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Politik

Sicher ist nur die Unsicherheit

Gwendolin Hilse
13. Februar 2017

Frieden und florierende Wirtschaft: Seine Wahlversprechen konnte Zentralafrikas Präsident Touadéra ein Jahr nach seiner Wahl bisher nicht einlösen. Noch immer leben die Menschen in Angst und sind auf Hilfe angewiesen.

UN Soldaten in Bangui
Bild: picture-alliance/AA

Ein Jahr ist es her, dass die Zentralafrikaner nach Jahren des Bürgerkriegs einen neuen Präsidenten wählten. Bei seinem Amtsantritt versprach Faustin Archange Touadéra sehr viel: Er wolle Frieden und Sicherheit bringen und die Wiederherstellung der Staatsgewalt im gesamten Land garantieren. Die Sanierung der öffentlichen Finanzen und der wirtschaftliche Aufschwung des Landes stehen ebenfalls auf der Agenda des Präsidenten.

Doch Gewalt gehört nach wie vor zum Alltag in der Zentralafrikanischen Republik: Am vergangen Sonntag starben bei einem Luftangriff der UN-Mission MINUSCA rund 250 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Bangui ein hochrangiger Rebellen-Befehlshaber sowie mindestens drei Zivilisten.

Präsident Faustin Archange TouadéraBild: imago/Pacific Press Agency

Nur wenige Tage zuvor hatten Blauhelmsoldaten im Westen des Landes vier Zivilisten erschossen. Die Soldaten hätten einen Angriff auf ihren Stützpunkt befürchtetet, erklärte der Sprecher der UN-Friedensmission, Vladimir Monteiro. Augenzeugen und ein Abgeordneter der Stadt hingegen berichteten, dass die Menschenmenge lediglich aus Angst vor neuen Kämpfen in dem UN-Stützpunkt Zuflucht suchte. Eine Untersuchung des Falls sei bereits eingeleitet worden, so Monteiro.

Menschenrechtsverletzungen auf allen Seiten

Rund 12.000 Blauhelmsoldaten sind seit 2014 in der Zentralafrikanischen Republik stationiert, um das Land nach Jahren des Bürgerkriegs zu stabilisieren. Auch Frankreich hatte als ehemalige Kolonialmacht Soldaten in einer eigenständigen Mission geschickt. In den vergangenen Monaten machten die internationalen Truppen jedoch vor allem durch Skandale von sich reden: Mehrfach sollen sie Binnenvertriebene vergewaltigt und sexuell missbraucht haben.

Für Frieden konnten bisher weder das internationale Militär noch die zentralafrikanische Regierung sorgen. "Es ist nicht gelungen, die Rebellion in eine politische Partei zu formen", sagt  Andreas Mehler, Direktor des Arnold-Bergstraesser-Instituts für kulturwissenschaftliche Forschung.

Französische und UN-Soldaten sollen sich an zahlreichen Flüchtlingen vergangen habenBild: AFP/Getty Images/M.Medina

Auch die Fronten sind längst nicht mehr so übersichtlich wie zuvor. Es kämpfen nicht mehr nur Mitglieder der vorwiegend muslimischen Séléka-Rebellen gegen die christlich-animistische Anti-Balaka-Miliz. Mittlerweile hat sich die Séléka-Allianz gespalten; verschiedene Fraktionen ringen gegeneinander um Macht, Land und Rohstoffe wie Gold, Diamanten, Uran und Erdöl. Leidtragende sind sie einfachen Bürger. Rund ein Fünftel der Zentralafrikaner ist auf der Flucht, zweieinhalb Millionen sind auf Lebensmittellieferungen angewiesen.

Symbolische Staats-Repräsentanz

Viele Menschen, vor allem in den ländlichen Regionen, fühlen sich vom Staat im Stich gelassen. "In unserer Provinz merkt man gar nicht, dass es so etwas wie einen Staat gibt", berichtet Jean Maurice Maloua der DW. Er wohnt im Nordosten des Landes. "Hier funktioniert nichts, hier gibt es nicht einmal mehr eine Verwaltung, selbst die Büroeinrichtung ist verschwunden. Wir leben in Angst."

Rund ein Fünftel der Zentralafrikaner ist auf der FluchtBild: picture-alliance/AP Photo/D. Belluz

In anderen Regionen und Städten gibt es zwar Behörden, bei diesen handele es sich aber oftmals um eine symbolische Präsenz des Staates, wie Andreas Mehler im DW-Gespräch erklärt. Sie säßen ohne Ausstattung und Ressourcen vor Ort. "Wenn sie dann arbeiten wollen, müssen sie sich mit Banditen oder anderen lokalen Größen gut stellen. Sie sind auf sie angewiesen", so der Experte für Krisenprävention. "In diesem Sinne können sie den Staat nur spielen, aber nicht sein." Ein Ansatz könnte eine föderale Lösung sein, so Mehler. "Wenn man für dieses Land eine Zukunft will, dann muss man eine Idee haben, wie man die Peripherien kontrollieren oder ihnen mehr Rechte geben kann."

Gelder, aber vor allem Ideen müssen her

Schwache Parteien, ein schwacher Staat, mangelnde Grenzkontrollen und mangelnde Finanzierungen - all das sind Probleme, die sich nicht innerhalb weniger Jahre lösen lassen. Trotz anhaltender Unsicherheit sei in einigen Teilen des Landes jedoch ein wirtschaftlicher Aufschwung zu spüren, wie Geschäftsleute der DW berichten. Auch seien die Zolleinnahmen von 2016 weit höher ausgefallen als zuvor erwartet, sagt Laure Catherine Ganro, Abteilungsleiterin beim Zollamt.

Bild: DW

Im Januar dieses Jahres hatten die zentralafrikanische Regierung und die Vereinten Nationen einen Dreijahresplan verabschiedet. Fast 400 Millionen Euro sollen bis 2019 in humanitäre Projekte fließen. Ein Anfang, aber nicht die Lösung, meint Andreas Mehler vom Arnold-Bergstraesser-Institut: "Man braucht vor allem eine Idee, wie sich dieser Staat selbst finanzieren kann und was er mit seinen Einnahmen überhaupt leisten kann."

Mitarbeit: Fiacre Ndayiragije, Jeff Murphy Barès

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