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Züchtig und islamkonform

22. Juni 2010

Im Gazastreifen patrouillieren verhüllte Polizei-Beamtinnen und sorgen vor allem für den züchtigen, islamkonformen Umgang mit anderen Frauen. Sie stehen im Dienst der Hamas.

Frauenpolizei im Gazastreifen (Foto: AP)
Seit dem Oslo-Abkommen von 1993 gibt es in Gaza auch die Frauen-PolizeiBild: AP

Naremeen Odwan befehligt 200 Polizistinnen. Seit anderthalb Jahren leitet sie die Frauen-Abteilung bei der Hamas-Polizei im Gazastreifen. Sie steht im Rang eines Major, ist 30 Jahre alt und Mutter von fünf Kindern. Im Gazastreifen seien Polizistinnen in allen Polizeistationen und allen Bereichen vertreten, sagt Odwan, in der Drogenbekämpfung, bei der Kriminal- oder der Verkehrspolizei. Sie leitet die Mannschaften und organisiert die Zusammenarbeit, die Dienstpläne, die Urlaubszeiten und Fortbildungen.

Die Frauen-Polizei-Abteilung ist keine Neu-Erfindung der jetzigen Regierung. Es gab sie auch schon vor der Machtübernahme durch die Hamas im Jahr 2007, genau genommen seit den Oslo-Verträgen 1993. Unter der jetzigen Regierung allerdings wurde die Frauen-Quote erhöht.



Strikte Geschlechtertrennung

Unter der Hamas-Regierung gewann die Frauen-Abteilung der Polizei immer mehr an BedeutungBild: AP

Die Polizistinnen im Gazastreifen tragen hellgraue knöchellange Umhänge, einen dunkelgrauen Schleier, der das Gesicht frei lässt, und weiße Handschuhe. Grundsätzlich sind die Ordnungshüterinnen immer dann gefragt, wenn es um einen Kontakt mit Frauen geht, ob in Familienauseinandersetzungen oder bei der Bekämpfung des Drogenhandels. Innerhalb der Hamas-Polizei gilt eine strikte Trennung der Geschlechter: Wenn die Polizistinnen gemeinsam mit ihren männlichen Kollegen zu einem Einsatz müssen, fahren die beiden Mannschaften in getrennten Fahrzeugen.

Eine makellos sittliche Biografie sei die Grundvoraussetzungen für die Aufnahme in die Frauen-Polizei, erklärt die Polizei-Chefin Naremeen Odwan. "Wer sich bei uns bewirbt, muss körperlich fit sein und einen gefestigten Charakter haben. Man recherchiert in den Lebensläufen der Kandidatinnen und wenn sich dort negative Punkte finden, wird sie nicht akzeptiert." Wichtig seien auch Moral und der Sicherheitshintergrund, die Frauen dürften keine Spionin gewesen sein und noch nicht einmal Kontakte zu Israelis gehabt haben, sagt sie.



Hauptsache Einkommen?

Die Armut der Palästinenser ist groß im GazastreifenBild: AP

Abad hat die nötigen Anforderungen erfüllt. Sie ist 25 und eigentlich Diplomingenieurin. Jetzt arbeitet sie in der Verwaltung der Hamas-Polizei. Abad meidet den Blickkontakt mit ihrer Chefin während sie spricht. Sie sagt, sie wolle ein "konstruktives Element in der Gesellschaft sein". Ihre Sätze wirken irgendwie vorgefertigt, Begeisterung für ihre Arbeit ist Abad nicht anzumerken. Aber im Gazastreifen liegt die Erwerbslosenquote bei 39 Prozent. Etwa 70 Prozent der rund anderthalb Millionen Einwohner des Gazastreifens müssen von umgerechnet weniger als 80 Euro-Cent am Tag leben. Da erscheinen eine Festanstellung bei der Hamas-Polizei und ein monatlicher Verdienst von 220 Euro durchaus attraktiv.

Die Chefin der Frauen-Polizei, Naremeen Odwan, wirkt zurückhaltend. Ihr Lächeln ist schüchtern, fast mädchenhaft. Aber sie ist nicht zufällig Major bei der Hamas-Polizei: Odwan ist von Bedeutung und Sinn ihrer Arbeit überzeugt. Auf die Frage, ob es nicht befremdend für sie war, beruflich mit Waffen zu tun zu haben, geht ein Strahlen über ihr Gesicht. "Nein", sagt sie, "ganz und gar nicht. Ich war glücklich darüber. Ich hatte mir das seit langem gewünscht!" Und dann klingelt ihr Handy - und macht das Geräusch eines Maschinengewehrfeuers.

Autorin: Ruth Kinet
Redaktion: Ina Rottscheidt

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