Von der Caipirinha bis zur Samba sind kulturelle Errungenschaften des südamerikanischen Landes hierzulande sehr beliebt – und das nicht nur während der Olympischen Spiele. Wir stellen brasilianische Erfolgsprodukte vor.
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Zehn brasilianische Exportartikel, die in Deutschland heimisch wurden
Die Deutschen lieben Brasilien, längst haben es viele kulturelle Errungenschaften des südamerikanischen Landes nach Deutschland geschafft. Wir stellen bekannte und weniger bekannte brasilianische Erfolgsprodukte vor.
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Der Kultcocktail: Caipirinha
Der Siegeszug der Caipirinha in Deutschland begann Ende der 90er Jahre. Seitdem gehört der Cocktail landesweit zum Standardangebot. Die Zutaten: Limettensaft, Zuckerrohrschnaps (Cachaça), Zucker und Eis. Doch während man sich in Brasilien mit weißem Zucker und Eiswürfeln begnügt, wird in Deutschland brauner Zucker und zerstoßenes Eis verwendet. Serviert wird die Caipirinha mit zwei Strohhalmen.
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Das Nationalgericht: Feijoada
Längst findet man in jeder größeren Stadt ein brasilianisches Restaurant. Neben den beliebten Fleischgerichten darf die Feijoada nicht auf der Speisekarte fehlen. Ursprünglich ein Sklavenessen, ist der Eintopf mit schwarzen Bohnen heute Brasiliens Nationalgericht. Angereichert ist er mit Trockenfleisch und Schweineohren und –füßen. Als Beilage gibt es "Farofa", angeröstetes Maniokmehl, und Reis.
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Der Kampftanz: Capoeira
Auch die Capoeira ist ein Vermächtnis der Sklaven. Sie tarnten die Kampfsportart als Tanz, um ihre Aufpasser zu täuschen. Zwei Capoeiristas stehen in der Mitte eines Kreises, der "roda" und teilen spielerisch Fußtritte und Schläge aus. Dazu ertönt der Klang des Musikbogens "Berimbau". Viele Deutsche sind der Capoeira schon verfallen, aber Achtung: Ohne akrobatisches Können kommt man nicht weit.
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Literarische Bestseller: Amado und Coelho
Zwei brasilianische Schriftsteller haben es zu Weltruhm gebracht, viele ihrer Werke finden sich auch in deutschen Bücherregalen wieder. Der 2001 verstorbene Bahianer Jorge Amado schilderte in Romanen wie "Gabriela wie Zimt und Nelken" das Leben und Überleben der einfachen Leute. Sein Landsmann Paulo Coelho (Foto) wurde mit "Der Alchimist" bekannt und geht mit dem Leser auf die spirituelle Suche.
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Unwiderstehlich: die Samba
Dem hypnotischen Klang der Sambarhythmen kann man sich kaum entziehen. So versuchen auch deutsche Tänzer, sich auf dem Parkett möglichst feurig zu geben. Schon in den 50er Jahren gehörte die Samba zum Standardprogramm der Tanzschulen, nur kurzzeitig machte ihm die Lambada den Platz als beliebtester brasilianischer Tanz streitig. In Bremen verströmt der Samba-Karneval echtes Rio-Feeling.
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Trommelkonzert: die Batucada
Wo Samba getanzt wird, ist die Batucada nicht weit: Das sind die kraftvollen Trommelschläge, die den Rhythmus vorgeben. Batucada-Gruppen spielen aber nicht nur an Karneval auf, sondern verschaffen sich auch sonst lautstark Gehör: bei Festivals, bei Demonstrationen, bei Großveranstaltungen wie Marathonläufen – oder einfach aus purer Lebensfreude im Park.
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Sandalen aus São Paulo: Flip-Flops
In Brasilien heißen die beliebten Badelatschen "Havaianas". Die Erfinder haben sich von der japanischen Zori-Sandale aus dem 19. Jahrhundert inspirieren lassen: ebenfalls ein Zehentrenner, allerdings aus Gras. 1962 kam die brasilianische Variante aus Gummi auf den Markt und schlug ein wie eine Bombe. Heute gibt es die Sandalen in allen möglichen Varianten mit Glitzer, Strass und Blümchen.
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Bikini auf Brasilianisch: das Zahnseide-Modell
Der Bikini wurde zwar anderswo erfunden, aber in den 70er Jahren präsentierten brasilianische Designer das knappste Bikini-Höschen der Welt: Ein Streifen Stoff mit der Breite eines Schnürsenkels bahnte sich seinen Weg durch die Pobacken, der "Fio Dental" war geboren. In Deutschland übersetzte man das wortgetreu mit Zahnseide-Bikini - das Modell setzte sich aber nur bei schlanken Badenixen durch.
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Wundermittel aus dem Dschungel: Guaraná
Die Pflanze aus dem Amazonas soll müde Menschen munter machen. Sie liefert fünfmal mehr Koffein als eine Kaffeebohne, hat aber weniger Nebenwirkungen. Die Indios nutzen den Guaraná-Samen schon seit Jahrhunderten als Energiereserve. In Deutschland gibt es das in Brasilien sehr beliebte Brausegetränk "Guaraná" nur vereinzelt, den Samen gibt es als Pulver, Tee oder in Kapseln überall im Handel.
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Preisgekrönt: das Oscar-Niemeyer-Haus
Im Berliner Hansaviertel, neben dem Park von Schloss Bellevue, steht ein von Oscar Niemeyer entworfenes Hochhaus. Es ist das einzige Gebäude des brasilianischen Stararchitekten in Deutschland. Niemeyer, der die Hauptstadt Brasília auf dem Reißbrett entwarf, leistete mit dem Stelzenbau seinen Beitrag zur Internationalen Bauausstellung 1957. Das Haus gilt als Baudenkmal der "Neuen Moderne".
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"Eine Caipi bitte": Vor 30 Jahren hätte man auf den lässig dahin geworfenen Spruch an der Bar nur Kopfschütteln geerntet. "Caipi- was?" Heute hat jede Hinterhof-Bar, die etwas auf sich hält, den brasilianischen Kultcocktail Caipirinha im Angebot. Sogar mit flüssigem braunem Rohrzucker und zerstoßenem Eis. Da ist der deutsche Cocktail dem Original voraus – denn im Heimatland des süffigen Drinks begnügt man sich mit stinknormalem weißen Zucker, und die Eiswürfel klirren ganz ungecrusht im Glas. Auch der eingedeutschte Name ist im Mutterland der Caipirinha unbekannt: Ein schlichtes "Caipi" kommt der hiesigen Klientel nach dem dritten Drink aber viel leichter über die Lippen, und nach dem Genuss fühlt man sich auch gleich irgendwie brasilianisch beschwingt.
Positive Klischees
Die Deutschen, und nicht nur sie, lieben Brasilien. Und zwar allen Negativschlagzeilen zum Trotz, die derzeit die Medien beherrschen - wie Korruption, Gewalt und Favela-Krieg. Die Brasilianer sind eines der wenigen Völker, die fast durchweg mit positiven Klischees bedacht werden. Einen großen Anteil daran hat die Lebensfreude, die die Menschen ausstrahlen. Sie wirkt einfach ansteckend.
Das zeigt sich auch in der Kultur, oder besser gesagt: den Kulturen des Landes. Brasilien ist 24-mal so groß wie Deutschland und hat über 200 Millionen Einwohner mit den unterschiedlichsten ethnischen Wurzeln: Indios, die Nachfahren sowohl von portugiesischen und holländischen Kolonialherren als auch von Afrikanern, die als Sklaven nach Südamerika verschleppt wurden, und später dann Einwanderer aus Europa und Asien. Viele Traditionen und Bräuche haben sich hier vermischt, und herausgekommen ist weit mehr als Fußball, Samba und Karneval.
Von der Samba zur Hinterwäldler-Musik
Fußball und Karneval brauchen Brasilien-Fans allerdings nicht zu importieren, beides gibt und gab es hier schon lange. Die afrikanisch inspirierte Samba hingegen startete ihren Siegeszug nach Europa in den 1950er Jahren. So stolperten deutsche Tanzschüler im akkuraten Anzug mit ihren Partnerinnen im Glockenrock übers Parkett. Mit dem leichtfüßigen Getänzel leicht bekleideter brasilianischer Schönheiten aus den Samba-Schulen hatten die Schrittfolge allerdings wenig zu tun. Die europäische Variante bedient sich zwar des Rhythmus, aber auch nicht viel mehr. 1959 wurde die Samba ins Turnierprogramm der lateinamerikanischen Tänze aufgenommen.
In dieser Zeit schwappte auch die Bossa Nova-Welle über den großen Teich. Überhaupt Musik: Brasilianische Superstars wie Gilberto Gil oder später Daniela Mercury, Vertreter der sogenannten "música popular brasileira" (MPB), füllten ab den 1990ern Jahren auch deutsche Konzerthallen. Und in den 2010ern schafften es sogar Hits der "música sertaneja", der "Hinterwäldler-Musik" aus dem ländlichen Nordosten, in deutsche Charts - wie zum Beispiel "Eu Te Pego!" von Michel Teló. Vereinzelt hört man in deutschen Bars weitere andere Musikstile: Forró, Axé oder Pagode. Brasiliens Musik ist weiter auf Exportkurs.
Lautstark kunden davon immer wieder die Batucada-Trommelgruppen, die bei Großveranstaltungen durch deutsche Städte ziehen und sich im hypnotischen Rhythmus die Seele aus dem Leib trommeln.
Schweineohren, Hawaii und Zahnseide
Danach könnten sie sich bei einer "Feijoada" stärken - noch so ein Wort, das deutsche Zungen nicht einfach bewältigen. Denn das Nationalgericht der Brasilianer ist ein Bohneneintopf mit Schweinohren- und Füßen, der mittlerweile auch in Deutschland auf der Speisekarte steht: In jeder größeren Stadt haben sich nämlich brasilianische Restaurants angesiedelt. Statt behaarten Krallen und spitzen Öhrchen serviert man hierzulande aber für das Auge gefälligere Fleischstückchen.
Zugegeben, die Feijoada ist nicht jedermanns Sache, ebenso wenig wie der Kampftanz "Capoeira". Aber es gibt auch Alltagsutensilien, von denen viele gar nicht wissen, dass sie aus Brasilien stammen. Dazu gehören die praktischen Flip-Flops, die man in Brasilien "Havaianas" nennt – der Name war eine Anspielung auf den von Hollywood in blühenden Farben geschilderten US-Bundesstaat "Hawaii, in den 1960ern für viele der Sehnsuchtsort schlechthin. Und dann wäre da noch der "Zahnseide-Bikini", bei dem sich ein schmales Stück Stoff seinen Weg durch die Pobacken bahnt. Er machte vor allem in den 70ern Furore, als dunkelhaarige Schönheiten ihn am Strand von Copacabana zur Schau trugen – und deutsche Frauen sich kurz darauf ebenfalls in das fast nicht vorhandene Kleidungsstück wagten. Heute sind auf beiden Seiten des Atlantiks allerdings eher Tangas angesagt. Und während man sich darin am Strand bräunt, kann eine "Caipi" nicht schaden. Saúde, Prost!