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YouTube-Video über das Ende von YouTube

Isabel Surges
7. November 2018

Wird YouTube gelöscht? Im Netz macht seit Tagen ein Video die Runde, das besonders Jugendliche beunruhigt - und eine flächendeckende Debatte um die anstehende EU-Urheberrechtsreform auslöst.

Symbolbild YouTube Bezahlmodell Einführung
Bild: Reuters/L. Nicholson

"Warum es YouTube nächstes Jahr nicht mehr gibt", lautet der düstere Titel eines YouTube-Videos, das seit Tagen in den YouTube-Trends die vordersten Plätze belegt. Eine besorgte Männerstimme prophezeit, dass "YouTube schon bald nicht mehr so sein [wird], wie es zuvor war." Weiter heißt es, dass alle Lieblings-Kanäle der Nutzer zeitnah gelöscht werden würden. Selbst von den größten und beliebtesten YouTubern bliebe keiner mehr übrig.

Innerhalb kurzer Zeit wurde das Video mehr als drei Millionen Mal aufgerufen und nun bangen viele um das vorzeitige Ende der Video-Plattform. Unter dem Clip führt ein Link zu der Online-Petition "Stoppt die Zensurmaschine - Rettet das Internet", die bereits von über 1.5 Millionen Menschen unterzeichnet wurde. 

Hysterie um YouTube-Video

Das Video, das die Hysterie ausgelöst hat, wurde von den Betreibern des YouTube-Kanals "Wissenswert" veröffentlicht und bezieht sich auf die Aussagen der YouTube-Chefin Susan Wojicicki. Diese ruft in ihrem vierteljährlichen Brief die Anbieter von Videoinhalten auf der Google-Plattform dazu auf, sich gegen Artikel 13 der geplanten EU-Urheberrechtsreform auszusprechen. Unter #saveyourinternet sollen die Nutzer der Plattform in den sozialen Medien ihren Unmut über die Reform äußern.

Wer haftet für Urheberrechtsverletzungen auf YouTube?

Momentan steht die Anpassung der EU-Urheberrechtsreform an das digitale Zeitalter zur Debatte. Die Pläne zur Reform waren im Juli 2018 zunächst zurückgewiesen worden. Nach monatelangen hitzigen Debatten hat das Parlament die Vorlage im September nun doch gebilligt. Im vielfach diskutierten Artikel 13 geht es konkret darum, dass sich Online-Plattformen die Lizenzen von Rechteinhabern sichern und in Vorfällen der Urheberrechtsverletzungen von Nutzern für diese haften müssen.

Susan Wojcicki Bild: picture-alliance/dpa/Google Inc.

Für die Plattform YouTube würde dies konkret bedeuten, dass im Falle von Urheberrechtsverletzungen nicht der uploadende User, sondern die Plattform für den Inhalt haftet und vom Rechteinhaber verklagt werden kann. Derzeit versteht sich YouTube als passiver Dienstleister, der lediglich fremde Inhalte technisch zugänglich macht. Für die Verletzung von Urheberrechten sei das Unternehmen somit nicht verantwortlich.

Kritiker befürchten Zensur

Urheberrechtsinhaber besitzen bereits mithilfe des Systems "Content ID" die Möglichkeit, ihre Inhalte auf YouTube zu identifizieren. Hierfür werden alle auf der Plattform hochgeladenen Videos automatisch geprüft und mit einer riesigen Datenbank verglichen. Liegt eine Urheberrechtsverletzung vor, können von Seite der Rechteinhaber verschiedene Maßnahmen, wie das Sperren des Videos, ergriffen werden. Systeme wie "Content ID" sind jedoch noch immer recht unzuverlässig: Viele Videos, die Urheberrechte verletzen, schaffen es trotzdem das System zu umgehen.

Netzaktivisten und Content-Creator äußern nun Bedenken, dass nach der Verabschiedung des Gesetzes das Hochladen von Inhalten auf YouTube noch stärker durch Upload-Filter reguliert werden könnte. Upload-Filter sind jedoch technisch (noch) nicht dazu in der Lage, alle urheberrechtlich geschützten Inhalte ausnahmslos zu identifizieren. Dies könnte dazu führen, dass Videos, bei denen das System eine Urheberrechtsverletzung nicht klar ausmachen kann, vorsorglich gelöscht würden. Zahlreiche Inhalte wären somit nicht mehr im Netz zu finden sein, auch wenn diese nicht gegen das Urheberrecht verstießen. 

Susan Wojcicki bei Entwicklerkonferenz Google I im Jahr 2017Bild: Reuters/S. Lam

Klicks mit Panikmache

Viele YouTuber springen derzeit auf den Zug auf: Sie verpacken ihre Kritik an der Reform in Videos mit provokanten Titeln, wie "Das Zensurgesetz kommt" oder "YouTube geht 2019 unter". Auf diesem Wege versuchen sie aus der aktuellen Panik Profit zu schlagen und mithilfe der reißerischen Überschriften gerade Jugendliche und Kinder zum Klicken auf ihre Videos zu bewegen, um die Klickzahlen nach oben schießen zu lassen. 

EU-Kommission weist Kritik Wojcickis entschieden zurück

Am Dienstag sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde, dass jeder, der Nützliches und Konstruktives zum derzeitigen Gesetzgebungsverfahren beizutragen habe, willkommen sei an der Debatte teilzuhaben. Er betonte auch, dass der Gesetzesvorschlag der EU-Kommission nicht auf YouTube-Nutzer abziele. Sie würden auch in Zukunft in der Lage sein, kreative Videos ins Netz zu stellen. Stattdessen solle die Position der Rechteinhaber gestärkt und ihre Inhalte besser vergütet werden. Die EU-Staaten und das Europaparlament würden derzeit über eine ausgewogene Reform verhandeln.

In einer Reaktion auf die Äußerungen des Kommissionssprechers betonte YouTube, dass Wojicicki sich lediglich gegen die "ungewollten Konsequenzen" der Pläne ausgesprochen habe. Das eigentliche Ziel der Kommission, das Urheberrecht an das Digitale Zeitalter anzupassen, unterstütze die Video-Plattform.