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Politik

Ständiger Nervenzusammenbruch im Weißen Haus

5. September 2018

Der Enthüllungsjournalist Bob Woodward beschreibt in seinem neuen Buch, wie im Weißen Haus Angst und Chaos regieren. Präsident Trump versucht daraufhin, den Autor zu diskreditieren. Doch das dürfte schwer werden.

USA, Washington: Der Journalist Bob Woodward nimmt am White House Correspondents Dinner teil
Bild: picture alliance/dpa/C. Owen

Das neue Buch des renommierten Enthüllungsjournalisten Bob Woodward, der in den 1970er Jahren den Watergate-Skandal mit aufdeckte, ist noch gar nicht erschienen, da sorgt es bereits für eine scharfe Kontroverse. Die "Washington Post" zitierte vorab aus dem Werk, und das Bild, das allein dieser Zeitungsbericht vom Weißen Haus unter US-Präsident Donald Trump zeichnet, ist mehr als verstörend.

Woodward nennt seine Quellen nicht, führte nach eigenen Angaben aber Gespräche mit zahlreichen aktuellen und ehemaligen Trump-Mitarbeitern. Seinen Schilderungen zufolge versuchen die Mitarbeiter des Präsidenten ständig, ihren Chef unter Kontrolle zu bringen, und missachten seine Anweisungen. Trump dränge seine Mitarbeiter immer wieder zu Aktionen, die schwere Konflikte zur Folge hätten - so dass sie sich gezwungen sähen, seine Anweisungen zu ignorieren. Das Weiße Haus befinde sich ständig im Zustand eines "Nervenzusammenbruchs".

Cover des Enthüllungsbuches, das am 11.September erscheinen sollBild: picture-alliance/AP Photo/Simon & Schuster

Ein Präsident mit dem Verstand eines Schulkindes

Einer Schilderung zufolge fragte der US-Präsident im Januar seinen Nationalen Sicherheitsrat, warum sich die USA eine teure Militärpräsenz auf der koreanischen Halbinsel leisteten. "Wir machen das, um den dritten Weltkrieg zu vermeiden", klärte ihn Verteidigungsminister Jim Mattis daraufhin auf. Laut Woodward sagte Mattis nach dem Treffen, Trump habe den Verstand "eines Fünft- oder Sechstklässlers".

Doch laut Woodward ignorieren Trumps Berater nicht nur seine Anweisungen, sondern sabotieren sie zum Teil auch. So berichtet der Autor vom ehemaligen Wirtschaftsberater Gary Cohn, der im vergangenen Jahr eine Anweisung vom Schreibtisch des Präsidenten habe verschwinden lassen. Hätte Trump sie unterschrieben, wäre das Handelsabkommen der USA mit Südkorea den Angaben zufolge aufgelöst gewesen.

Woodward zufolge haben einige Kabinettsmitglieder für ihren Chef nur Verachtung übrig. Stabschef John Kelly habe Trump Kollegen gegenüber als "Idioten" bezeichnet. "Ich weiß noch nicht einmal, warum wir alle hier sind. Das ist der schlimmste Job, den ich jemals hatte", fügte Kelly demnach hinzu. Es sei "sinnlos zu versuchen", Trump "von irgendetwas zu überzeugen", der Präsident sei "außer Kontrolle".

Trumps Schlafzimmer oder die "Werkstatt des Teufels"

Kellys Vorgänger, Reince Priebus, habe Trumps Schlafzimmer - wo der Präsident Kabel-TV schaut und Tweets absetzt - als "Werkstatt des Teufels" bezeichnet. Trump wiederum habe Priebus mit "einer kleinen Ratte" verglichen - und zwar im Gespräch mit einem Untergebenen seines eigenen Stabschefs. Trump trennte sich im Juli 2017 von Priebus, ihm folgte Kelly nach.

Besonders delikat ist eine Anekdote über Trumps Ex-Anwalt John Dowd, der dem Präsidenten nach einem Testverhör dringend davon abgeraten habe, in der Russland-Untersuchung von FBI-Sonderermittler Robert Mueller auszusagen. "Ich werde nicht die Hände in den Schoß legen und ihn als Idioten dastehen lassen", sagte der Anwalt demnach.

Weiteres Enthüllungsbuch

Woodwards Werk ist nicht das erste Enthüllungsbuch über Trumps unkonventionelle Präsidentschaft. Im Januar hatte "Fire and Fury" Washington erschüttert, das Buch des Autors und Journalisten Michael Wolff hatte die Frage aufgeworfen, ob Trump dem Amt gewachsen ist. Im vergangenen Monat hatte die frühere Mitarbeiterin des Weißen Hauses, Omarosa Manigault Newman, Zweifel an dessen geistiger Gesundheit durchblicken lassen. Trump bezeichnete sie daraufhin als "Hund". Wolff waren an einigen Stellen sachliche Fehler nachgewiesen worden, Manigault Newman hatte seit ihrer Entlassung im Dezember 2017 eine Rechnung mit dem Weißen Haus offen.

Reaktionen aus dem Weißen Haus

Trump und das Weiße Haus versuchen nun, auch den Inhalt des Buches von Woodward zu diskreditieren - oder gleich den mehrfach ausgezeichneten Autor selber. Trump sagte der konservativen US-Internetseite Daily Caller: "Er hat eine Menge Glaubwürdigkeitsprobleme gehabt." Er warf Woodward vor, Zitate "erfunden" zu haben. Woodward sei Demokrat, es sei kein Zufall, dass das Buch kurz vor den Kongresswahlen im November erscheine. Das Buch kommt am 11. September auf den Markt. 

Über Twitter veröffentlichte der Präsident Erklärungen von Mattis, Kelly und seiner Sprecherin Sarah Sanders, in denen diese die ihnen zugeschriebenen Zitate zurückwiesen. Mattis selbst veröffentlichte eine Erklärung, in denen er die ihm zugeschriebenen verächtlichen Worte über den Präsidenten" zurückwies.

Die Journalisten Carl Bernstein und Bob Woodward (r.) in der Redaktion der "Washington Post" Bild: picture-alliance /dpa/dpaweb

Trump kritisiert zu lasche Gesetze

Via Twitter forderte der US-Präsident außerdem eine Verschärfung der Gesetze gegen Verleumdung. Er bezeichnete es als "Schande", dass jemand in Artikeln oder Büchern "Geschichten total erfinden" und ein den Fakten völlig widersprechendes Bild einer Person schaffen könne, ohne dafür bestraft zu werden. 

Er bekundete auch sein Unverständnis darüber, dass die "Washingtoner Politiker" die Gesetze zur Verleumdung nicht änderten. Dies kommt einem Appell an den Kongress gleich, die Gesetzgebung zu verschärfen. Trump hatte bereits zu Jahresbeginn in Reaktion auf ein anderes Enthüllungsbuch über seine Präsidentschaft - "Feuer und Zorn" von Michael Wolff - die geltenden Gesetze gegen üble Nachrede als zu lasch angeprangert.

Ob Trumps Strategie am Ende aufgeht, Woodward als unglaubwürdig erscheinen zu lassen,  ist fraglich. Der Autor ist einer der respektiertesten Journalisten weltweit. 1973 deckte er gemeinsam mit Carl Bernstein den Watergate-Skandal auf, der zum Rücktritt von US-Präsident Richard Nixon führte. Woodward veröffentlichte seitdem wirkmächtige und oft peinliche Enthüllungsbücher über die Präsidenten George W. Bush und Barack Obama. Letzteres war von Trump 2013 gelobt worden.

bri, ww (afp, dpa)

 

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