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500 Jahre nach Luther ist Ökumene Alltag

16. April 2021

Showdown in Worms: Vor 500 Jahren stand der Mönch Martin Luther dem Kaiser gegenüber und sollte seine Rom-kritischen Thesen widerrufen. Er weigerte sich. Der Rest ist Geschichte.

Deutschland Worms Lutherdenkmal
Martin Luther vor dem Wormser Reichstag 1521: Die Darstellung ist Teil des Luther-Denkmals der StadtBild: Uwe Anspach/dpa/picture alliance

Für Jutta Herbert ist Martin Luther eine "wegweisende Figur". Die 58-jährige Pfarrerin nennt seine Theologie, die Betonung der Bibel, seine Standfestigkeit, Akzente der Bildung - all das habe sie geprägt, sagt sie der DW.

Im Alltag begegnet Herbert dem Reformator Luther (1483-1546) häufig. Sie ist evangelische Dekanin im Dekanat Worms-Wonnegau. In Worms steht eines der größten Luther-Denkmale weltweit. Straßennamen nehmen auf ihn Bezug. Denn vor 500 Jahren stand Luther, der Rom-kritische Mönch, vor Kaiser Karl V. - in Worms. Diese Tage Mitte April 1521 werden zu einer entscheidenden Etappe der Reformation.

Jubel für Luther

Dreieinhalb Jahre zuvor hatte der nun 37-jährige Luther seine Thesen veröffentlicht. Längst war er eine in deutschen Landen bekannte Gestalt. Auf seinem Weg aus Wittenberg an der Elbe nach Worms wurde er gefeiert. In Frankfurt, heißt es in historischen Berichten, wurde er "von einer jubelnden Menge" begleitet.     

Jutta Herbert ist evangelische Dekanin in WormsBild: Dekanat Worms-Wonnegau

Und nun das Jubiläum - in Corona-Zeiten. Seit Jahren hatten die Stadt Worms und die evangelische Kirche auf dieses Wochenende hingearbeitet. Davon bleibt nicht viel. Bei einem digitalen Festakt an diesem Freitag ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, selbst engagierter Protestant, per Videoschalte dabei. Am Sonntag kommt ein Fernsehgottesdienst aus Worms. Ein Multimedia-Spektakel "Der Luthermoment" auf dem Marktplatz der Stadt, das die Geschichte von damals auf einer Kirchenfassade illustriert, wird nun im Fernsehen gezeigt. Nichts ist mit tausenden Zuschauern und Besuchern in der Stadt. 

Jutta Herbert stimmt das traurig. Sie hofft auf viele Begegnungen im kleinen Kreis - und auf den einen oder anderen Nachholtermin im Herbst. 

Internationale Aufmerksamkeit

Seit Jahrzehnten ist die Theologin in Worms tätig und weiß, welche Bedeutung das Ereignis des Reichstags auch jenseits runder Gedenktage hat. "Immer wieder erhalten wir Anfragen aus dem Ausland oder haben mit internationalen Besuchergruppen zu tun", sagt sie. Besucher, auf die die Stadt zum Jubiläum besonders gehofft hatte. Eine große Ausstellung "Hier stehe ich. Gewissen und Protest - 1521 bis 2021" wurde um drei Monate verschoben und beginnt nun Anfang Juli 2021.

Auf Luthers Spuren durch Wittenberg

07:48

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Das Motto der Schau zeigt, worum es ging vor 500 Jahren. Luther wollte seine neue Theologie vor dem erst 21-jährigen katholischen Kaiser Karl gegen den Vorwurf der Ketzerei verteidigen. Der verlangte aber einen Widerruf. Und Luther widersprach, "Gott helfe mir. Amen." Tage später entschwand er, suchte Zuflucht auf der Wartburg in Thüringen. Und die Reformation, die Abspaltung der Luther-Anhänger von der katholischen Kirche, nahm ihren Lauf.

Ökumenisch wie nie

Und wie steht es mit der Ökumene in Worms 500 Jahre danach? Von den knapp 85.000 Einwohnern der Stadt sind - Stand März 2021 - 28,3 Prozent evangelisch, 23,4 Prozent katholisch. Worms sei, betont die evangelische Dekanin, nicht nur Lutherstadt, sondern auch Domstadt. Und der Dom, einer der wichtigen Kaiserdome am Rhein neben Speyer und Mainz, ist katholisch.

Der Dom: St. Peter zu WormsBild: Thomas Lohnes/epd/imago

"Wir arbeiten hier in Worms katholisch-evangelisch ganz eng miteinander zusammen", sagt Herbert und spricht von "bewährter Zusammenarbeit". Nie zuvor prägten ökumenische Aspekte das Gedenken an die für Luther entscheidenden Tage in Worms so sehr wie 2021. Beim Festakt sprechen neben Steinmeier unter anderem auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, und der katholische Mainzer Bischof Peter Kohlgraf. Kohlgraf ist auch am Sonntag bei einem ZDF-Gottesdienst aus der evangelischen St. Markus-Kirche in Worms dabei.

An der Basis

In den Sommermonaten, berichtet Herbert, gibt es jeden Samstag ein ökumenisches Mittagsgebet im Dom. Die örtliche Hospizhilfe läuft ökumenisch, die Tafel, die sich um Lebensmittelhilfen für Bedürftige kümmert, wird seit langem von den großen Kirchen gemeinsam verwaltet. Ökumene komme an der Basis voran, ist Herbert überzeugt. "Wir sind schon sehr gute Schritte gegangen. Und wir sollten nicht nur auf das Trennende schauen." Am Sonntag nach den Feiern steht im Dom ein ökumenischer Gottesdienst an. Dann gründet sich dort eine regionale Gruppe der "Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen" (ACK), in der alle Kirchen der Stadt, von Baptisten bis zu syrisch-orthodoxen Christen, gemeinsam vertreten sind.

Da steht er: Lutherdenkmal in WormsBild: Hans-Peter Marschall/imageBROKER/picture alliance

Auch Herberts katholisches Gegenüber, Dekan Tobias Schäfer, sagt, die Stadt habe eine ökumenische Prägung. "Die Stadt Worms mit ihrer Geschichte bringt eine ökumenische Verpflichtung mit sich", so Schäfer zur DW. Nach seiner Aussage waren die Jubiläumsfeiern 1971 zum ersten Mal ökumenisch geprägt. Aus der Stadt kam damals eine Initiative von evangelischen und katholischen Christen, ein "Wormser Memorandum", mit Forderungen nach einem Ende des Kirchenbanns gegen Luther. Es ging als Brief an Papst Paul VI. (1963-1978) - und wurde einige Zeit später von einem Kurienkardinal mit einem Brief freundlich und zurückweisend gewürdigt.

Luther im Dom

In der Stadt, sagt Schäfer, sei seit 1971 vieles ökumenisch gewachsen und selbstverständlich geworden. Der katholische Geistliche ist Hausherr des Wormser Doms. "Dass es ein Luther-Bild im Dom gibt, wäre doch vor 50, 60 Jahren gar nicht denkbar gewesen", sagt die Theologin Jutta Herbert. Seit mehr als 30 Jahren erinnert ein Fenster der Anna-Kapelle des Gotteshauses an bedeutende Episoden der Wormer Geschichte - und zeigt auch den Auftritt Luthers vor Karl V. in der Domstadt. "In den 500 Jahren", so Herbert, "ist schon viel passiert. Aber vor allem in den vergangenen 50 Jahren."

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