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Politik

Russland zieht ins Großmanöver

Mikhail Bushuev mo
10. September 2018

Im Fernen Osten Russlands beginnen die größten Manöver seit dem Ende der Sowjetunion. Auch das chinesische Militär ist beteiligt. Experten erläutern, für welche Art von Krieg trainiert wird.

2018 Internationale Armeespiele
Bild: Reuters/M. Shemetov

An den Manövern "Wostok-2018" vom 11. bis 17. September sind gleich mehrere russische Militärbezirke beteiligt, aber auch die Pazifik- und Nordflotte der russischen Marine. Es sind die größten Militärübungen in Russland seit dem Ende der Sowjetunion. Insgesamt sind fast 300.000 Soldaten, mehr als 1000 Flugzeuge, Hubschrauber und Drohnen, bis zu 36.000 Panzer, Schützenpanzer und andere Fahrzeuge sowie bis zu 80 Schiffe im Einsatz, so das russische Verteidigungsministerium. Trainiert wird auf fünf Übungsplätzen sowie im Japanischen Meer, in der Beringsee und im Ochotskischen Meer.

Das Manöver an sich überrascht deutsche Beobachter nicht. Gustav Gressel, Senior Policy Fellow am European Council on Foreign Relations (ECFR) in Berlin, sagte der Deutschen Welle, die russische Armee übe jedes Jahr nach eigenen Angaben "in einer anderen strategischen Richtung", Richtung Süden, Westen oder Osten. Dazwischen liege meistens ein Jahr, wo im Zentrum geübt werde. "'Wostok' ist jetzt wieder an der Reihe. Das ist der normale Manöverplan", betonte er.

Keine Beschränkungen im Osten

Auch die Größe der Übungen sei nicht verwunderlich, meint die Russland-Expertin Sarah Pagung von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin. "Die Militärübungen im Osten sind immer größer als die im Westen, weil aufgrund der Wiener Dokumente die Truppenstärke im Westen begrenzt ist, während sie das im Osten nicht ist", erläuterte sie im Gespräch mit der DW. Gemeint ist der Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa und das von der OSZE verabschiedete Wiener Dokument aus dem Jahr 2011 über vertrauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen, das faktisch Beschränkungen bei Militärübungen im europäischen Teil Russlands vorsieht.

Wladimir Putin beim russisch-weißrussischen Großmanöver "Sapad-2017" Bild: picture-alliance/M.Metzel

Pagung fügte noch hinzu, dass die Größe des Manövers auch etwas mit der Zielvorstellung zu tun habe. "Wenn wir uns das Szenario anschauen, welche Truppenteile involviert sind und welche Truppenstärke wir haben, dann ist ganz klar, dass Russland für einen globalen Krieg trainiert, auch mit atomaren Kräften", so die Expertin. Das sehe man auch daran, dass gleichzeitig die Truppen in den westlichen Militärbezirken großflächig mobilisiert seien.

Chinesen trainieren zusammen mit Russen

Interessant an den Manövern ist laut den Experten die Teilnahme chinesischer Soldaten. Im Vergleich zum russischen Kontingent sind sie aber in einer klaren Minderheit: Nur 3000 Chinesen nehmen teil - plus Flugzeuge und Hubschrauber. Seit 2003 haben beide Staaten zusammen etwa 30 Militärübungen durchgeführt. Doch bisher waren die Chinesen noch nie bei strategischen Manövern dabei. Diese Ehre hatten bislang nur enge Verbündete wie beispielsweise Weißrussland während der Manöver im Westen Russlands im Jahr 2017.

Gustav Gressel meint, das Besondere an den jetzigen Manövern sei, dass China als direkter Nachbar diesmal nicht nur zu den integrierten Polizei- und Anti-Terror-Übungen, sondern auch zum "militärischen Hardcore-Teil" eingeladen sei. Das hätten die Chinesen schon seit längerem anvisiert. Laut Gressel verfügen die Chinesen zum Teil über modernere Technik als die Russen: "Aber was die Offiziersausbildung, das Verlegen und Führen von Truppen sowie die flexible Einsatzführung angeht, sind sie den Russen weit hinterher."

Russisch-chinesisches Militärmanöver bei Wladiwostok (2017)Bild: picture-alliance/dpa/TASS/Y. Smityuk

Außerdem, so Gressel, haben in den Augen der chinesischen Militärs die Russen zudem den Vorteil, dass sie in Syrien und in der Ukraine Kriegserfahrung gesammelt haben. Davon wollten die Chinesen profitieren, glaubt er. Aus chinesischer Sicht seien die Stabsoffiziere die wichtigsten Teilnehmer, die ihren russischen Kollegen über die Schulter schauen können. "Das dient auch etwas der Umstellung der eigenen Kader-Erziehung, weg vom großen Infanterie-Krieg hin zum modernen technisierten Krieg im Informationszeitalter", so Gressel.

Ein "Alptraum" für die USA?

Die Frage, ob die Annäherung zwischen Russland und China im militärischen Bereich für die USA ein "Alptraum" sei, bejaht Gressel. Die chinesisch-russische Verständigung habe sich aber schon länger angebahnt - in der Wirtschaft und jetzt auch im Sicherheitsbereich. "Dazu muss man verstehen, dass die russische Führung Sicherheit in erster Linie im Sinne von Regime-Sicherheit sieht", sagte Gressel. Der Westen und die USA seien für den Kreml der große Feind. Die kulturelle Strahlkraft des Westens werde als Gefahr für das Regime betrachtet. China, das rein militärisch die größere Gefahr wäre, tue hingegen nichts, was die innere Festigkeit des russischen Regimes gefährde. "Deshalb ist China nicht der strategische Herausforderer, sondern immer der Westen", so der Experte.

Sarah Pagung hingegen meint, dass das Manöver im Fernen Osten Russlands für die USA kein Alptraum sei. "Es ist ganz klar ein Zeichen Russlands an die USA von militärischer Stärke, und eines gewissen Großmacht-Bewusstseins. Aber letztlich sind solche Übungen für alle größeren Staaten relativ normal", sagte sie.

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