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Politik

Wusste Merkel seit 2017 von BAMF-Überforderung?

3. Juni 2018

Offenbar hat die Bundeskanzlerin bereits im vergangenen Jahr von Problemen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erfahren. Einem Medienbericht zufolge erhielt sie die Informationen aus erster Hand.

Portugal Lissabon Angela Merkel Besuch bei Antonio Costa, Premierminister
Bild: Reuters/R. Marchante

Der ehemalige Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Frank-Jürgen Weise, hat einem Bericht der "Bild am Sonntag" zufolge Angela Merkel zweimal im direkten Gespräch über die Missstände in seiner ehemaligen Behörde informiert. Das Blatt beruft sich auf vertrauliche Dokumente, aus denen hervorgehe, dass Weise Ende 2017 einen Abschlussbericht über seine Tätigkeit als Beauftragter für Flüchtlingsmanagement geschrieben habe.

In dieser Funktion sollte er nach Ende seiner Tätigkeit als BAMF-Chef helfen, das Asylsystem weiter zu reformieren. Bereits Anfang vergangenen Jahres habe Weise in einem anderen internen Bericht die Zustände im BAMF schonungslos analysiert, schreibt die "Bild am Sonntag". In dem Papier heißt es demnach, dass die Leitung unter Weise "in ihrer beruflichen Erfahrung noch nie einen so schlechten Zustand einer Behörde erlebt" habe.

Innenministerium in der Kritik

Scharfe Kritik übte Weise dem Bericht nach auch am Bundesinnenministerium. Zwar hätten dort diverse Abteilungen die Fachaufsicht über das BAMF gehabt. "Die Frage, die sich dabei stellt, ist, wie es dennoch nicht aufgefallen ist, in welchem Zustand IT, Aufbau- und Ablauforganisation waren", schreibt er.

Auch sei "nicht erklärbar", wie "angesichts dieses Zustandes" davon ausgegangen werden konnte, dass das BAMF "den erheblichen Zuwachs an geflüchteten Menschen auch nur ansatzweise bewerkstelligen" könnte.

Der Zeitung sagte Weise nun, er habe den Bericht an das Bundesinnenministerium geschickt. Eine Sprecherin bestätigte dem Blatt die Existenz und sagte, viele Vorschläge "fanden Eingang in die weiteren Arbeiten zur Verbesserung der Situation".

BAMF-Außenstelle in BremenBild: picture-alliance/dpa/M. Assanimoghaddam

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge war in den vergangenen Wochen in die Kritik geraten. Zum einen ging es um Probleme bei der Beschäftigung von Dolmetschern und mangelnden Datenschutz, zum andern um einen mutmaßlichen Korruptionsskandal. Die Leiterin der Bremer BAMF-Außenstelle soll - gemeinsam mit mindestens fünf weiteren Verdächtigen - in rund 1200 Fällen Asylanträge ohne rechtliche Grundlage bewilligt haben. Sie hat die Vorwürfe zurückgewiesen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer kündigte an, das BAMF reformieren zu wollen. Die Mitarbeiter dürften aber nicht unter Generalverdacht gestellt werden.

mak/bru (rtr, afp)