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Woran die Verhandlungen über die Ostukraine scheitern

Roman Goncharenko14. Januar 2015

Das Außenministertreffen in Berlin brachte keinen Durchbruch. Die Verhandlungen der Staatschefs in Astana wurden vertagt. Trotz internationaler Bemühungen ist der Weg zu einem Frieden in der Ostukraine versperrt.

Berlin Außenministertreffen zu Ukraine 12.01.2015
Bild: picture-alliance/AP/Michael Sohn

Diese Bilder schockten die Ukraine. Ein gelber von Granatsplittern durchlöcherter Kleinbus. Der Schnee ist rot vor Blut. Bei einem Beschuss in der Nähe des ostukrainischen Städtchens Wolnowacha starben am Dienstag (13.01.2015) mindestens zwölf Zivilisten: fünf Männer und sieben Frauen. Präsident Petro Poroschenko machte in einer Fernsehansprache am späten Abend prorussische Separatisten dafür verantwortlich. Er nannte sie "Terroristen" und "Unmenschen". Die Separatisten, aber auch die russische Regierung beschuldigten die Ukraine. Es sei "ein weiteres Verbrechen der ukrainischen Armee", erklärte am Mittwoch ein Vertreter des Außenministeriums in Moskau.

Nahe Wolnowacha starben in dem Kleinbus zwölf ZivilistenBild: Reuters/Ukraine's Ministry of Internal Affairs

Der Vorfall ereignete sich nur einen Tag nachdem in Berlin Verhandlungen über einen dauerhaften Frieden in der Ostukraine gescheitert waren. Die Außenminister der Ukraine, Russlands, Deutschlands und Frankreichs konnten sich nicht einigen. Ein für Donnerstag in der kasachischen Hauptstadt Astana geplantes Treffen der Staats- und Regierungschef aus diesen vier Ländern wurde deshalb vertagt.

Immer mehr Opfer trotz formeller Waffenruhe

Bei den Gesprächen in Berlin ging es um die Umsetzung der sogenannten Minsker Vereinbarungen. Im September hatten sich die ukrainische Regierung und die prorussischen Separatisten auf eine Art Friedensplan für die abtrünnigen Gebiete Donezk und Luhansk geeinigt. Eingehalten wird aber kein einziger der zwölf Punkte, die unter Beteiligung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und Russlands vereinbart wurden. Zwar gibt es keine Großoffensiven wie im Sommer, doch an mehreren Orten wird weiter gekämpft. Fast täglich sterben Soldaten, aber auch Zivilisten wie bei dem Beschuss in Wolnowacha. Die Gesamtzahl der Todesopfer seit Beginn des Konflikts in der Ukraine Anfang 2014 liegt nach UN-Angaben bei 5000.

Während in Berlin die Außenminister verhandelten, verstärkten die Separatisten den Beschuss der ukrainischen Soldaten an dem seit acht Monaten umkämpften Donezker Flughafen. Der schon völlig durchlöcherte Kontrollturm brach zusammen.

Minsker Vereinbarungen mehrfach gebrochen

In Trümmern liegen nun auch die diplomatischen Bemühungen. Seit rund einem Jahr versucht der Westen und vor allem Deutschland, eine politische Lösung des Konflikts in der Ukraine zu finden. Es gab unzählige Gesprächsrunden in diversen Formaten. Ob Videokonferenzen, Telefonate oder direkte Gespräche wie zuletzt in Berlin, doch ein Kompromiss wurde bisher nicht erzielt.

Beide Seiten bekennen sich zu den Minsker Vereinbarungen, doch sie bleiben Lippenbekenntnisse. Die ukrainische Regierung wirft den Separatisten und Russland vor, einige Kernpunkte nicht erfüllen zu wollen. So sei die russisch-ukrainische Grenze auf einer Länge von mehr als 200 Kilometern weiterhin offen. Kiew zufolge gelangen durch diese Lücke seit Monaten Waffen und Kämpfer aus Russland in die abtrünnigen Provinzen. Russland bestreitet das, gibt aber die Präsenz von "Freiwilligen" zu. Die OSZE berichtet über eine zunehmende Anzahl uniformierter Männer und Frauen, die über die Grenze von Russland in die ostukrainischen Gebiete reisen.

Austausch von Gefangenen zwischen Kiew und den prorussischen SeparatistenBild: AFP/Getty Images/V. Maximov

Entgegen der Minsker Vereinbarungen führten die Separatisten Anfang November eigene "Wahlen" durch. Kiew setzte daraufhin das Gesetz über die faktische Autonomie für Teile der Ostukraine außer Kraft und stoppte alle Gehalts- und Rentenzahlungen. Der einzige Punkt der Vereinbarungen, bei dem es Erfolge gibt, ist der Gefangenenaustausch. Doch auch hier gibt es Handlungsbedarf. Offenbar gibt es noch hunderte Gefangene.

Separatisten wollen politische Anerkennung

Aus Sicht der Separatisten sei bei den Verhandlungen die Trennlinie der "größte Stolperstein". Das sagte in Moskau Wladislaw Dejnego, ein Vertreter der selbsternannten "Luhansker Volksrepublik" der russischen Nachrichtenagentur "Interfax". In Minsk war am 19. September eine 30 Kilometer breite "Sicherheitszone" vereinbart worden, aus der schwere Waffen abgezogen werden sollen. Doch das geschah bisher nur teilweise. Den Separatisten gelang es sogar, die Kontrolle über Gebiete auszuweiten. Kiew besteht jedoch auf jener Trennlinie.

Ein weiterer Stolperstein sei der Wunsch der Separatisten, wie es Dejnego formulierte, als "selbständige politische Einheit" von Kiew anerkannt zu werden. Zunächst wollte Kiew zu den Separatisten überhaupt keinen Kontakt, um sie nicht aufzuwerten. Doch in Minsk setzten sich die Separatisten und Moskau durch. Vertreter der Ukraine und der selbsternannten "Volksrepubliken" saßen dort an einem Tisch. Nun möchten sie noch mehr: eine politische Anerkennung. Auch Russland verweist immer wieder darauf. Doch für Kiew ist dieser Punkt nicht verhandelbar.

Keine Annäherung in Sicht

In der Ukraine bezweifeln Experten, dass die Separatisten wirklich Frieden wollen. "Sie versuchen offenbar, die Spannungen zu erhöhen", sagte der Deutschen Welle Oleksij Haran, Politik-Professor an der Kiewer Mohyla-Akademie, der gerade aus der Ostukraine zurückgekehrt ist. "Russland will derzeit keinen Frieden", betonte auch der Kiewer Außenpolitikexperte Bohdan Jaremenko gegenüber der DW. Experten und Politiker in Russland erheben gegen die Ukraine und den Westen die gleichen Vorwürfe. Eine Annäherung scheint nicht in Sicht.

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