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Brüssel: Zwei sind einer zu viel

26. Mai 2014

Zwei Kandidaten - aber nur ein Amt: Der Poker um den Chefposten der EU-Kommission geht in die nächste Runde. Die Zugewinne der Rechtspopulisten machen die Personalie nicht leichter.

Die Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker und Martin Schulz (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Nach ihrem Sieg bei der Europawahl ringen die Konservativen mit den zweitplatzierten, aber gestärkten Sozialisten um das Amt des EU-Kommissionspräsidenten. Spitzenkandidat der Konservativen ist Jean-Claude Juncker, für die Sozialdemokraten ging der Deutsche Martin Schulz ins Rennen.

Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen bei einem Sondertreffen an diesem Dienstag erstmals über die Nachfolge von Kommissionschef José Manuel Barroso beraten. "Wir brauchen ein europäisches Personalpaket", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin. Luxemburgs Ex-Regierungschef Juncker sei der Kandidat der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) für das Amt des Kommissionspräsidenten. Aber weder die EVP noch die europäischen Sozialisten könnten die Personalie aber alleine bestimmen.

"EVP muss Angebote machen"

SPD-Chef Sigmar Gabriel betonte in Berlin, gegen die Stimmen der Sozialdemokraten werde kein Kommissionspräsident gewählt. Die EVP werde "Angebote machen müssen", damit Juncker im Europaparlament eine Zustimmung erhält. "Das ist keinesfalls selbstverständlich." Juncker selbst zeigte sich in Brüssel verhandlungsbereit. "Ich bin bereit, über Substanzielles vor allem mit der sozialistischen Partei zu reden, weil es keine Mehrheit jenseits der sogenannten großen Koalition zwischen den Christdemokraten und den Sozialisten gibt."

Das Erstarken populistischer und rechter Parteien erschwert eine Mehrheitsfindung. Der konservative Parteienblock EVP errang nach vorläufigem Stand nur noch 213 der 751 Sitze im Europaparlament. Bisher waren es 273. Die Sozialdemokratische Partei Europas (SPE) kam danach mit 190 Sitzen (bisher 196) auf Platz zwei. Auf Platz drei liegen die Liberalen mit 64 Sitzen (bisher 83). Rechtsorientierte und populistische Parteien legten insgesamt von 64 auf rund 143 Mandate zu. Unklar ist, ob sie eine Fraktion bilden werden.

Schockerlebnisse bei etablierten Parteien

In Großbritannien lag die rechtspopulistische Partei UKIP vorn, in Dänemark die ebenfalls rechtspopulistische "Dansk Folkeparti" (Volkspartei). In Frankreich wurde der rechtsextreme "Front National" (FN) klar stärkste Kraft. Deren Spitzenkandidatin Marine Le Pen verlangte als innenpolitische Konsequenzen die Auflösung der Nationalversammlung und den Rücktritt von Premierminister Manuel Valls. Im Fernsehsender RTL hat Valls dies zurückgewiesen. Wegen des schlechten Abschneidens der oppositionellen Sozialisten in Spanien hat deren Chef Alfredo Pérez Rubalcaba inzwischen seinen Rücktritt angekündigt.

In Deutschland entschied die Union die Wahl für sich, sie erzielte aber mit 35,3 Prozent der Stimmen ihr schlechtestes Europa-Ergebnis seit 1979. Die Verluste gehen vor allem auf das Konto der CSU, die in Bayern fast acht Punkte einbüßte. Die SPD verbesserte sich deutlich auf 27,3 Prozent. die europaskeptische AfD zieht mit 7 Sitzen ins Brüsseler Parlament ein. Die Wahlbeteiligung blieb EU-weit mit etwa 43,1 Prozent niedrig. Rund 400 Millionen EU-Bürger waren zur Stimmabgabe aufgerufen.

Chancen für einen Kompromisskandidaten?

Die EU-Staats- und Regierungschefs, die den Kommissionschef vorschlagen, müssen das Wahlergebnis nur "berücksichtigen". Sie könnten auch einen Kompromisskandidaten vorschlagen. Doch Spitzenkandidat Juncker versuchte derartige Überlegungen in Brüssel zu zerstreuen: "Vergessen Sie das sofort." Die Wahl des Kommissionspräsidenten im EU-Parlament ist bisher für Mitte Juli vorgesehen. Nötig ist eine absolute Mehrheit.

jj/mak (dpa, afp)

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