Die Lieferketten waren wegen der Pandemie ohnehin gestört, jetzt kommen noch die Folgen des Ukraine-Kriegs hinzu. Das schadet dem Welthandel, so die WTO.
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Der Welthandel wird sich wegen des Kriegs in der Ukraine deutlich abschwächen. Das geht aus Prognosen der Welthandelsorganisation hervor, die die WTO am Dienstag in Genf veröffentlichte.
Demnach dürfte er dieses Jahr nur noch um 3,0 Prozent zulegen. Bislang hatte die WTO mit 4,7 Prozent gerechnet. Für nächstes Jahr wird dann ein Plus von 3,4 Prozent erwartet.
"Aber diese Vorhersagen sind weniger sicher als sonst", heißt es im WTO-Bericht. Für Nordamerika werden überdurchschnittliche Zuwächse prognostiziert, für Europa unterdurchschnittliche.
Lieferketten, Energiepreise und Lockdowns
Neben dem russischen Angriff auf die Ukraine, der die ohnehin schon hohen Energiepreise weiter angeheizt hat und auch Lebensmittel verteuert, gibt es laut WTO zahlreiche weitere Probleme für Exporteure.
Dazu zählen die Lockdowns in China, der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Viele Lieferketten sind nach wie vor gestört. Und die wirtschaftlichen Auswirkungen des Kriegs würden vor allem auch Entwicklungsländer stark zu spüren bekommen.
Für die Weltwirtschaft sagt die WTO nur noch ein Wachstum von 2,8 Prozent voraus, statt der bisher erwarteten 4,1 Prozent. 2023 dürften es dann 3,2 Prozent sein. Zum Vergleich: Der Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2019 lag bei 3,0 Prozent.
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Umfrage unter 2500 Firmen
Die aktuelle Umfrage des Kreditversicherers Allianz Trade (früher Euler Hermes) unter Exporteuren zeigt die Wirkung der von der WTO skizzierten Probleme im Welthandel. Nach Ansicht der mehr als 2500 befragten Unternehmen in sechs Ländern kommt es wegen des Ukraine-Kriegs zu einer deutlichen Verschärfung bestehender Probleme wie Lieferengpässe und steigende Energiekosten.
Allianz Trade befragte die Firmen vor und nach Beginn des Krieges, wie sie die Export-Aussichten für dieses Jahr einschätzen.
Demnach rechnen viele Firmen in diesem Jahr weiterhin mit einem Umsatzanstieg, doch die Zahl der Optimisten ist nach dem russischen Angriff auf die Ukraine gesunken.
"Die russische Invasion in der Ukraine und der erneute Ausbruch von COVID-19 in China treffen den Welthandel doppelt hart mit geringeren Mengen und höheren Preisen", erläuterte Ana Boata, Volkswirtin bei Allianz Trade.
Durch Umwege wegen des Krieges und Hafenschließungen gebe es lange Transportzeiten. "Somit bleiben dem Welthandel Verspätungen und hohe Frachtraten länger erhalten als ursprünglich erwartet - auch aufgrund der hohen Energiepreise", so Boata.
Sorgen der Exporteure
Die hohen Energiepreise sehen etwa 80 Prozent der befragten Unternehmen als Herausforderung für ihre Exporttätigkeit. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) erwartet noch weiter steigende Kosten.
Infolge der weltweiten Konjunkturerholung nach der Corona-Krise 2020 waren die Energiepreise bereits deutlich gestiegen. Nach Kriegsbeginn kam es zu weiteren Preissprüngen.
Etwa doppelt so viele Exporteure als vor dem Ukraine-Krieg sorgen sich der Umfrage zufolge mittlerweile um steigende Zahlungsausfälle (58 Prozent) bei Abnehmern und um Störungen der Lieferketten (47 Prozent).
Trotz der Belastungen rechnet die große Mehrheit der Befragten (84 Prozent) weiter mit einem Umsatzwachstum aus ihren Exporten. Vor dem Ukraine-Krieg waren es allerdings noch 93 Prozent. Sinkende Erlöse erwarten inzwischen 16 Prozent der deutschen Exporteure.
Container: Die Transportbox wird 65 Jahre alt
Am 26. April 1956 wurde erstmals ein Frachtcontainer auf die Reise geschickt. Die Erfindung von Malcom P. McLean, ein US-Amerikaner mit schottischen Wurzeln, hat den Welthandel revolutioniert.
Bild: picture-alliance/dpa
Ein Mann und seine Kisten
Malcolm McLean, Spediteur und Reeder aus den USA, hatte 1956 die zündende Idee: Wenn man Waren gesammelt in einer Kiste verschickte, statt sie einzeln versandfertig zu machen, ließe sich doch viel Zeit und Mühe sparen. Und da Zeit auch vor 65 Jahren schon Geld kostete und Mühe, auch in Form von Lohnkosten, könnte man so viel Geld sparen, sehr viel Geld - immer schon ein unschlagbares Argument.
Bild: Maersk Sealand
Millionen krummer Rücken
Vielleicht wollte McLean ja auch den vielen Männern, die sich in den Häfen der Welt (nicht nur an der US-Ostküste, wo die ersten Container verschifft wurden) bei ihrer schweren Arbeit den Rücken krumm schufteten, das Leben erleichtern. Allerdings wurden nicht nur die Rücken der Arbeiter erleichtert, sondern auch die Arbeiter um ihre Jobs - aber das ist eine andere Geschichte.
Und so sieht ein Container aus. Er ist standardisiert und grundsätzlich in zwei Ausführungen lieferbar: Als knapp sieben Meter lange "Twenty-Foot Equivalent Unit" (TEU) oder, wie dieser hier, als doppelt so lange FEU ("Forty-Foot Equivalent Unnit"). Daneben gibt es noch zahlreiche Varianten: Kühlboxen etwa, oder Spezialcontainer zum Transport von Tieren oder Waren mit außergewöhnlichen Maßen.
Bild: Robert Schmiegelt/Geisler/picture alliance
In Bremen begann es
Mai 1966, Bremer Überseehafen: Die "Fairland", ein Schiff der McLean-Reederei, bringt die ersten 110 Container nach Deutschland. Hier hier sieht man auch den eigentlichen Mehrwert der McLeanschen Erfindung: Es ist die Vernetzung der einzelnen Speditionswege, die das neue System so erfolgreich machen. Ohne Umladen kann die Ware direkt vom Kai aus per Lkw oder Bahn weiter transportiert werden.
1956 hatte McLean den Tanker "Ideal X" gekauft und so umgebaut dass er Auflieger von Sattelschleppern ohne deren Zugmaschinen aufnehmen konnte. Heute transportieren Riesen wie die "HMM Algeciras" der koreanischen Reederei Hyundai Merchant Marine fast 24.000 TEU auf einmal. Das 399,9 Meter lange Schiff hat einen Tiefgang von mehr als 16 Metern - und kann schon längst nicht mehr alle Häfen anlaufen.
Bild: Joe Giddens/PA Wire/picture alliance
Groß ist schon gut, aber ...
... nicht entscheidend. Wichtiger ist die Anbindung im Hafen, wie hier im chinesischen Qingdao. Container sind genauer betrachtet sowohl Export-, wie auch Importkisten. Sie sind in einem ununterbrochenen Kreislauf unterwegs: Um ihre angelieferte Ladung erleichtert, werden sie gleich wieder beladen und gehen schnellstmöglich auf die nächste Reise.
Bild: picture-alliance/ZUMA Wire/Y. Fangping
Immer wichtiger
Es sind weltweit so viele Waren unterwegs - und im globalen Handel werden mehr als 90 Prozent davon auf Schiffen transportiert - dass die Arbeit hier keine Pause kennt, es wird Tag und Nacht gefahren, geladen und gelöscht - wie hier am Burchard-Kai im Hamburger Hafen. Laut dem Branchendienst Alphaline gibt es derzeit 6220 Containerschiffe, die 24,35 Millionen TEU transportieren.
Bild: Volker Schlichting/Zoonar/picture alliance
Hafen mit Bahnanschluss
Der Hamburger Hafen, seine Kräne sind hier im Hintergrund zu erkennen, hat natürlich einen Gleisanschluss. Oder besser: einen eigenen großen Bahnhof. Der Hafenbahnhof Alte Süderelbe wird von der HPA, der Hamburg Port Authority, betrieben.
Bild: picture-alliance/dpa/D. Reinhardt
Alles im Griff
Die schiere Menge an Waren (und deswegen auch an Containern) erfordert eine ausgeklügelte Planung, Leitung und Kontrolle. Hier, im Leitstand des Container Terminals Altenwerder des Hamburger Hafens, geht es daher zu wie im Tower eines internationalen Großflughafens.
Bild: HHLA
Und binnen geht es weiter
Nicht nur "buten" (also: draußen, auf hoher See) sondern auch binnen (im Hinterland) werden Container verschifft. Die Binnenschifffahrt ist der dritte wichtige Transportweg innerhalb Deutschlands: Nach der Straße und der Schiene sind es die Flüsse und Kanäle. Und in Duisburg, an Europas größten Binnenhafen, endet und beginnt auch der Schienenweg nach Ostasien - über Pekings neue "Seidenstraße".
Bild: picture-alliance/dpa/B. Thissen
Einladung an Schmuggler
Bei den vielen Millionen Containern, die täglich irgendwo auf dieser Welt angelandet werden, ist es natürlich nicht möglich, immer zu wissen, was da nun wirklich drin ist - Kriminelle nutzen das weidlich aus. Hier freut sich der pakistanische Brigadegeneral Ashfaqur Rashid Khan, dass es seiner Anti-Drogen-Einheit gelungen ist, wenigstens diese Drogenladung zu entdecken.
Bild: AP
Auch ästhetisch ein Gewinn
Viele Menschen finden die Frachtkisten schlicht und einfach hässlich: eintönig, oft verbeult, meist schmutzig - echt langweilig. Doch wenn sie "aus dem Kontext genommen und mit kreativer Energie aufgeladen der hässlichen Fratze des Kapitalismus den Spiegel vorhalten" - ja dann ... Aber wir sind hier ja nicht in der Kulturredaktion.
Bild: picture-alliance/dpa/B. Roessler
Und doch ...
... ja, auch den Kapitalismus kann man ästhetisieren: Etwa, wenn man die Arbeit mal weglässt - und zwar sowohl die geleistete von Kranführern, Lastwagenfahrern oder Seeleuten als auch die nicht mehr benötigte der Hafenarbeiter von früher - dann entwickeln die Container durchaus einen atmosphärischen Reiz. Wie an diesem Abend im Container Terminal Altenwerder des Hamburger Hafens.