In deutschen Großstädten fehlt es an bezahlbarem Wohnraum. Das Problem haben auch Supermärkte erkannt. Sie bauen Wohnungen auf ihre Dächer oder sogar Kitas über den Verkaufsraum - nicht ganz uneigennützig.
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Bodentiefe Fenster, breite Gänge, begrüntes Dach mit Photovoltaikanlage - und das auf engstem Raum. In einem Stadtteil im hessischen Frankfurt will der Discounter Lidl sein Image aufbessern und zugleich dem Platzmangel in der Stadt begegnen. Die Enge in der Stadt lässt die Supermarktkette kreativ werden: Parkplätze werden unter der Filiale angelegt, eine Rolltreppe führt zu den Verkaufsflächen.
"Einzelhandel, wie wir ihn uns in dicht besiedelten Gebieten vorstellen", erklärte Alexander Thurn, zuständig für die Immobilien des Discounters Lidl. Bräuchten übliche Filialen mit vorgelagerten Parkplätzen eine Fläche von mindestens 6000 Quadratmetern, komme dieser spezielle Bautyp mit der Hälfte aus.
Fast zwei Millionen Wohnungen fehlen
Jeder Quadratmeter ist mittlerweile wertvoll. In den deutschen Großstädten fehlen nämlich rund 1,9 Millionen bezahlbare Wohnungen. Das zeigt eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Vor allem alleinstehende Menschen mit niedrigem Einkommen finden in den 77 Großstädten des Landes nur schwer eine Wohnung. Und fast die Hälfte der Einwohner großer Städte lebt in Singlehaushalten.
Wie die Deutschen wohnen
Haus oder Wohnung, Miete, Eigentum oder WG? Lieber mit oder ohne Wohnküche - und gibt es überhaupt eine Küche? Besonderheiten zum Thema Wohnen in Deutschland.
Bild: picture-alliance/Wolfram Steinberg
Mietskasernen
Lange Jahre waren Altbauten gerade in Berlin völlig überbelegt: oft lebten ganze Familien in einem oder zwei Zimmern. Andere Gebäude waren in sehr schlechtem Zustand, wie auf dem Foto oben am Prenzlauer Berg in den frühen 1980er Jahren. Heute sind schöne, modernisierte Altbau-Wohnungen sehr begehrt.
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'Wohnungstraum' Plattenbau
In der DDR zog die Regierung gegen die Wohnungsnot landesweit Plattenbausiedlungen hoch, Vermieter waren meistens Volkseigene Betriebe (VEB) und Wohnungsgenossenschaften. Plattenbau war beliebt: neu, niedrige Mieten, Strom, Warmwasser und die Sanitäranlagen funktionierten zuverlässig - ganz im Gegensatz zum Altbau.
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Balkone
Laut einer Erhebung des Statistik-Portals "Statista" aus dem Jahre 2015 wohnen 48 Prozent der Deutschen zur Miete, und 52 Prozent sind Eigentümer - viel mehr als noch zwei Jahre zuvor. Die meisten Mieter leben in Wohnungen - gerne mit Balkon, der im Sommer zur grünen Oase in der Stadt wird.
Alte Berliner Mietshäuser haben noch eine Besonderheit: ein oder mehrere Hinterhäuser, früher oft mit kleinen Gewerbebetrieben. Mieter haben über den Innenhof einen guten Blick auf das Kommen und Gehen ihrer Nachbarn, und man kommt schnell ins Gespräch.
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Klingelschilder
Auf Klingelschildern in Mehrfamilienhäusern stehen typischerweise eher selten die Stockwerke, sondern nur die Namen der Mieter. Wer keine Gegensprechanlage hat: nicht vergessen, Besuchern das Stockwerk zu verraten!
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Die WG
Gerade in Großstädten, und gerade bei Studenten und Künstlern, ist die WG eine beliebte - und bezahlbare - Form des Wohnens. Oft werden sogar Wohnzimmer in Wohngemeinschaften untervermietet, um auf eine erträgliche Miete zu kommen. Kompromisse hin, Putzplan her, - man ist nicht allein.
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Schönheitsreparaturen
Schönheitsreparaturen sind Verhandlungssache mit dem Vermieter, aber oft wird ausgemacht, dass der Mieter bei Ein- oder Auszug die Wände streicht. Vermieter können fordern, dass bunte Wände, Türen oder Heizkörper bei Auszug in "neutralen" Farben gestrichen werden.
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Thema Küche
Eine Mietwohnung hat nicht automatisch eine Einbauküche. Manchmal kann man Schränke, Herd und Arbeitsflächen vom Vormieter übernehmen. Aber insbesondere zum Schrecken ausländischer Mieter, bei denen Küchen im Mietobjekt selbstverständlich sind, ist die Küche in Deutschland bei Einzug oft gähnend leer.
Bild: DW/S. Braun
Mini-Bad
Gerade in Altbauten sind Badezimmer oft eng. Ursprünglich hatten Altbauwohnungen kein eigenes Bad oder WC. Wenn dann 'nachgerüstet' wurde, musste das Bad in die kleinste Ecke passen - oder ein komplettes Zimmer wurde zum Bad deklariert. Die Lösung im Foto oben ist besonders kreativ: in dieser Berliner Wohnung steht die Dusche in der Küche.
Bild: DW/S. Braun
3 ZKDB
Wer in Deutschland eine Wohnung sucht wird feststellen, dass gern Kürzel verwendet werden wie z.B. 3 ZKDB (3 Zimmer plus Küche, Diele, Bad) plus die Anzahl der Quadratmeter. Die höchsten Mieten werden in München gezahlt (16,55 Euro pro Quadratmeter), gefolgt von Frankfurt (13,37 Euro) und Stuttgart (12,95 Euro.)
Bild: picture-alliance/dpa
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Darum ist Lidl nicht allein. Viele Einzelhändler denken um und finden neue Wege, um sich in das enge Stadtbild anzupassen. Das Modell von eingeschossigen Flachbauten mit üppigen Parkplätzen dürfte in Deutschland seltener werden. Lebensmittelhändler errichten zunehmend Filialen mit angeschlossenen Wohnungen, Arztpraxen und Büros. Der Discounter Norma hat im Obergeschoss einer Filiale im bayerischen Nürnberg sogar eine Kindertagesstätte errichtet, Wasserspielplatz auf dem Dach inklusive.
Den Städten entgegen kommen
Laut der Studie fehlen die meisten bezahlbaren Wohnungen für Menschen mit niedrigem Einkommen in Berlin. Auch Städte mit überdurchschnittlich hohen Mieten werden zum Problem, wie die bayerische Hauptstadt München. Genau dort plant der Discounter Aldi ebenfalls neue Filialen in Kombination mit Wohnungen. "Mit solchen Plänen kommen Händler den Anforderungen von Städten entgegen, die dringend Wohnraum brauchen", sagt Marco Atzberger vom Handelsinstitut EHI. "Handelsketten dürften mit gemischt genutzten Immobilien auch leichter Baugenehmigungen in Städten erhalten."
Der Trend zum Wohn-Supermarkt kommt den Händlern aber auch sonst sehr gelegen. In Metropolen seien Planungen für rein eingeschossige Supermärkte wegen der hohen Grundstückpreise "wirtschaftlich nicht realisierbar", erklärte das Unternehmen Rewe. Und so finden nicht nur Lebensmittelhändler Gefallen an der Idee. Auch der Möbelriese Ikea kündigte an, zunehmend in die Innenstädte ziehen zu wollen. Büros und Wohnungen auf dem Dach könne man sich dann auch gut vorstellen.
pgr/sti (dpa, epd)
Kreativität ist gefragt: Wie Studenten wohnen
Noch nie gab es so viele Erstsemester in Deutschland. Doch neben einem Platz im Hörsaal brauchen sie auch eine Unterkunft - und die ist gar nicht so einfach zu finden. Wir zeigen in unserer Galerie, wo sie unterkommen.
Bild: picture-alliance/dpa/LandProp SE
Zimmer verzweifelt gesucht
Das neue Semester hat begonnen, und die Studentenwohnheime platzen aus allen Nähten. Studierende müssen sich also etwas einfallen lassen, um ein Dach über dem Kopf zu finden, denn nicht immer findet sich eine passende Bleibe am Schwarzen Brett. München und Frankfurt sind die teuersten Städte: Ein Zimmer in der bayerischen Hauptstadt kostet im Schnitt 493 Euro, in Frankfurt sind es 421 Euro.
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Wohnen bei Mama
Rund 27 Prozent aller Studierenden wohnen noch bei ihren Eltern. Das spart nicht nur Kosten, sondern ist auch komfortabel: Die Wäsche wird gewaschen, und der Kühlschrank ist immer gefüllt. Doch das hat seinen Preis: Zuhause bei Mama und Papa ist man immer noch das Kind und muss sich den Wünschen der Eltern unterordnen. Die Selbständigkeit bleibt bei Nesthockern oft auf der Strecke.
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Abschied von daheim
Nicht alle Studierenden können zuhause bei den Eltern wohnen. Zwar nehmen viele junge Leute Pendelstrecken in Kauf, doch oft ist die Universität einfach zu weit weg vom Heimatort. Da heißt es Abschied nehmen vom "Hotel Mama".
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Notquartier in der Turnhalle
Erstsemester verzweifeln oft, wenn sie einen Studienplatz in einer begehrten Uni-Stadt wie München, Köln oder Frankfurt bekommen. Denn dort eine bezahlbare Bleibe zu finden, scheint fast so schwer zu sein, wie einen Sechser im Lotto zu erzielen. Zu Vorlesungsbeginn stehen daher viele junge Leute noch auf der Straße. Manchmal hilft da nur noch das provisorische Matratzenlager auf dem Campus.
Bild: picture-alliance/dpa
Ein Platz im Heim? Glück gehabt
Gerade mal 12 Prozent aller Studierenden in Deutschland kommen in einem Studentenwohnheim unter. In neueren Wohnanlagen müssen die Zimmer 17 qm haben, in älteren Heimen wohnt man deutlich beengter. Einzelzimmer sind rar, meist wohnt man zu dritt oder viert zusammen. Die Durchschnittswarmmiete beträgt in Köln um die 230 Euro. So billig findet man auf dem freien Wohnungsmarkt keine Bleibe.
Bild: picture-alliance/dpa
Außen Blech, innen Tapete
Wohncontainer für Studierende gab es schon in den 1980er Jahren, als die Lage auf dem Wohnungsmarkt ähnlich angespannt war. Einst nur als Notquartier und Übergangslösung gedacht, haben die Blechkästen heute sogar Vorteile. Die Zimmer haben 15 bis 17 qm. Zur Zeit sind die Container in München ausrangiert, aber angesichts der Wohnraumknappheit finden sich bestimmt bald wieder neue Bewohner.
Bild: Manfred Kovatsch
Stilvolle Enge
Das nennt man innovatives Wohnen: Das "o2 Village" ist eine Münchner Studentensiedlung aus sieben Wohnwürfeln. Mit 6,8 Quadratmetern ist die Grundfläche kleiner als die behördlich vorgeschriebene Mindestgröße für ein Kinderzimmer. Trotzdem dienen die Container als Toilette, Dusche, Küche, Wohnzimmer und Schlafkoje in einem. Mit 150 Euro Warmmiete sind die Wohnwürfel vergleichsweise billig.
Bild: cc-by-nc-sa3.0/Church of emacs
Idyll in Göttingen
Studentenwohnheime müssen nicht immer Betonklötze oder uniforme Einheitsbauten sein. In Göttingen hat das Studentenwerk 1983 mit relativ geringem Kostenaufwand dieses alte Fachwerkhaus an der Lohmühle umgebaut. Im Bild freuen sich die ersten Bewohner auf den Einzug. Das schnuckelige Hexenhäuschen ist allerdings auch heute noch sehr beliebt bei den Studierenden.
Bild: picture alliance/dpa
Kochen im Turnus
Die Serbin Tijana ist in Bonn in einem alten Wohnheim im Kasernenstil gelandet. Gerade mal 10 qm nennt sie ihr eigen, auf dem Flur sind Toilette und Gemeinschaftsbad untergebracht. Und auch in der Gemeinschaftsküche muss man sich arrangieren. Für Neuankömmlinge aus dem Ausland gibt es bei den Studentenwerken spezielle Ansprechpartner für alle Sorgen und Nöte.
Bild: picture-alliance / Helga Lade Fotoagentur GmbH, Ger
Die Mehr-Generationen-WG
Die Studentin Sarah ist Untermieterin bei der Rentnerin Klara Fürst. Der Deal ist einfach: Sie bekommt ein Zimmer, dafür hilft sie in Haus und Garten, geht einkaufen oder spült das Geschirr ab. Seit 1992 bringen "Wohnen für Hilfe"-Büros bundesweit Studierende und Senioren zusammen. Und nicht selten entstehen aus den Wohngemeinschaften echte Freundschaften.
Bild: picture-alliance/dpa
Viel Platz als Hauswächter
Wenn alte Fabriken, Krankenhäuser oder Schulen leer stehen, befürchten die Besitzer, dass bald die ersten Scheiben eingeschlagen werden. Seit 2010 können sich Studierende daher als Hauswächter bewerben. Platzmangel gibt es nicht, dafür müssen sie Schäden melden und Fremde fernhalten. Und strenge Regeln gibt es auch: keine Zigaretten, keine Haustiere und keine Partys mit mehr als zehn Leuten.
Bild: DW/L.Heller
Zuhause im Kloster
In einem leerstehenden Ulmer Franziskanerkloster wohnen seit 2012 27 Studierende aus acht Nationen. Für Ausländer, die sich die Unterkunft nicht leisten können, stellt die Kirchengemeinde zehn mietfreie Zimmer zur Verfügung. Ein Wermutstropfen bleibt: Die Mietverträge sind begrenzt; die Kirche hat noch nicht endgültig entschieden, was künftig aus dem ehemaligen Kloster werden soll.
Bild: DW/V. Wüst
Wohnen im Ikea-Stil
Ein paar Schrauben und Imbusschlüssel - fertig ist die neue Wohnung? Diese Computergrafik zeigt die Wohnvision der Firma Inter Ikea, einer Schwestergesellschaft des schwedischen Möbelhauses Ikea. Nach diesem Londoner Vorbild sollen auch in Deutschland Studentenwohnheime entstehen. Doch noch ist das Ganze Zukunftsmusik.