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Politik

Hüpfen fürs Klima

Tessa Clara Walther
29. November 2019

Wieder sind Hunderttausende weltweit gegen den Klimawandel auf die Straßen gegangen. Auch in Berlin haben Schüler und Erwachsene protestiert, trotz des Wintereinbruchs. Vor allem das "Klimapaketchen" bewegt sie.

Berlin | Klimastreik: Fridays for Future (DW/K. Brady)
Mit Plakaten vor dem Brandenburger Tor: Rund 60.000 Teilnehmer kamen zum Klimastreik in Berlin Bild: DW/T. Walther

Eisiger Wind, sechs Grad, Nieselregen: Es ist ungemütlich in Berlin. Liv hat ihre Mütze tief in die Stirn gezogen, in den Händen hält sie ein selbst gemaltes Schild mit der Frage: "Opa, was ist ein Schneemann?". "Es ist wichtig, dass wir heute alle hier sind, um zu zeigen, dass es so nicht weitergeht", sagt die Zwölfjährige. Sie will den Politikern die Augen für eine mögliche Klimakatastrophe öffnen. Aber auch zu Hause streikt sie, wenn nötig: "Meine Eltern wollten mit mir und meinem Bruder nach Australien fliegen, aber das verbraucht so viel CO2! Jetzt machen wir Urlaub an der Ostsee".

Liv ist eine von rund 60.000 Menschen, die am Freitag durch die Berliner Innenstadt ziehen. Insgesamt organisierte die Klimabewegung "Fridays for Future" in Deutschland Proteste an rund 500 Orten. International waren nach Angaben des Netzwerks über 2400 Städte in mehr als 150 Ländern dabei. Es ist der vierte weltweit koordinierte Protest. Kurz vor der Weltklimakonferenz in Madrid fordern die Demonstranten die Politik auf, mehr für die Bekämpfung der Erderwärmung zu unternehmen.

"Wer nicht hüpft, der ist für Kohle!"

"Subventionen für Kohle, Öl und Gas müssen weg! Und zwar sofort!", rufen die Organisatoren von "Fridays for Future" kämpferisch von der großen Bühne vor dem Brandenburger Tor. "Nur noch erneuerbare Energien!" Die Menge vor ihnen jubelt. Während auf der Bühne die Band SEEED spielt, wird gemeinsam gegen die Kälte angesprungen: "Wer nicht hüpft, der ist für Kohle, hey, hey!".

Mit ihrem Plakat will die 12-jährige Liv auf dem Berliner Klimastreik die Politik wachrütteln Bild: DW/K. Brady

Die 15-jährige Karla springt mit. Sie bespricht den "climate change", den Klimawandel, gerade im Englischunterricht und hat selbst viel an ihrem Verhalten geändert, um klimafreundlicher zu leben. "Ich mache bei uns zu Hause jetzt immer das Licht aus, wenn meine Eltern es vergessen. Und wenn wir zum Markt gehen, dann nehme ich wiederverwendbare Tüten mit, damit wir weniger Plastik benutzen". Sie hofft, dass die Klimaziele durch die Weltklimakonferenz in Madrid endlich verbindlicher werden und Staaten im Zweifel auch bestraft werden, falls sie diese nicht einhalten sollten.

Das "Klimapaketchen"

Die Gruppe zieht los, es geht einmal durchs Regierungsviertel. Viele in der Menge sind sich einig: Das nur ein paar Meter weiter beschlossene Klimapaket geht nicht weit genug. Es sieht unter anderem eine CO2-Bepreisung, günstigere Bahntickets und einen subventionieren Wechsel von Öl- zu Gasheizungen vor. Auch Anna, 16 Jahre alt, ist nicht überzeugt: "Wir haben jetzt ein 'Klimapaketchen', kein Paket. Die CO2-Preise sind zum Beispiel viel zu niedrig angesetzt, deshalb werden viele große Konzerne nichts an ihrem klimaschädlichen Verhalten ändern."

Andreas Flocke kämpft mit "Entrepreneurs for Future" gegen den KlimawandelBild: DW/K. Brady

Genau dieses Klimapaket diskutierte am Freitag auch der Bundesrat. Besonders die Bundesländer in denen die Grünen mitregieren, zeigten sich kritisch und erzwangen deshalb Nachverhandlungen. Aber nicht alles wurde abgelehnt: Für das Klimaschutzgesetz mit festen Vorgaben fürs Einsparen von Treibhausgasen, zum Beispiel in Verkehr und Landwirtschaft, machten die Länder den Weg frei.

Der Protest soll weitergehen

Nach rund zwei Stunden Zug durch die Berliner Straßen versammelt sich die Menge wieder vor der Bühne. Andreas Flock steht hinter einem Banner von "Entrepreneurs for Future". Er ist Architekt und setzt sich für ein klimafreundliches Wirtschaften von kleinen und mittelständigen Unternehmen ein. "Wir sind so stolz auf die Kinder und Jugendlichen, die das hier begonnen haben. Aber wir müssen auch zeigen, dass wir Erwachsenen sie unterstützen." Damit ist er hier nicht alleine. Viele Erwachsene sind in der Menge zu entdecken - ein Zeichen dafür, dass das Thema Klimaschutz mittlerweile alle Altersgruppe in Deutschland beschäftigt.

Noch bis in den späten Nachmittag gehen die Proteste weiter. Und auch wenn diesmal weniger Demonstranten dabei waren als beim vergangenen globalen Klimastreik, sind die meisten hier überzeugt: Sie werden von der Politik gesehen. Aber damit das auch so bleibt, muss der Protest weitergehen, auch jetzt noch, im kalten Berliner Winter.

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