Nun 290 Todesopfer nach Anschlagsserie
22. April 2019Die Zahl der Todesopfer nach den Bombenanschlägen auf Kirchen und Hotels in Sri Lanka ist auf 290 gestiegen. Mehr als 500 Menschen wurden verletzt, wie ein Polizeisprecher in der Hauptstadt Colombo mitteilte. Präsident Maithripala Sirisena ordnete Regierungskreisen zufolge für den Vormittag ein Treffen des nationalen Sicherheitsrates an, um über die Lage zu beraten. Auch Ministerpräsident Ranil Wickremesinghe sollte daran teilnehmen. Die nach den Attentaten verhängte Ausgangssperre wurde wieder aufgehoben. Der Zugang zu den sozialen Medien bleibt weiter gesperrt. Die Schulen sollen bis Dienstag geschlossen bleiben, die Universitäten unbefristet.
Die Attentate, zu denen sich bislang niemand bekannte, sind die schwersten in Sri Lanka seit Ende des Bürgerkrieges vor zehn Jahren. Es gab mindestens acht Detonationen, darunter drei in Kirchen und drei weitere in Luxushotels.
Vize-Verteidigungsminister Ruwan Wijewardene sprach von einer "terroristischen Attacke" und machte Extremisten für die Bluttaten verantwortlich. Die Verantwortlichen seien identifiziert, sagte er ohne nähere Angaben zu machen. Bei einer Razzia in einem Haus in Colombo wurden nach Regierungsangaben in Zusammenhang mit der Explosionsserie 13 Personen festgenommen. Bei den Verdächtigen handle es sich um Einwohner des Inselstaats, allerdings gingen die Behörden auch möglichen Verbindungen ins Ausland nach, sagte Regierungschef Wickremesinghe. Bei dem Einsatz wurden drei Polizisten getötet.
Bei den Kirchen handelte es sich um die St. Antonius-Kirche in der Hauptstadt Colombo, die St. Sebastians-Kirche im rund 30 Kilometer von der Hauptstadt entfernten Negombo sowie die Zionskirche in Batticaloa, rund 250 Kilometer östlich von Colombo. In den Gotteshäusern fanden gerade Ostermessen statt. Dort gab es die meisten Opfer.
Außerdem gab es Explosionen in den 5-Sterne-Hotels Shangri-La, Cinnamon Grand und Kingsbury in Colombo. Dort sollen auch Ausländer getötet und verletzt worden sein. Später wurde eine siebte Explosion in einem kleinen Hotel in einem Vorort der Hauptstadt Colombo gemeldet. Eine achte Explosion ereignete sich am Nachmittag (Ortszeit) in einer Wohngegend in Dematagoda, einem anderen Vorort Colombos.
Die Explosionen in den Kirchen und Luxushotels fanden fast zeitgleich statt. Die erste wurde aus der Kirche in Colombo gemeldet, die übrigen fünf alle innerhalb von nur 30 Minuten. Zumindest bei der Attacke auf die Kirche in Negombo ist sich die Polizei sicher, dass sie von einem Selbstmordattentäter ausgeführt wurde. Bei einigen der anderen Angriffe vermutet die Polizei dies. Man gehe Hinweisen von Augenzeugen nach, dass alle Anschläge auf das Konto von Selbstmordattentätern gehen könnten.
Mit dem Sprengsatz auf dem Rücken zum Frühstücksbuffet
Augenzeugenberichte machen deutlich, wie perfide die Täter vorgegangen sind. Der Attentäter im Luxushotel Cinnamon habe mit seinem Teller am Frühstückbuffet gewartet, bis er an der Reihe war, berichteten Überlebende der Nachrichtenagentur AFP. Dann habe er den Sprengstoff auf seinem Rücken gezündet. Binnen Sekunden habe sich der Speiseraum in ein wahres Inferno verwandelt.
Unter den Opfern sollen sich mindestens 30 ausländische Staatsbürger befinden. Bestätigt haben bisher die Niederlande und Portugal, dass sich jeweils einer ihrer Bürger unter den Toten befindet. Auch Dänen und US-Amerikaner befinden sich nach Angaben ihrer Heimatländer unter der Toten. Nach Angaben des Außenministeriums in Colombo zählen zu den identifizierten Ausländern zudem drei Inder, zwei Türken und drei Briten. Zudem berichten Medien in China von getöteten Landsleuten.
International herrschen Entsetzen und Bestürzung über den blutigen Terror am Osterfest. Der südasiatische Inselstaat mit seinen tropischen Stränden ist ein beliebtes Touristenziel, auch für Deutsche und andere Europäer. Dort hat es seit Jahren keinen größeren Anschlag gegeben. Allerdings hat die Polizei vor zehn Tagen vor Plänen einer radikalislamischen Gruppierung gewarnt, Selbstmordanschläge auf bekannte Kirchen sowie auf die indische Botschaft in Colombo zu verüben. Sie berief sich dabei auf Informationen eines "ausländischen Geheimdienstes". Nur etwa sieben Prozent der Bevölkerung Sri Lankas sind Christen. Die große Mehrheit sind Buddhisten.
sti/qu/uh (dpa, afp, rtr, ape, kna)