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Wohin Afrikas Corona-Gelder fließen

Katrin Gänsler
5. Mai 2020

Wie viel Geld in den vergangenen Wochen im Kampf gegen Corona zugesagt wurde, weiß niemand genau. Die Befürchtung, dass es verschwindet oder zweckentfremdet wird, ist groß. Das wollen junge Aktivisten nicht hinnehmen.

Senegal Dakar | Coronavirus | Jack Ma Hilfsgüter
Bild: Getty Images/AFP/S Souici

Gerade hat Deutschland im Rahmen der Corona-Pandemie weitere 5,5 Millionen Euro für den nigerianischen humanitären Fonds (NHF) zugesagt. Eine Woche zuvor gaben die Vereinten Nationen in Nigeria bekannt, 1,2 Millionen Euro von der Europäischen Union für den dortigen Kampf gegen COVID-19 erhalten zu haben. Die Clara-Lionel-Stiftung der Sängerin Rihanna kündigte im März an, 5 Millionen US-Dollar (4,6 Millionen Euro) unter anderem für Malawi bereitzustellen. Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IMF) informierten Mitte April über einen Schuldenerlass für 19 besonders schwache Staaten auf dem Kontinent.

Bei so vielen Ankündigungen und Versprechen hat niemand mehr einen Überblick. Junge Aktivisten wollen das ändern. Unter dem Hashtag #FollowCovid19Money wollen sie in zahlreichen Ländern von Gambia bis nach Simbabwe für Transparenz in der Verwaltung der Corona-Gelder sorgen. Zusätzlich soll in Radio-Programmen und später im Rahmen von öffentlichen Veranstaltungen darüber diskutiert werden.

"Natürlich wissen wir, dass in Nigeria und anderen afrikanischen Ländern über Jahre Milliarden US-Dollar aufgrund von Korruption und Misswirtschaft verschwunden sind", sagt Hamzat Lawal. Schon vor acht Jahren hat er in Nigeria Connected Development (CODE) gegründet, eine Nichtregierungsorganisation für die politische Teilhabe abgehängter Gemeinschaften. Im Rahmen von CODE entstand auch die Initiative Follow the Money, die untersucht, wie Gelder etwa für einen Schulbau eingesetzt wurden oder ob das versprochene Krankenhaus wirklich gebaut wurde. Daraus ging nun #FollowCovid19Money hervor. "Die Regierung muss detailliert offenlegen, wie diese Gelder zum Wohle der Allgemeinheit genutzt wurden", sagt Hamzat Lawal. Gut zwei Wochen nach Gründung würde diese vor allem durch Schweigen auffallen: "Bisher haben wir beobachtet, dass die Regierung weder über das Geld noch über dessen Verwendung informiert." Lediglich die Zahlen der positiv getesteten Corona-Fälle werden in Nigeria einigermaßen regelmäßig bekannt geben. Am Montagmittag waren das insgesamt 2558.

Hamzat Lawal, Gründer von CODE in NigeriaBild: K. Gänsler

 Minister und Parlamentarier genau beobachten

Dass Gelder verschwinden, will auch Sharon Kalima in Malawi nicht hinnehmen. Sie arbeitet als Programmmanagerin für das afrikanische Kunst- und Gesundheitszentrum (Art and Global Health Center Africa) und leitet in Malawi die Initiative Follow the Money. Ihr Heimatland sei zwar eins der ärmsten Länder der Welt. "Wir sind nicht arm, weil wir die Mittel nicht haben", so Sharon Kalima, "unsere Regierung ist korrupt. Selbst wenn wir Gelder bekommen, etwa während einer Krise von der Weltbank, werden diese von Mitarbeitern der Regierung zweckentfremdet."

Nigeria: Kampf gegen Korruption

03:23

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Bestes Beispiel sei gerade eine Pressekonferenz gewesen, die in den Sozialen Medien für viel Diskussion gesorgt hat. Minister, die annahmen, dass die Mikrofone noch ausgestellt sind, diskutierten über Risiko-Zuschläge: "Als Parlamentsabgeordnete und Minister in Interviews gefragt wurden, ob sie aus den COVID-19-Geldern Zuschüsse bekommen, haben sie das in Interviews abgestritten. In einem Video versuchen sie aber täglich pro Person rund 450.000 Kwacha (rund 550 Euro, Anm.d.Red.) zu erhalten", sagt Sharon Kalima. Die Regierung hat das mittlerweile dementiert, der Ärger bleibt jedoch. "Mitarbeiter im Gesundheitssystem bekommen monatlich nur 60.000 Kwacha."

 Mit der Bevölkerung über den Einsatz von Geldern diskutieren

Transparenz hält Gisela Schneider, Direktorin des Deutschen Instituts für ärztliche Mission (Difäm) mit Sitz in Tübingen, für enorm wichtig. Auch müssten Programme öffentlich diskutiert werden. Geschieht das nicht, kann das schnell zu Ärger in der Bevölkerung führen, wie die Ärztin gerade bei einem Besuch in der Kivu-Region im Osten der Demokratischen Republik Kongo erlebt hat. Dort lag eines der Zentren der jüngsten Ebola-Epidemie, die seit 2018 mindestens 2000 Tote forderte. "Die Menschen hatten das Gefühl, das Investierte kommt nicht bei ihnen an. Man konnte wirklich spüren, dass sie dachten: 'Es hat euch einen Dreck interessiert, wie es uns geht, wie wir vergewaltigt werden. Jetzt kommt ihr plötzlich mit den großen Autos, mit ganz viel Geld, weil Ebola da ist.'"

Kinder in Sierra Leone: Lösungen können von Land zu Land unterschiedlich aussehenBild: K. Gänsler

Schneider, die während der letzten Ebola-Ausbrüche viel mit Partnerorganisationen in West- und Zentralafrika gearbeitet hat, fordert deshalb Nachhaltigkeit. "Ja, man braucht jetzt schnell Gelder, um Handschuhe, Schutzkleidung und Masken zu kaufen. Aber wenn es dabei bleibt, wird das nichts oder wenig bewirken." Stattdessen müsse in die Wasserversorgung von Krankenhäusern investiert werden, medizinischer Abfall müsse fachgerecht entsorgt und Zugang zu Sauerstoff geschaffen werden. Vor allem dürften Programme nicht von außen bestimmt werden. Schließlich könnten die Lösungen von Land zu Land und von Krankenhaus zu Krankenhaus unterschiedlich aussehen. "Man muss vor Ort entscheiden, was gebraucht wird."

Fehlende Schutzmaßnahmen sorgen für Spekulationen

Im Südsudan wünscht sich Emmanuel Lobijo, dass endlich in Isolationsstationen investiert wird. Lobijo ist Gründer von Junub Open Space, einer Organisation, die ein Bewusstsein für nachhaltige Entwicklung schaffen und zugleich ein Netzwerk für die junge Bevölkerung sein will. Lange hatte der Südsudan keinen einzigen Corona-Fall, mittlerweile sind es 46. Entsprechend steigen auch die angekündigten Gelder für den Anti-Virus-Kampf. Vernünftig isoliert werden könnten positiv getestete Personen aber nicht, kritisiert Lobijo. "Wir haben einen Fall von 28 Menschen, die zu Hause in Quarantäne sind. Das sorgt bei den Nachbarn für Angst. Sie fragen sich: Warum müssen die Menschen gerade hier behandelt werden, wenn sie doch COVID-19 haben."

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