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Politik

Zahl der getöteten Palästinenser steigt auf 59

14. Mai 2018

Im Zuge der Gewalt an der Grenze zwischen Gazastreifen und Israel starb auch ein acht Monate altes Mädchen - es erstickte nach dem Einatmen von Tränengas. Die Unruhen dürften an diesem Dienstag eine Fortsetzung erfahren.

Ein palästinensischer Junge wird nach dem Einatmen von Tränengas weggetragen (Foto: Getty Images/S. Platt)
Ein palästinensischer Junge wird nach dem Einatmen von Tränengas weggetragenBild: Getty Images/S. Platt

Die Zahl der bei gewalttätigen Auseinandersetzungen im Gazastreifen an der Grenze zu Israel getöteten Palästinenser ist auf 59 gestiegen. Ein acht Monate altes Mädchen sei erstickt, nachdem es von israelischen Soldaten eingesetztes Tränengas eingeatmet habe, teilte das Gesundheitsministerium in Gaza mit. Die Zahl der am Montag bei Massenprotesten verletzten Palästinenser belaufe sich auf 2771, etwa die Hälfte von ihnen habe Schussverletzungen erlitten.

Palästinenser gedenken am Nakba-Tag der Vertreibung

Die Proteste im Gazastreifen richteten sich gegen die Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem sowie eine mehr als zehnjährige Blockade des Küstenstreifens durch Israel und Ägypten. Nach den schweren Zusammenstößen ist zunächst nicht mit einer Entspannung zu rechnen. Auch für diesen Dienstag sind wieder Demonstrationen in den Palästinensergebieten geplant. Am 15. Mai gedenken die Palästinenser am Nakba-Tag (deutsch: Katastrophe oder Unglück) der Vertreibung und der Flucht Hunderttausender Landsleute während des ersten Nahost-Krieges 1948 im Zuge der israelischen Staatsgründung.

Israels Vorgehen an der Gaza-Grenze wurde von vielen Ländern, insbesondere in der arabischen Welt, scharf kritisiert. Auf Antrag Kuwaits kommt der Sicherheitsrat um 16.00 Uhr MESZ zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Israel wirft jedoch der im Gazastreifen herrschenden Hamas vor, Zivilisten im Konflikt auf zynische Weise als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen. Israels Armee hat den Auftrag, Palästinenser um jeden Preis daran zu hindern, die Gaza-Grenze zu überqueren. Die Hamas wolle unter dem Deckmantel der Proteste Anschläge in israelischen Grenzorten verüben, sagte Armeesprecher Ronen Manelis. 

Die Hamas sei schuld, sagen die USA

So sehen es auch die USA. Die Regierung in Washington weist die Verantwortung für die Gewalt im Gazastreifen voll und ganz der radikal-islamischen Hamas zu. Die Hamas habe die Situation absichtlich und auf zynische Weise ausgenutzt, sagte ein Sprecher von US-Präsident Donald Trump.

Trump selbst ging auf die Frage, wer Schuld an der Gewalteskaltion trage, nicht ausdrücklich ein. Anlässlich der Feierlichkeiten zur Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem hob er stattdessen die Freundschaft zwischen den USA und Israel hervor. Mögliche Rechte der Palästinenser erwähnte er nicht. "Israel ist eine souveräne Nation mit dem Recht, seine Hauptstadt selbst zu bestimmen", sagte Trump, der nicht persönlich nach Jerusalem gekommen war, sondern sich in einer Videobotschaft äußerte.

Der US-Präsident hatte im Dezember in einem umstrittenen Alleingang Jerusalem als Israels Hauptstadt anerkannt. Die Entscheidung wurde international scharf kritisiert. Es kam seither immer wieder zu Unruhen in den Palästinensergebieten. Israel hat den Ostteil Jerusalems im Sechstagekrieg 1967 erobert. Den Anspruch der Palästinenser auf Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines eigenen Staates Palästina lehnt Israel ab. Doch die internationale Gemeinschaft pocht darauf, dass der künftige Grenzverlauf in Verhandlungen beider Seiten geklärt wird.

Ihr Vater kam nicht zur Botschaftseröffnung, dafür aber Ivanka TrumpBild: picture-alliance/AP Photo/S. Scheiner

"Danke, Präsident Trump"

Ungeachtet dessen bezeichnete Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu die Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem als "glorreichen Tag". Israel habe "keine besseren Freunde auf der Welt" als die USA. "Danke, Präsident Trump, dass Sie den Mut hatten, ihre Versprechungen einzuhalten!" Es sei auch "ein großer Tag für den Frieden", sagte Netanjahu. "Ein Frieden, der auf Lügen basiert, kann nur an den Felsen der nahöstlichen Realität zerschellen."

Die Bundesregierung rief angesichts der Auseinandersetzungen zur Mäßigung auf. Die Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem dürfe kein Anlass für Gewalt sein, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin. Im Konflikt um den Status von Jerusalem könne es nur eine einvernehmliche Verhandlungslösung geben.

Scharfe Kritik von Erdogan 

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte in London, Amerika sei nun nicht mehr Teil der Lösung des Nahostkonflikts, sondern Teil des Problems. Washington habe seine "Rolle als Vermittler im Friedensprozess des Mittleren Ostens verwirkt und verloren". Erdogan ging noch einen Schritt weiter und bezeichnete Israel als "Terrorstaat", der einen "Genozid" betreibe. Der türkische Botschafter wurde nicht nur aus Israel, sondern auch aus den USA zurückbeordert. Ob es zu einer weiteren Verschärfung der diplomatischen Beziehungen kommt, ist unklar.

sti/haz/sam (dpa, rtr, afp, ap)

 

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