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IEA: Die Zukunft wird nicht rosig

13. November 2019

Jedes Jahr analysiert die International Energy Agency den Energiehunger der Weltgemeinschaft. Auf über 800 Seiten wird der aktuelle Bedarf untersucht, Entwicklungen und Szenarien aufgezeigt. Hier die wichtigsten Punkte.

Ein Blitz schlägt in der Nähe eines Windrades ein, während eine Unwetterfront über die Region hinwegzieht
Bild: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte

Vor über 40 Jahren wurde der erste "World Energy Outlook" (WEO) der in Paris ansässigen Internationalen Energieagentur (IEA) herausgebracht, seit 1998 erscheint die Publikation jährlich. Es geht darin um den stetig wachsenden Energiehunger der Weltgemeinschaft - und wie er gestillt wird.

In der 810 Seiten umfassenden Analyse zeigt die Energieagentur den aktuellen Ist-Zustand auf, blickt aber auch in die Zukunft der Energieversorgung. Dabei berücksichtigt sie aktuelle Marktdaten, technologische Entwicklungstrends und die Auswirkungen der Energiepolitik.

Der Bericht untersucht eine Reihe von Szenarien, die in Zukunft eintreffen könnten, schreibt Fatih Birol, IEA-Exekutivdirektor, auf Twitter. 

Grundlage jedes Szenarios ist die Annahme, dass die Weltbevölkerung bis zum Jahr 2040 auf knapp über neun Milliarden Menschen steigt und die Weltwirtschaft jährlich um 3,4 Prozent wächst.

Szenario 1: Wenn alles gleich bleibt

Das erste Szenario ("Current Policies") zeigt auf, was passiert, wenn sich nichts verändert - wenn die Welt also so weitermacht wie bisher.

Laut IEA steigt der Energiebedarf dann jährlich um 1,3 Prozent, was bis 2040 eine Zunahme um rund 30 Prozent bedeutet. Gleichzeitig würden auch die energiebezogenen Emissionen ungebremst zunehmen.

Szenario 2: Wenn Pläne umgesetzt werden

Das "Stated Policies Scenario" geht davon aus, dass Regierungen all die angekündigten Maßnahmen und Richtlinien, mit denen sie den Energieverbrauch eindämmen wollen, auch tatsächlich umsetzen. In vorherigen Berichten hieß dieses Szenario noch "New Policies".

In diesem Fall würde der Energieverbrauch bis 2040 um 25 Prozent zunehmen, also um etwa ein Prozent pro Jahr. Ein Großteil der zusätzlichen Ölproduktion wird dabei durch Fracking in den USA abgedeckt, so der Bericht.

Mehr als die Hälfte des zusätzlichen Energiebedarfs könnte allerdings durch erneuerbare Energien gedeckt werden, insbesondere Photovoltaik, ein weiteres Drittel durch Erdgas. Die Ölnachfrage würde langsam zunehmen und erst in den 2030er Jahren abflachen. Der Kohleverbrauch würde sogar leicht zurückgehen.

Auch in diesem Szenario würden die Emissionen weiter steigen, allerdings langsamer als heute. Sie würden ihren Höhepunkt nicht vor 2040 erreichen.

Szenario 3: Wenn Paris ernst genommen wird

Das ambitionierteste Szenario ("Sustainable Development") beschriebt, was nötig wäre, um das Pariser Klimaabkommen einzuhalten. Die Vereinbarung soll den Anstieg der globalen Temperaturen auf unter zwei Grad Celsius - besser noch auf 1,5 Grad - begrenzen, außerdem nennt sie Ziele in Bezug auf den universellen Energiezugang und saubere Luft.

Dieses Szenario würde eine "schnelle und umfassende Veränderungen in allen Teilen des Energiesystems erfordern", heißt es von der IEA.

Wenn das Klimaziel noch erreicht werden soll, würde dies einen großen Schub in der Wind- und Solarenergie erfordern, sagt die IEA, und es bräuchte einen erneuten Anstoß für die Energieeffizienz, die sich in den letzten Jahren verlangsamt habe.

Heißt: Die Effizienz müsste sich so weit verbessern, dass der Energieverbrauch im Jahr 2040 geringer wäre als heute. Der Verbrauch von Erdgas würde in dem Szenario bis 2030 ansteigen, danach aber allmählich zurückgehen. Gleichzeitig müsste der Anteil der erneuerbaren Energien steigen und der Verbrauch von Kohle drastisch reduziert werden. Der Ölverbrauch müsste im Jahr 2040 mit 65 Millionen Fass pro Tag wieder auf das Niveau der früheren 1990-er Jahre sinken.

"Die nachlassende Dynamik bei der Steigerung der globalen Energieeffizienz gibt Anlass zu großer Sorge", heißt es im Bericht. Dies sei auf den steigenden Heiz- und Kühlbedarf, auf Beleuchtung, Mobilität und anderen Energiedienstleistungen zurückzuführen. 

Klima im Fokus

In diesem Jahr hat sich der Bericht stärker als üblich zum Klimawandel positioniert. Die IEA ruft zu einer "starken Führung" der Regierungen auf, um die Situation zu verbessern und Emissionen zu reduzieren.

"Die Welt muss dringend einen Laser-ähnlichen Schwerpunkt darauf legen, die Emissionen zu vermindern", forderte Fatih Birol auf Twitter. Nötig sei eine "große Koalition", die Regierungen, Investoren, Unternehmen und diejenigen einschließe, die für den Klimaschutz eintreten.

Weltweit vereinbarte Nachhaltigkeitsziele dürften langfristig sonst deutlich verfehlt werden, warnte die Agentur.

Spritfresser SUVs

Einzelne Produkttrends gehören normalerweise nicht zum Themenspektrum des Energieberichts. Im Fall geländegängiger Sportwagen (SUV) machte die Energieagentur allerdings eine Ausnahme.

So hat die Organisation noch vor dem Erscheinen des jährlichen Berichts einen Kommentar auf Grundlage der Analyse veröffentlicht

Demnach ist der Anteil der SUVs an den weltweiten Autoverkäufen von 17 Prozent im Jahr 2010 auf 39 Prozent in 2018 gestiegen.

Heißt in Zahlen: Während 2010 noch 35 Millionen Geländewagen auf den Straßen unterwegs waren, sind es mittlerweile über 200 Millionen. Und die reichen aus, um die positiven Umwelteffekte, die alle anderen, sparsameren Pkw mit sich bringen, zunichtezumachen. 

Deren Anzahl stieg zwischen 2010 und 2018 zwar auch an, von 822 Millionen auf 952 Millionen, effizientere Motoren sorgen aber dafür, dass seit 2010 jeden Tag zwei Millionen Barrel Öl eingespart werden. Somit seien SUVs dafür verantwortlich, dass der tägliche Ölbedarf von Autos zwischen 2010 und 2018 um 3,3 Millionen Barrel gestiegen sei.

Laut der Internationalen Energieagentur übersteigt der Energieverbrauch eines SUV den eines mittelgroßen Pkws um rund 25 Prozent. Heißt: Geht der Trend weiter zum dicken Auto, werde der weltweite Ölbedarf um weitere zwei Millionen Barrel pro Tag steigen. Die Einsparungen durch die rund 150 Millionen Elektroautos sind somit dahin. 

Dilemma: durstige SUVs statt Elektroautos

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Hannah Fuchs Multimedia-Reporterin und Redakteurin mit Fokus auf Technik, digitalen Themen und Psychologie.
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