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Gesellschaft

Zehntausende Kinder in Australien missbraucht

15. Dezember 2017

Fünf Jahre lang hat eine Kommission Daten zum sexuellen Missbrauch von Kindern in Australien gesammelt. Es war eine der weltweit größten Untersuchungen. Der Abschlussbericht, der nun vorliegt, ist mehr als erschütternd.


Australien Abschlussbericht der Missbrauchskommission
Bild: Reuters

Zehntausende von Kindern sind in den vergangenen Jahrzehnten in kirchlichen und staatlichen Einrichtungen Australiens sexuell missbraucht worden. "Die genaue Zahl werden wir nie wissen", heißt es in dem Abschlussbericht der staatlichen Untersuchungskommission, der in Canberra der australischen Regierung übergeben wurde. Geschätzt wird, dass etwa 60.000 Menschen Anspruch auf Entschädigung geltend machen können.

Im Zentrum steht die katholische Kirche 

Insgesamt berichtet die Kommission von Missbrauchsfällen in mehr als 4000 verschiedenen Einrichtungen, zum Beispiel in staatlichen und kirchlichen Schulen, bei Pfadfindern oder katholischen Jugendgruppen. Im Zentrum steht die katholische Kirche. Laut den Untersuchungen haben bis zu 40 Prozent der Mitglieder von Ordensgemeinschaften und sieben Prozent der Priester Kinder sexuell genötigt. Das Durchschnittsalter der Missbrauchsopfer in Australien lag demnach bei Mädchen bei zehn Jahren und bei Jungen bei elf Jahren. Die Jungen waren allerdings mit 90 Prozent die mit Abstand größte Opfergruppe.

Anthony Foster - seine zwei Töchter wurden von einem australischen Priester missbraucht - kämpft für mehr Aufmerksamkeit (Archivbild) Bild: privat

Kommissionschef Philip Reed weist darauf hin, in nicht öffentlichen Sitzungen seien die Schilderungen von etwa 8000 Opfern aufgenommen worden. Zudem seien in öffentlichen Anhörungen und in Sitzungstagen Aussagen von mehr als 1300 Zeugen protokolliert worden. Insgesamt wurden mehr als 1,2 Millionen Dokumente gesichtet. Reed sagt, es gebe "keine einfache Erklärung" dafür, wie es "zu all dem" kommen konnte. Die Untersuchungskommission war 2012 von der damaligen Premierministerin Julia Gillard eingerichtet worden, nachdem in Australien eine Reihe schwerer Missbrauchsfälle bekannt geworden waren.

Mehr als 400 Vorschläge zur Prävention

Das Gremium macht auch mehr als 400 Vorschläge, mit denen verhindert werden soll, dass sich solche Missbrauchsfälle wiederholen. Dazu gehört, dass sich künftig strafbar macht, wer von Sexualvergehen an Kindern weiß und diese nicht anzeigt. Zudem soll eine nationale Behörde zum Schutz von Kindern eingerichtet werden. An Kindergärten und Grundschulen soll künftig früher gewarnt werden. An die katholische Kirche erging unter anderem die Empfehlung, über eine Abschaffung des Pflichtzölibats bei Priestern und Ordensträgern nachzudenken.

Die Untersuchungskommission bei einer ihrer Anhörungen Bild: Reuters

Francis Sullivan, Vorsitzender des "Rates für Wahrheit, Gerechtigkeit und Heilung" (TJHC) der katholischen Bischofskonferenz in Australien, rief die katholische Kirche nachdrücklich auf, aus dem Bericht Konsequenzen zu ziehen und grundlegende Reformen einzuleiten. "Die Kirchenführer können sich entschuldigen, bis sie blau anlaufen, aber solange sie nicht durch Taten zeigen, dass sie wirklich die Verantwortung übernehmen, wird ihnen niemand zuhören." Es gebe im Umkreis von Bischöfen noch immer "reaktionäre Interessengruppen", die den Kommissionsbericht verdrängen wollten.

Als Verbindungsgremium zur Missbrauchskommission hatten die katholischen Bischöfe den TJHC gegründet.

Katholische Kirche entschuldigt sich

Der Erzbischof von Melbourne, Denis Hart, versprach, die Schlussfolgerungen der Ermittlungskommission würden "sehr ernst" genommen. "Im Namen der katholischen Bischöfe und religiösen Führer erneuere ich unsere uneingeschränkte Entschuldigung an die Betroffenen für dieses Leid."

Die Forderung der Kommission, das Beichtgeheimnis zu lockern, damit Priester Fälle sexuellen Missbrauchs anzeigen könnten, von denen sie im Beichtstuhl erfahren, lehnte der Erzbischof jedoch ab. Für die katholische Kirche sei das Beichtgeheimnis von großer Bedeutung, sagte Hart. Falls Geistliche dagegen verstießen, drohe ihnen die Exkommunikation, also der Ausschluss aus der Kirche.

Australiens konservativer Premierminister Malcolm Turnbull sprach von einer "nationalen Tragödie". Er kündigte an, im Januar ein Gremium zur Umsetzung der Kommissionsvorschläge einzusetzen. 

se/fab (rtr, kna, ap, dpa)

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