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Politik

Mordfall richtet Blick auf Russlands Afrika-Engagement

Martina Schwikowski
19. Januar 2019

Im Juli 2018 wurden in der Zentralafrikanischen Republik drei russische Journalisten getötet. Eine neue Untersuchung ihres Auftraggebers erhebt schwere Vorwürfe - und stellt Russlands Afrika-Engagement ins Rampenlicht.

Russland - Zentralafrikanische Republik |  Ermordeter Journalist Alexander Rastorgujew
Der Filmemacher Alexander Rastorgujew, einer der drei ermordeten Journalisten Bild: Getty Images/AFP/V. Maximov

Die drei Russen hatten keine Chance zu entkommen: Am 30. Juli 2018 liefen die Journalisten Alexander Rastorgujew, Kirill Radtschenko und Orchan Dschemal in die Falle, die ihnen in der Zentralafrikanischen Republik gestellt worden war. Ihr Fahrer führte die ortsunkundigen Reporter nach Einbruch der Dunkelheit auf eine wenig befahrene Straße nahe der Kleinstadt Sibut, wo Unbekannte sie anhielten und mit mehreren Schüssen töteten. Der Fahrer überlebte verletzt. Das Auto wurde von Kugeln durchsiebt am nächsten Morgen aufgefunden.

Die Zentralafrikanische Republik gilt als eines der gefährlichsten Länder der Welt. Weite Teile des Landes stehen unter der Kontrolle von Milizen, die Regierung selbst kontrolliert nur wenige Regionen. Laut offiziellen Regierungsangaben seien die drei Russen einem Raubüberfall von "neun Turban tragenden Banditen" zum Opfer gefallen. Doch einem neuen Bericht zufolge führt die Spur des Attentats in eine ganz andere Richtung.

So sei die Journalistengruppe im Auftrag einer Stiftung unterwegs gewesen, um den Einsatz russischer Söldner der "Gruppe Wagner" zu recherchieren, die dort angeblich russische Gold- und Diamentenminen sichern würden. Hauptgeldgeber der Stiftung: der frühere russische Oligarch und Putin-Gegner Michail Chodorkowski. Der hat nun auch die mysteriösen Todesumstände der Journalisten von seiner im November ins Leben gerufenen Rechercheorganisation "Dossier Center" untersuchen lassen. Das Fazit der Recherchen: Es gebe Indizien, dass  die mutmaßlichen Mörder Kontakt mit Mitarbeitern der privaten Sicherheitsfirma "Gruppe Wagner" gehabt hätten.

Michail Chodorkowski will belegen können, dass die "Gruppe Wagner" hinter den Morden stecktBild: picture-alliance/dpa/S. Kembowski

Russlands Engagement in Afrika

Immer wieder gibt es im Umfeld von russischen Militäreinsätzen Medienberichte über die "Gruppe Wagner". Diese würde, so die Berichte, im Ausland auch militärische Aufgaben für die russische Regierung übernehmen. Dabei sind Privatarmeen nach russischem Gesetz eigentlich verboten, erklärt Margarete Klein von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). "Aber sie sind ein wunderbares Instrument, in Regionen vorzudringen, die sehr konfliktreich, aber wirtschaftlich profitabel sind", so die Russlandexpertin.

Tatsächlich hat Russland sein Engagement in Afrika in den vergangenen Jahren verstärkt - in wirtschaftlicher und militärischer Hinsicht. So hat der Kreml seit 2017 militärische Kooperationen mit sechs afrikanischen Ländern vereinbart, unter anderem mit der Zentralafrikanischen Republik. Für Leonid Fituni, stellvertretender Direktor des Afrika-Instituts an der Russischen Akademie für Wissenschaften, eine logische Entwicklung. Schließlich sei Russland wie alle anderen Industrienationen auf der Suche nach neuen Absatzmärkten. Und wie bei anderen Ländern umfasse das russische Engagement dabei auch militärische Aspekte. "Russland hat  Projekte und Partnerschaften in Afrika, die auch das militärische Training der Regierungsarmeen umfassen. Aber nicht in erster Linie", so Fituni im DW-Interview.

Sind Chodorkowskis Recherchen glaubwürdig?

Standen die ermordeten Journalisten den Interessen ihrer Regierung in Afrika im Weg? Der französische Journalist Paul Lorgerie arbeitete in der Zentralafrikanischen Republik, als die drei russischen Kollegen getötet wurden. Er sagt zu den Recherchen von Kreml-Kritiker Michail Chodorkowski: "Wir wissen nicht, ob wir ihm, dem Gegenspieler von Putin, glauben können. Wir haben keine Beweise." Doch sei eine russische Mitwirkung am Tod der Journalisten für ihn "die einzig logisch Annahme".

 Auch Tim Glawion, der als Politikwissenschaftler schon lange zur Zentralafrikanischen Republik forscht und arbeitet, hat Zweifel an der offiziellen Version der zentralafrikanischen Regierung. "Turbantragende Muslime gibt es normalerweise in der Region gar nicht", so Glawion im DW-Interview. Er hält eine russische Beteiligung ebenfalls für möglich. Doch statt einem gezielten Mordanschlag könnte das Attentat die Folge eines fehlgeschlagenen Einschüchterungsversuchs gewesen sein - mit tödlichem Ausgang. Durch den Tod der Reporter hätte Russlands Rolle in Zentralafrika letztendlich mehr Aufmerksamkeit erzeugt als gewollt, sagt Glawion. 

Eine Abschlusszeremonie bei der russischen Ausbildungsmission in Berengo, Zentralafrikanische RepublikBild: Getty Images/AFP/F. Vergnes

Russland und China als alternative Partner für Afrika

Der Politikwissenschaftler warnt allerdings davor, falsche Rückschlüsse auf das Ausmaß des russischen Engagement in Afrika zu ziehen. Die russische Regierung hätte zwar Interesse, ihre Position in Afrika wirtschaftlich und politisch auszubauen. "Aber man darf das auch nicht überbewerten", so Glawion. In Zentralafrika seien beispielsweise lediglich 200 militärische Berater und möglicherweise ein paar Hundert verdeckt operierende Millitärs im Einsatz. "Frankreich hatte dagegen bis zum Abzug 2016 einen viel stärkeren Einfluss mit 2000 Soldaten."

Auch Hans de Marie Heungoup von der International Crisis Group will die Bedeutung Russlands in Afrika nicht zu hoch hängen. "Die letzten zehn Jahre, in denen China und andere neue Mächte, aber auch die traditionellen Kolonialmächte sich in Afrika wirtschaftlich stark gemacht haben, hat Russland scheinbar verpasst", so Heungoup. "Jetzt wollen sie das nachholen". Für viele afrikanische Länder sei die Zusammenarbeit mit Russland aber jetzt schon eine echte Alternative. "Das ist ein geschickter Zug der Afrikaner um eine Gegenbalance zu schaffen und Bevormundung und Einfluss durch den Westen vorzubeugen."

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