Zehntausende gehen in Ungarn auf die Straße
10. April 2017Nach Angaben der Organisatoren nahmen 80.000 Menschen an der Kundgebung im Zentrum von Budapest teil, die Nachrichtenagentur AFP spricht lediglich von 60.000. Zu dem Protest hatte die Facebookgruppe "Für Bildungsfreiheit" aufgerufen. Die Menge zog vom Donauufer vor das Parlament.
Wie schon bei einer ähnlichen Demonstration am vergangenen Montag forderten Gegner des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban den Erhalt der privaten amerikanisch geführten Central European University (CEU). Die Regierung hatte am Dienstag im Eilverfahren ein Gesetz durchs Parlament gepeitscht, das Bestimmungen enthält, die den künftigen Betrieb der Universität unmöglich machen.
Die Hochschule, an der derzeit 1400 Studenten aus 108 Ländern eingeschrieben sind, wurde 1991 vom US-Milliardär George Soros gegründet. Dieser wollte damit nach dem Ende des Kommunismus die Ausbreitung der Ideen von Demokratie und Liberalismus im ehemals kommunistischen Raum unterstützen. Orban hingegen bekennt sich zum Ausbau eines "illiberalen" Staates und sieht in Soros eine Bedrohung für seine Pläne.
Spannungen im US-ungarischen Verhältnis
Auf dem Kossuth-Platz in Budapest forderten die Demonstranten Präsident Janos Ader auf, das Gesetz per Veto zu blockieren. Ader, der Obans regierender Fidesz-Partei angehört, war im März vom Parlament für eine fünfjährigen zweite Amtszeit wiedergewählt worden. Die Protestierenden skandierten Ausrufe wie "Freies Land, freie Bildung", "Orban raus", "Viktator" und "Europa, Europa".
CEU-Student Daniel Berg sagte vor der Menge, in der Karriere eines jeden Politikers gebe es Momente, "in denen sie die Chance haben zu beweisen, dass sie Volksvertreter und Staatsmänner sind anstatt nur Fußknechte ihrer Partei". Ein Land, das Bildungseinrichtungen schließe, "kann nicht erfolgreich sein", erklärte Berg.
Auch außerhalb Ungarns protestierten Hunderte Spitzenwissenschaftler und zahlreiche Nobelpreisträger gegen die potentielle Schließung der CEU. Mehr als 900 Akademiker aus aller Welt unterzeichneten einen entsprechenden Protestbrief. Auch die Bundesregierung äußerte sich kritisch. Zudem führte das neue Gesetz zu Verstimmungen im ungarisch-amerikanischen Verhältnis. Anfang der kommenden Woche wird der Europa-Beauftragte des US-Außenamtes, Hoyt Yee, zu Gesprächen in der ungarischen Hauptstadt erwartet.
hk/jj (dpa, afp)