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Woodstock Museum: Ein Mekka für Hippies

Sertan Sanderson
15. August 2019

Wo vor einem halben Jahrhundert im Dorf Bethel das Woodstock Festival stattfand, steht heute ein Museum, wo sich das Kult-Festival immer noch feiern lässt. Doch wird es dem Woodstock-Gefühl gerecht?

Woodstock Bethel USA
Bild: DW/S. Sanderson

Im Bethel Woods Center for the Arts im US-Bundesstaat New York geht es im Vergleich zu den chaotischen Schlammschlachten von Woodstock vor 50 Jahren recht gediegen zu. Das Museum, das die Geschichte des wohl weltweit bekanntesten Musikfestivals erzählt, ist an die heutigen Anforderungen der Baby-Boomer Generation angepasst. Statt Zelten gibt es Behinderten-Fahrstühle und statt der Joints dampfen hier die Espressomaschinen.

Dass hier eines Tages ein Museum für einen Meilenstein der Musikgeschichte stehen würde, hätte sich Max Yasgur, der 1969 den Organisatoren des Festivals seine Kuhweiden zur Verfügung stellte, wahrscheinlich nicht vorstellen können. Selbst das Ausmaß des Events mit seinen knapp 500.000 Besuchern war für ihn damals mehr als unerwartet. Unter den Besuchern war damals auch die heute 72-jährige Rentnerin Susan, die auf diesem Kuhfeld mitten im Niemandsland ein ganzes Wochenende lang das Lebensgefühl von "Sex and Drugs and Rock'n'Roll” kennen lernte.

"Gott war auch da"

"Ich glaube fest, dass Gott auch da war - und ich gehöre zu denen, die wohlgemerkt keine Drogen nahmen. Zumindest keine harten Sachen", schildert Susan augenzwinkernd der DW gegenüber. "Woodstock war einfach eine folgenreiche Erfahrung für mich. So etwas hatte ich noch nie zuvor gesehen."

Das Museum erzählt die Entstehungsgeschichte von WoodstockBild: Bethel Woods Center for the Arts

Heute kommt sie nach Woodstock, um sich ein anderes Konzert anzuschauen, das das Bethel Woods Center im Rahmen seines Sommerprogramms organisiert hat. Es spielt die Dave Matthews Band, die für etwas gefälligere Rocktöne steht als Bands wie The Who, Jefferson Airplane oder Grateful Dead, die alle vor 50 Jahren mit dabei waren. Was Musiklegenden wie Janis Joplin, Jimi Hendrix und Joe Cocker von dem Museum und seinen heutigen Konzerten halten würden, ist schwer zu beurteilen, denn man muss schon etwas genauer hinschauen, wenn man den Zeitgeist der Hippies hier heute noch spüren möchte.

Das Bethel Woods Center besteht seit 2006Bild: Bethel Woods Center for the Arts

Pilgerstätte für Jung und Alt

Echte Woodstock-Veteranen wie Susan kommen jedes Jahr zu diesem für sie heiligen Boden zurück. Es ist schon fast eine Art Pilgerstätte für jene Menschen, die die heiße Phase des Rock'n'Roll überlebt haben. Schließlich starben nicht nur Hendrix und Joplin schon bald nach Woodstock den Drogentod. Dutzende von Woodstock-Fans, die mit von der Partie waren - wenn nicht gar mehr - zählen ebenso zu den Leichen im Keller des Flower Power-Zeitalters.

Das hält Susan nicht davon ab, nostalgisch in Erinnerungen zu schwelgen und mindestens einmal im Jahr das 2006 eröffnete Bethel Woods Center zu besuchen. "Davor gab es für uns keinen Ort, wo man wirklich hingehen konnte, abgesehen von einem offenen Feld hier", meint Susan. Der Ort sei ihr sehr wichtig, da sie hier inmitten einer Menge Hippies zum ersten Mal weltoffene Ideen kennen gelernt hatte und daraufhin beschloss, dass sie "ein Leben voller Güte und Respekt" leben wolle. In ihrer ursprünglichen Heimat in den Südstaaten wäre so etwas damals gar nicht erst in Frage gekommen.

Vor 50 Jahren standen hier eine knappe halbe Million HippiesBild: DW/S. Sanderson

Mittlerweile wohnt Susan nicht weit weg im US-Bundesstaat New Hampshire und kann bequemer nach Bethel reisen als damals, wo sie per Anhalter große Strecken auf sich nahm. Heutzutage sei das ja "unvorstellbar".

Ein einmaliges Event

Das Feld, auf dem das Woodstock-Festival stattfand, steht schon seit längerem unter Denkmalschutz. Eine Gedenktafel steht unweit von der Stelle, wo die Bühne war. "Es ist so friedlich hier", sagt Susan, obwohl Touristen sie von links und rechts belagern. Die meisten unter ihnen könnten ihre Enkel sein. Das Interesse an Woodstock ist generationenübergreifend.

War in Woodstock mit dabei: Arlo GuthrieBild: picture-alliance/Everett Collection

Der 20-jährige Victor ist auch vom Mythos Woodstock begeistert. Seit drei Jahren arbeitet er an der Kasse des Bethel Woods Center. Seine Begeisterung ist ansteckend: "Neulich habe ich von einem Musiker gehört namens Arlo Guthrie. Der war wohl auch bei Woodstock mit dabei. Kennt ihr den?", fragt Victor und betont dabei mehrmals, wie angetan er von Guthries Musik sei. Trotz soviel jugendlicher Begeisterung könne sich Victor aber nicht vorstellen, dass etwas so "Cooles" je wieder stattfinden könnte.

Woodstock als Phänomen der 60er Jahre

Das Museum im Bethel Woods Center arbeitet die Hintergründe des Festivals sowohl chronologisch als auch im Abstrakten auf. Die 60er Jahre werden hier genauer unter die Lupe genommen; Ereignisse wie die erste Mondlandung, die Wahl von John F. Kennedy zum US-Präsidenten, die Bürgerrechtsbewegung in den USA oder der Vietnamkrieg werden als entscheidende Kapitel im Leben der Baby-Boomer dargestellt. Es wirkt fast so, als ob das Phänomen Woodstock sich als eine Art unumgänglicher Höhepunkt der Umstände seiner Zeit selbst ins Dasein gerufen hätte. Dabei liegt die Realität Welten davon entfernt.

Kommerz und Kult: Dass Woodstock ein Riesengeschäft werden könnte, sah Max Yasgur schon 1969Bild: DW/S. Sanderson

Das Festival wurde von drei jungen Unternehmern organisiert, die eine Marktlücke sahen. Doch torkelte das Projekt lange erst einmal von Misserfolg zu Misserfolg. Einer dieser Misserfolge gab dem Event sogar seinen Namen: Das Musikfest sollte ursprünglich knapp 100 Kilometer entfernt im Dorf Woodstock stattfinden, wo es letztendlich an der Genehmigung scheiterte. Max Yasgurs Weide in Bethel rettete den Organisatoren in letzter Minute die Haut. Daher ist sein Name auch heute noch unter den Hippies Kult - auch wenn er zu Lebzeiten den progressiven Ideen seiner Zeit nicht sehr zugewandt war, sondern eher aus unternehmerischen Gründen einsprang. Yasgur war schließlich lebenslang Parteimitglied bei den Republikanern.

Schlammschlacht als historisches Erbe

Die Entstehungsgeschichte von Woodstock ist zu kompliziert, um sie in ein Museum zu packen, auch wenn sich das Bethel Woods Center die größte Mühe gibt, das Thema von allen Seiten zu beleuchten. Die Direktorin des Bethel Woods Center, Darlene Fedun, sagt, dass Woodstock, abgesehen von seinem Stellenwert in der Kulturgeschichte, vor allem auch eine "Gemeinschaft hinterlassen hat, die die Welt durch Musik ändern möchte".

Das Bethel Woods Center betreibt auch heute noch Konzerte - wenn auch nicht in dem Ausmaß von WoodstockBild: Bethel Woods Center for the Arts

"Als Wächter dieses historische Ortes ist es unser Ziel, dieses Erbe zu würdigen und die dahinterstehende Motivation wieder zu beleben", meint Fedun zum Woodstock-Jubiläum. Ob ihr das 50 Jahre nach dem Festival gelingt?

Susan sieht das Ganze zumindest etwas skeptisch: "Ich will mich ja nicht beschweren und schätze durchaus, dass es hier zum Beispiel Klimaanlagen und Fahrstühle und so gibt, aber 1969 hatten wir zum Abkühlen nur Schlamm."

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