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Politik

Zahl der Corona-Neuinfektionen steigt auf Rekordhöhe

10. März 2022

Erstmals in der Corona-Pandemie sind in Deutschland binnen eines Tages mehr als 250.000 neue Corona-Infektionen registriert worden. Derweil entfacht der Entwurf für eine neue Corona-Rechtsgrundlage eine heftige Debatte.

Deutschland | Coronavirus Fallzahl 10.03.2022
Ein Smartphone zeigt die aktuellen Zahlen der Corona-NeuinfektionenBild: Rüdiger Wölk/imago images

Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldet 262.752 Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Das sind 52.079 Fälle mehr als am Donnerstag vor einer Woche, als 210.673 positive Tests gezählt wurden. Insgesamt liegt damit in Deutschland die Zahl der bestätigten Infektionen bei mehr als 16,5 Millionen.

Auch die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz bei den Corona-Neuinfektionen ist erneut stark gestiegen – auf 1388,5. Am Mittwoch hatte er 1319,0 betragen, vor einer Woche 1265,0. Der Wert beziffert die Zahl der Neuansteckungen pro 100.000 Einwohner im Zeitraum von sieben Tagen. Experten gehen von einer hohen Zahl an Fällen aus, die in den RKI-Daten nicht erfasst sind. Ein Grund sind die begrenzten Kapazitäten etwa von Gesundheitsämtern, oft werden Kontakte nur noch eingeschränkt nachverfolgt.

Binnen 24 Stunden wurden laut RKI 259 weitere Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus registriert. Vor einer Woche waren es 267 Todesfälle. Die Gesamtzahl der verzeichneten Corona-Toten in Deutschland stieg damit auf 125.023. Die sogenannte Hospitalisierungsrate - also die Zahl der Corona-infizierten Patienten in den Kliniken je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen - kletterte von 6,15 am Dienstag auf 6,62 am Mittwoch.

Fachleute widersprechen

Unterdessen sorgt der Entwurf der Bundesregierung für die neue Corona-Rechtsgrundlage ab 20. März bei Politikern und Fachleuten für eine lebhafte Diskussion. "Es regiert das Prinzip Hoffnung", sagte der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe und der "Augsburger Allgemeinen". Der vereinbarte Basisschutz sei zwar besser als nichts. Aber: "Die Politik hat weitergehende, sinnvolle Maßnahmen erfolgreich zerredet."

Frank Ulrich MontgomeryBild: Guido Kirchner/dpa/picture alliance

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hält die geplante Änderung des Infektionsschutzgesetzes auch für ungenügend, um den Schutz aller vulnerablen Gruppen zu gewährleisten, etwa bei Pflegebedürftigen, die zuhause und nicht in Heimen leben. Der Vorstand der Stiftung, Eugen Brysch, sagte, die Koalition vergesse Millionen Hilfsbedürftige und ihre Angehörigen.

Wie sehen die neuen Regeln aus?

Geregelt wird in dem Entwurf, was die Länder weiter verordnen können, wenn zum 20. März wie vereinbart alle tiefgreifenden Schutzmaßnahmen entfallen. Möglich sein sollen dann noch Maskenpflichten in Pflegeheimen, Kliniken und öffentlichem Nahverkehr sowie Testpflichten in Pflegeheimen und Schulen. Bundesweit bleiben soll außerdem die Maskenpflicht in Fernzügen und Flugzeugen.

Wenn sich vor Ort die Corona-Lage zuspitzt, sollen dort einige schärfere Auflagen verhängt werden können: Maskenpflichten, Abstandsgebote, Hygienekonzepte sowie Impf-, Genesenen- oder Testnachweise - aber nur, wenn sich vorher das jeweilige Landesparlament damit befasst hat. Andere Maßnahmen wie etwa Kontaktbeschränkungen wurden auf Drängen der FDP aus dem Katalog der Schutzmöglichkeiten gestrichen, obwohl die weitere Entwicklung des Virus unklar ist. Ursprünglich hatte die Partei, die an der Ampel-Koalition in Berlin beteiligt ist, aber bis auf die Maskenpflicht alles streichen wollen.

Kritik aus den Bundesländern

Mehrere Bundesländer kritisierten den Koalitionskompromiss, auch Länderchefs aus dem Kreis der Parteien, die die sogenannte Ampel-Regierung in Berlin bilden. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann etwa hält es für "grob fahrlässig, wenn die Bundesregierung ohne Not wirksame Instrumente für den Notfall aus der Hand gibt". Vor allem das Tragen von Masken bleibe als sehr effektives Mittel zentral, sagte Kretschmann - es werde aber nach dem Entwurf massiv beschnitten.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried KretschmannBild: Michele Tantussi/REUTERS

Der Grünen-Politiker erklärte weiter: "Das ist kein wirksamer Basiskatalog, sondern ein Rumpfgerüst. Dazu wird uns hier ein Hauruck-Verfahren aufgezwungen, dass die Länder außen vor lässt." Wenn das Infektionsgeschehen wieder an Dynamik gewinne, dann sehe das neue Infektionsschutzgesetz ein "extrem kompliziertes Hotspotkonzept" vor. Den Ländern bleibe kaum Spielraum für schnelles, effektives Eingreifen. Die Reaktionsschnelligkeit sei aber der entscheidende Faktor für die erfolgreiche Kontrolle der Pandemie.

Kretschmanns niedersächsischer Kollege Stephan Weil (SPD) sagte: "Man wirft doch den Feuerlöscher nicht weg, wenn es noch brennt." Auch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) äußerte sich kritisch.

Etwas positiver fiel die Stellungnahme von Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) aus: "In der gegenwärtigen Lage halte ich das für eine verantwortbare Regelung", sagte er der Zeitung "Die Welt". "Sollte sich das Pandemiegeschehen künftig allerdings grundlegend ändern und eine flächendeckende Überlastung des Gesundheitswesens drohen, müsste der Bundesgesetzgeber noch einmal nachbessern."

Fokus auf Eigenverantwortung

Vertreter der Bundesregierung und Koalitionsabgeordnete wandten sich gegen die Kritik. Die neuen Hotspot-Regelungen trügen den Wünschen der Länder Rechnung, bei Bedarf schärfere Maßnahmen anzuordnen, sagte Gesundheits-Staatssekretärin Sabine Dittmar (SPD) der "Augsburger Allgemeinen". Und der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann sagte der Zeitung, künftig stünden Eigenverantwortung und Schutz der vulnerablen Gruppen im Mittelpunkt.

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) lobte den Entwurf, forderte aber noch Änderungen in Details, "um Missverständnisse und unterschiedliche Interpretationen auszuschließen", wie er der "Welt" sagte. "Insbesondere müssen die Eingriffsschwellen für die Hotspot-Maßnahmen im Gesetz genau definiert werden."

kle/fab (afp, dpa, rtr)

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