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Yann Sommer: doch noch ein "Elfmeterkiller"?

Philipp Marqua
12. September 2021

Gladbach hat mit nur einem Punkt aus den ersten drei Spielen einen Fehlstart in die Bundesliga-Saison hingelegt. Auch Yann Sommer patzte zuletzt, kommt aber mit neuem Selbstbewusstsein aus der Länderspielpause.

Fußballspieler - Yann Sommer
Bild: Vadim Ghirda/AP/picture alliance

Nach der WM-Qualifikation mit der Schweizer "Nati" ist für Yann Sommer und Borussia Mönchengladbach wieder der Liga-Alltag angesagt. Am Sonntagabend trifft die Borussia auf Arminia Bielefeld - der 15. gegen den Zwölften der Bundesliga. An den bisherigen drei Spieltagen haben die Gladbacher und ihre Nummer eins noch nicht geglänzt, dafür konnte Sommer im Nationalteam positiv auf sich aufmerksam machen. In seiner Heimat schwärmt man momentan vom "Penaltykiller", der im WM-Qualifikationsspiel gegen Europameister Italien mit glänzenden Paraden und einem gehaltenen Elfmeter ein torloses Unentschieden rettete. Schon bei der EM war Sommer durch überragende Leistungen aufgefallen und wurde im Elfmeterschießen gegen Frankreich zum umjubelten Helden der Schweizer.

28. Juni, Nationalstadion Bukarest, EM-Achtelfinale: Es steht 5:4 für für die Schweiz im Elfmeterschießen gegen den Weltmeister, als dessen Superstar Kylian Mbappé zum Elfmeter antritt und sich den Ball zurechtlegt. Yann Sommer steht ruhig auf der Torlinie. Als Mbappé anläuft, deutet Sommer nach links, springt dann aber nach rechts ab und pariert den halbhohen Schuss des Franzosen. Das Spiel ist aus, die Schweiz steht im Viertelfinale und sorgt mit dem frühen K.o. des Weltmeisters für eine EM-Sensation. Es ist die erste Viertelfinalteilnahme der Schweizer bei einem großen Turnier seit 67 Jahren, Yann Sommer erlangt den Status eines Nationalhelden. 

"Nationalheld Sommer" wird nach dem Elfmeterschießen gegen Frankreich vom schweizer Team gefeiertBild: Jean-Christophe Bott/dpa/picture alliance

Geradlinige Karriere

Als "einen der besten Momente" in seiner Karriere bezeichnet Sommer, der sich selbst als ruhig, überlegt und offen beschreibt, seine Elfmeter-Parade gegen Mbappé. Das Narrativ des zurückhaltenden und nervenstarken Charakters wird auch von langjährigen Weggefährten bestätigt. So sagt etwa Patrick Foletti, Torwarttrainer der Schweizer Nationalelf, über Sommer: "Die wichtigste Qualität von Yann ist die mentale Stärke, jeden dritten Tag auf höchstem Niveau spielen zu können. Mit diesem Druck umgehen zu können, das beherrscht er wirklich wie kein anderer."

Wechsel in die Bundesliga: 2014 kam Sommer zu Borussia MönchengladbachBild: Revierfoto/dpa/picture alliance

"Die Karriere von Yann verlief sehr linear. Er hat in der Entwicklung immer die nächste Stufe erreicht. Sein Ziel war immer, Profifußballer zu werden, und er hat die Etappen, eine nach der anderen, durchgemacht. Er hatte im Fußballerischen nie einen Einbruch, nie ein großes Problem irgendwo." So zeichnet Vater Daniel Sommer, in den 1970-er-Jahren selbst Torhüter beim FC Küsnacht, den Karriereweg seines Sohnes nach. Doch trotz seiner vielfach gerühmten mentalen Stärke haftete Yann Sommer seit seinem Wechsel 2014 vom FC Basel zu Borussia Mönchengladbach in der Bundesliga lange der Ruf an, bei Strafstößen quasi schon vorher geschlagen und kein "Elfmeterkiller" zu sein.

Elfmeterbilanz ausbaufähig

Der für einen Torhüter untypisch introvertierte Schlussmann ist seit seinem Wechsel eine echte Konstante im Gladbacher Team, spielte mit der Borussia bereits mehrfach Champions League. Bis zu seinem ersten in der Bundesliga gehaltenen Elfmeter verging allerdings einige Zeit: Im April 2017 pariert Sommer knapp drei Jahre nach seinem Wechsel und zuvor 15 Strafstößen gegen ihn beim 0:0 gegen Eintracht Frankfurt zum ersten Mal einen Elfmeter in der höchsten deutschen Spielklasse.

Nach mathematischen Berechnungen liegt die generelle Trefferwahrscheinlichkeit bei Elfmetern bei rund 75 Prozent. Dabei wird eine theoretische Körpergröße des Torhüters von zwei Metern unterstellt. Statistische Erhebungen ergeben eine Torwahrscheinlichkeit von etwa 77 Prozent. Dabei landen Strafstöße, die während des Spiels geschossen werden statistisch häufiger im Tor als bei Elfmeterschießen. Von insgesamt 83 Strafstößen aus dem Spiel heraus wurden gegen den mit 1,83 m für einen Torhüter relativ kleinen Sommer bislang 20 verschossen 13-Mal konnte er parieren, siebenmal verschoss der Schütze ohne Sommers Zutun. Im Vergleich ist das keine schlechte Quote, aber auch keine überragende, wie sie die klassischen "Elfmeterkiller" aufweisen. Sommers wettbewerbsübergreifende Quote aus seiner bisherigen Zeit in Mönchengladbach ist allerdings deutlich schwächer: Von 55 Elfmetern (inkl. Elfmeterschießen) konnte er bislang lediglich nur vier parieren. 

Mentale Vorbereitung und physische Fitness

Sommer und der Torwarttrainer der Schweizer Nationalelf, Patrick FolettiBild: GEORGIOS KEFALAS/KEYSTONE/picture alliance

Doch seit dem Sommer hat der 32-Jährige einen echten Lauf: Die letzten vier Elfmeter aus dem Spiel heraus, drei davon im Trikot der Schweiz, hielt Sommer allesamt. Dass er jüngst den Elfmeter des italienischen Stammschützen Jorginho hielt, war auch Resultat einer guten Analyse und Vorbereitung. Torwarttrainer Foletti erklärt, dass Sommer "extra lange stehen blieb", da Jorginho kurz vor dem Schuss immer einen kleinen Hüpfer in seinen Anlauf einbaut und erst in diesem Moment eine Entscheidung trifft.

Vorbereitung, Training und Lerneffekte sind für Yann Sommer wichtige Stichworte. Seit seinem zwölften Lebensjahr arbeitet der Schweizer bereits mit einem Mentalcoach, um Spiele und Situationen vor- und nachzubereiten. Schon in der Jugend legte er Extra-Trainingseinheiten ein, um seine Sprungkraft zu steigern und trainierte auch als Feldspieler, um seine Technik zu verbessern. Aktuell steigert Sommer seine Elfmeterquote weiter und weiter. Vielleicht bald auch in der Bundesliga. In Gladbach hätte sicher niemand etwas dagegen, wenn Sommer gegen Ende seiner Karriere doch noch ein echter "Elferkiller" werden würde. 

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