Das irische Büro Grafton Architects erhält den mit 100.000 Dollar dotierten Pritzker-Preis. Er gilt als wichtigste Ehrung für Architekten. Die Architektur beweise sowohl Stärke als auch "Respekt für Kultur und Kontext".
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1978 hatten die beiden Architektinnen ihr gemeinsames Büro Grafton Architects in Dublin gegründet. Das Büro fokussierte sich in den folgenden Jahrzehnten vor allem auf den Entwurf und Bau von Bildungseinrichtungen, von denen viele in Irland stehen, andere in Italien, Frankreich oder Peru. 2018 kuratierten Farrell und McNamara die Architektur-Biennale in Venedig.
Die achtköpfige Pritzker-Jury würdigte neben der Stärke ihrer Architektur den "tiefen Respekt für Kultur und Kontext" sowie ihren Glauben an die Zusammenarbeit: "Ohne große oder leichtfertige Gesten haben sie es geschafft, Gebäude zu kreieren, die eine monumentale institutionelle Präsenz darstellen, aber dennoch in Zonen unterteilt und so detailliert sind, dass intimere Räume entstehen, die eine Gemeinschaft innerhalb des Gebäudes schaffen."
"Architektur ist für mich ein Rahmen für das menschliche Leben", sagte Shelley McNamara. Für Yvonne Farrell werden Gebäude "zu riesigen emotionalen Uhren", auf denen man den Lauf der Zeit ablesen und fühlen könne.
Zuvor nur zwei Preisträgerinnen
Der mit 100.000 Dollar dotierte Pritzker-Preis gilt als wichtigste Ehrung in der Architektur und wird seit 1979 verliehen. Vor Farrell und McNamara zählten bislang nur zwei Frauen zu den Geehrten, die Japanerin Kazuyo Sejima im Jahr 2010 und die Spanierin Carme Pigem Barceló 2017.
Er gilt als Nobelpreis der Architektur und ist mit rund 92.000 Euro dotiert. Unsere Galerie zeigt die Visionen Riken Yamamotos und früherer Preisträger.
Bild: Tom Welsh
2024: Riken Yamamoto
Aus der Sorge heraus, dass die moderne japanische Stadt immer enger wird, hat Riken Yamamoto einladende Häuser mit Innenhöfen und hochgelegenen Terrassen gebaut. Die Jury spricht von einer neuen "Architektursprache, die nicht nur Räume zum Leben für Familien, sondern Gemeinschaften für das Zusammenleben von Familien schafft". Der 78-jährige Yamamoto ist bereits der neunte Preisträger aus Japan.
Bild: Shinkenchiku Sha
2023: David Chipperfield
Jahrelang galt der britische Architekt als Favorit, 2023 hat er den Preis bekommen: David Chipperfield sei "radikal in seiner Zurückhaltung" und demonstriere Ehrfurcht vor Geschichte und Kultur", urteilte die Jury. In Deutschland hat er maßgeblich auf der Berliner Museumsinsel gewirkt. Auch das Literaturmuseum der Moderne in Marbach hat er entworfen. Weltweit hat er über 100 Projekte realisiert.
Bild: Marijan Murat/lsw/dpa/picture-alliance
2022: Francis Kéré
Der 1965 in Burkina Faso geborene Francis Kéré lebt seit 1985 in Deutschland. In Berlin leitet er das Büro Kéré Architecture. Bei seinen Arbeiten setzt Kéré auf regionale Materialien und örtlich traditionelles Handwerk. Diese Grundschule entstand 2001 nach seinem Entwurf in Kérés Heimatort Gando.
Bild: Erik-Jan Owerkerk
2021: Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal
Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal lernten sich in den 1970er-Jahren im Studium in Bordeaux kennen. Später arbeiteten sie im Niger, was sich bis heute auf ihr Bauen auswirkt. Den Abriss von Sozialwohnungen lehnen sie vehement ab. Zu den bekanntesten Bauten des gemeinsamen Pariser Büros gehört das 2002 neu eröffnete Ausstellungsgebäude Palais de Tokyo in der französischen Hauptstadt (Bild).
Bild: Philippe Ruault
2020: Yvonne Farrell und Shelley McNamara
Das Portfolio des 2020 prämierten Architekturbüros Grafton der beiden irischen Architektinnen Yvonne Farrell und Shelley McNamara prägen vor allem Bildungseinrichtungen wie die 2009 geplante Toulouse School of Economics (Bild), die private Wirtschaftsuniversität Luigi Bocconi in Mailand oder das tribünenartige Campusgebäude im peruanischen Lima. Sie kuratierten 2018 zudem die Biennale in Venedig.
Bild: Imago Images/H. Lucas/A. Nowak
2019: Arata Isozaki
Arata Isozaki sei "ein vielseitiger, maßgebender und wahrhaft internationaler Architekt" und mit seinem vorausschauenden Denken ein Visionär seiner Generation, urteilte die Jury des Pritzker-Preises 2019 über den mittlerweile verstorbenen japanischen Architekten. Zu seinen berühmtesten Bauten zählen das Museum of Contemporary Art in Los Angeles (Bild) und die Arena Palau Sant Jordi in Barcelona.
Bild: Westend61/IMAGO
2018: Balkrishna Doshi
"Es scheint, als solle ich einen Eid ablegen und mich mein Leben lang daran erinnern: der niedrigsten Klasse ordentliche Behausung zu bieten", sagte der 2023 verstorbene Balkrishna Doshi einmal. Das war 1954 - lange bevor der Le Corbusier-Schüler 1989 den Aranya-Wohnkomplex im indischen Indore errichtet hat. Ziel war es, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Heute leben dort 80.000 Menschen.
"Verwurzelt und der Welt zugewandt" sei ihre Architektur. Mit dieser Begründung verlieh die Jury dem spanischen Trio 2017 den Pritzker-Preis. Mit Rafael Aranda, Carme Pigem und Ramón Vilalta gewannen Architekten, die in kleinen Orten aktiv sind. Zu ihren bekanntesten Projekten zählen der öffentliche Raum am La Lira Theater im Ort Ripoll und der Kindergarten El Petit Comte in Besalú (Bild).
Bild: Pritzker Architecture Prize/Hisao Suzuki
2016: Alejandro Aravena
Der Chilene Alejandro Aravena stellt sich den großen Fragen der Gegenwart - und bindet Mensch und Umwelt in seine Projekte ein. Soziale Architektur, die unsere Welt verändern könnte. Das Innovation Centre auf dem Campus der Katholischen Universität in Santiago de Chile ist 14 Stockwerke hoch (Bild). Das Gebäude passt sich dem Klima an. Die Fassade schützt vor Sonne und Hitze.
Bild: Sebastian Silva/EPA/picture alliance
2015: Frei Otto
Frei Ottos Konstruktionen sind eine Hommage an die Leichtigkeit von Form und Material. Sein berühmtestes Werk ist das filigrane Dach des Münchner Olympiastadions (Bild). Der deutsche Architekt erhielt den Pritzker-Preis posthum, erfuhr aber noch vor seinem Tod von der bevorstehenden Ehrung. "Ich habe nie etwas getan, um diesen Preis zu erhalten", soll er daraufhin gesagt haben.
Bild: Marc Müller/dpa/picture alliance
2014: Shigeru Ban
Der japanische Architekt wurde für seinen Einsatz in humanitären Krisen ausgezeichnet. Er baute Notunterkünften in Ruanda, auf Haiti und den Philippinen. Dafür verwendete er auch unkonventionelle Materialien. Er habe zum Beispiel auf kreative Weise Pappe und gepresstes Papier verbaut, begründete die Jury ihre Entscheidung für Shigeru Ban. In Frankreich baute er das Centre Pompidou in Metz (Bild).
Bild: Phil Bird/Zoonar/picture alliance
2013: Toyo Ito
Dieses Appartmenthaus in Barcelona am Passeig de Gràcia baute Toyo Ito 2009. Mit seiner wellenförmigen Außenverkleidung erinnert es an den berühmtesten Sohn der katalanischen Stadt: Antoni Gaudí. Solche geschwungenen Formen sind das Markenzeichen des Japaners Toyo Ito, der damit seinen Bauten etwas Organisches und Körperliches verleiht.
Bild: Yuri Palmin/Arcaid/picture alliance
2012: Wang Shu
Wang Shu erhielt als erster Chinese den Pritzker-Preis. Nach Wangs Plänen entstand etwa ein 100 Meter hohes Wohnhaus, das für jede Wohnung auch einen kleinen Garten bekam. Die halb in den Grund eingesenkte Bibliothek der Universität im chinesischen Suzhou reflektiert Traditionen der Feng-Shui-Lehre. Das historische Museum von Ningbo (Bild) wirkt wie eine Mischung aus Berg und Festung.
Bild: The Nation/ANN/picture alliance
2011: Eduardo Souto de Moura
Berühmt ist etwa sein Fußballstadion im portugiesischen Braga, das er 2004 für die Europameisterschaft entwarf. Vier Jahre zuvor war der Portugiese Eduardo Souto de Moura für den Expo-Pavillon seines Landes zuständig. Die Formen seiner Bauten sind meist streng und zurückgenommen. So auch das Paula Rego Museum in Cascais (Bild).
Bild: Yuri Palmin/Arcaid/picture alliance
2009: Peter Zumthor
Unter den großen Baukünstlern der Welt gilt der Schweizer Peter Zumthor als eiserner Einzelgänger, bekannt für seine archaisch anmutende Architektur, die oft auch mit der "Entdeckung der Langsamkeit" einhergeht. Seine Bauwerke, wie das Kolumba-Museum in Köln (Bild), sind durch handwerkliche Gründlichkeit und den Respekt vor dem Ort und den Materialien geprägt.