Nur der so genannte Restmüll kommt in die graue Tonne.
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Saunabesuch geplant? Nicht mit Badesachen
FKK, die Freikörperkultur, ist in Deutschland sehr beliebt. Viele Deutsche lieben es, sich an FKK-Stränden auszuziehen und wie Adam und Eva herumzulaufen. Auch der Saunabesuch hat hierzulande zahlreiche Fans. In beiden Fällen gilt: Badesachen anlassen geht nicht. In FKK-Zonen und in der Sauna lässt man die Hüllen fallen oder gilt als prüde.
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Nicht die falsche Rosenfarbe wählen
Die Blumen-Etikette in Deutschland ist kompliziert und kann zu peinlichen Missverständnissen führen. Denn rote Blumen, insbesondere rote Rosen, sind für romantische Situationen bestimmt. Weiße Blumen dagegen gelten als Grabschmuck und werden bei Beerdigungen verwendet. Wer den Blumen-Fauxpas vermeiden will, fragt am besten den Blumenhändler um Rat.
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Zu früh gratulieren bringt Unglück
In Deutschland wird der Geburtstag genau am Tag der Geburt gefeiert und keine Minute früher. Angestoßen wird frühestens Punkt Mitternacht (bekannt als "in den Geburtstag reinfeiern"). Wer dem Geburtstagskind schon vorher gratuliert, riskiert Ärger. Die meisten Deutschen glauben, ein Glückwunsch vor dem eigentlichen Geburtstag bringe Unglück.
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Besser nicht nach Leitungswasser fragen
In Deutschland gibt es hervorragendes Leitungswasser. Doch in einem Restaurant nach diesem Gratis-Getränk zu fragen, wird nicht gern gesehen. Auch bei privaten Einladungen werden viele Gastgeber auf die Frage nach Leitungswasser sagen, dass sie doch Mineralwasser im Haus hätten. Mineralwasser gilt vielen in Deutschland als das einzig wahre Getränk.
Bild: Fotolia/Artusius
Achtung, wirklich nicht zu spät kommen
Deutsche sind bekannt für ihre Pünktlichkeit. Wer zu spät kommt, gilt als unhöflich und unzuverlässig. Schon fünf Minuten Verspätung können Ärger hervorrufen. Wer zu spät dran ist - beruflich oder privat - , sollte anrufen und sich entschuldigen. Auch für Partys gilt: Wer für sechs Uhr einlädt, erwartet seine Gäste um Punkt sechs Uhr bei sich Zuhause.
Bild: ArTo - Fotolia
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Nacktsein ist eine deutsche Leidenschaft. Doch es gibt noch mehr:
10 Dinge, die Deutsche besonders lieben
Bier, Gartenzwerge und FKK - Wer denkt dabei nicht an Deutschland? Doch das Land hat mehr zu bieten: Hier sind zehn Dinge, in die Deutsche besonders vernarrt sind.
Bild: picture-alliance/dpa/S.Kahnert
Bier trinken
Am Anfang die bekannteste Leidenschaft: Deutsche lieben Bier. Nur die Tschechen trinken durchschnittlich mehr als Deutsche. Dafür haben die Deutschen das Münchner Oktoberfest. Natürlich trinken nicht alle Deutschen Bier, aber es ist fester Bestandteil des deutschen Alltags. Jugendliche dürfen ab 16 Jahren legal Bier trinken, auch in der Öffentlichkeit.
Bild: picture-alliance/dpa
Papierkram ablegen
Aktenordner sind eine deutsche Erfindung. Das erklärt vielleicht, warum Deutschen eine ordentliche Aktenablage so wichtig ist, auch privat. Sinnvoll ist es allemal, viele Dokumente braucht man hierzulande öfter, als man denkt. Papierlose Büros und Arbeitszimmer gibt es trotz zunehmend digitalisierter Aktenführung kaum. Es sammeln sich weiterhin Berge von Papier, die abgeheftet werden wollen.
Bild: Colourbox/M. Chab
Schnäppchen machen
In Deutschland kauft jeder beim Discounter ein - egal, ob arm oder reich. Für Menschen, die ständig auf der Suche nach Angeboten sind, gibt es das schöne deutsche Wort Schnäppchenjäger. Ein Bedürfnis, das scheinbar tief in vielen Deutschen schlummert, so dass auch der Werbeslogan "Geiz ist geil" seinen festen Platz im deutschen Sprachgebrauch gefunden hat.
Bild: picture-alliance/dpa/M. Murat
Verreisen
Wenn man in abgelegenen Gegenden der Welt auf andere Touristen trifft, sind das oft Deutsche mittleren Alters in Hightech-Wanderkleidung. Deutsche lieben das Reisen und sind überall zu finden. Viele fahren gerne immer wieder an den gleichen Urlaubsort. Die spanische Insel Mallorca, kurz "Malle", ist eines dieser deutschen Reiseziele.
Bild: picture alliance/dpa/PhotoAlto
Schrebergärten
Wer doch nicht verreist, hat vielleicht das Glück, einen der 1,4 Millionen Schrebergärten in Deutschland sein Eigen zu nennen. Im Kleingarten kann man sich mitten in der Stadt erholen, seine Beete liebevoll pflegen, Gartenzwerge aufstellen und Grillparties organisieren. Schrebergärten sind auch bei jungen Deutschen beliebt. Jede Gartenkolonie hat dabei ihre eigenen, mitunter strengen Regeln.
Bild: picture-alliance/dpa/H. Schmidt
Nacktbaden
Die deutsche Nudistenbewegung entwickelte sich Ende des 19. Jahrhunderts - als erste weltweit. FKK (Freikörperkultur) war später vor allem in der DDR beliebt. Auch heute trifft man in Ostdeutschland häufig auf Menschen jeden Alters, die in Parks oder am Strand nackt Sonne und Natur genießen.
Bild: picture-alliance/ dpa
Verkehrsregeln beachten
Menschen, die meinen, sie könnten in Deutschland auch bei Rot über die Straße gehen oder radeln, wenn kein Auto in Sicht ist, seien vorgewarnt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass einem laut "Es ist Rot!" hinterher gerufen wird. Fehltritte im Straßenverkehr werden hierzulande von anderen Verkehrsteilnehmern gerne sofort und lautstark angeprangert.
Bild: Fotolia
Stammtisch besuchen
Der Stammtisch ist ein für regelmäßige Gäste reservierter Kneipentisch. Hier treffen sich Vereinsmitglieder zum Diskutieren, andere spielen Karten - gerne Skat. Waren es früher vor allem Männergruppen, die zusammen kamen, gibt es Stammtische in deutschen Lokalen inzwischen für Treffen fast jeder Art, und alle gehen hin: Von der Strickgruppe über den Literaturclub bis zur Bürgerinitiative.
Bild: picture-alliance/dpa/A. Weigel
"Tatort" gucken
Jeden Sonntagabend sitzen fast zehn Millionen Menschen in Deutschland vor dem Fernseher und gucken "Tatort". Die Kult-Krimireihe gibt es seit 1970, sie spielt abwechselnd in unterschiedlichen Städten mit verschiedenen Kommissaren. Heutzutage ist es zunehmend beliebter geworden, "Tatort" in der Gruppe zu gucken - zu Hause oder in der Kneipe - siehe auch "Stammtisch besuchen".
Bild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe
Kuchen essen
Die Briten haben ihre "Teatime", die Deutschen lieben ihre Kuchenzeit am Nachmittag - und nicht nur am Wochenende. Kuchen essen geht bei vielen Deutschen fast jeden Tag. Auch wer Geburtstag hat, bringt den Kollegen Gebackenes mit zur Arbeit. Kleine Geburtstagskinder verspeisen zum Frühstück ihr erstes Kuchenstück und bringen Geburtstagskuchen mit in die Schule. Noch ein Stückchen gefällig?
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