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Politik

ZAR: Guterres will Friedensmission stärken

Jan Philipp Wilhelm
26. Oktober 2017

Bei seinem Besuch in der krisengeschüttelten Zentralafrikanischen Republik wirbt UN-Chef António Guterres für zusätzliche UN-Friedenstruppen. Doch Experten glauben, dass die Probleme woanders liegen.

Zentralafrikanische Republik - UN-Generalsekretärs Antonio Guterres zu Besuch
Bild: Getty Images/AFP/A. Huguet

Die Umstände des Besuchs von UN-Generalsekretär António Guterres in der Zentralafrikanischen Republik könnten brisanter nicht sein. Immer häufiger kommt es in dem krisengeplagten Land zu Massakern an der Zivilbevölkerung - trotz der Anwesenheit von mehr als 10.000 Friedenstruppen der UN-Mission MINUSCA. Erst vor wenigen Tagen wurden bei einem Überfall bewaffneter Milizen in der Stadt Bassangou mehrere Dutzend Menschen getötet, darunter neun UN-Blauhelmsoldaten.

In dem Land war 2013 in Folge eines Putsches ein Bürgerkrieg ausgebrochen. Zwischenzeitlich schien er eingedämmt, doch nun droht der Konflikt wieder aufzubrechen. Die Lage ist unübersichtlich: Bewaffnete Gruppen, die religiöse und ethnische Unterschiede für ihre Zwecke instrumentalisieren, terrorisieren die Bevölkerung, die zunehmend mit der Gründung von Selbstverteidigungsmilizen reagiert. Die Gewaltspirale dreht sich weiter, die Regierung ist machtlos.

Trauer und Wut in der Zivilbevölkerung

Angesichts der jüngsten Eskalation der Gewalt herrscht in der Hauptstadt Bangui eine Mischung aus Trauer und Wut. "Der Zentralafrikanischen Republik geht es schlecht", klagt Paul-Crescent Beninga, Pressesprecher der Arbeitsgruppe Zivilgesellschaft, im DW-Interview. "Die Unsicherheit nimmt zu." Er und seine Mitstreiter wollen in den kommenden Tagen in Trauer um die Opfer des Konflikts schwarz tragen und abends auf den Straßen lautstark gegen die Gewalt protestieren.

UN-Generalsekretär Guterres bei einer Trauerfeier für getötete Blauhelmsoldaten in BanguiBild: Getty Images/AFP/A. Huguet

Auch UN-Chef Guterres beteiligte sich gleich zu Beginn seines Besuchs an einer Trauerfeier. Bei einer Kranzniederlegung für getötete Blauhelmsoldaten in Bangui sagte der Portugiese: "Nichts ist wertvoller als Frieden. Es gibt keine noblere Tat, als den Frieden zu bewahren, auch wenn das bedeutet, Leben zu opfern." Die internationale Gemeinschaft sei nicht engagiert genug, habe bislang nicht alle finanziellen und anderweitigen Möglichkeiten ausgeschöpft, um der Zentralafrikanischen Republik zu helfen.

UN-Sicherheitsrat entscheidet über Zukunft der Friedensmission

Guterres Reise hat einen klaren Zweck. Im November läuft das Mandat der MINUSCA-Friedensmission aus, dann muss der Sicherheitsrat über eine Verlängerung entscheiden. Der UN-Generalsekretär will daher auf die prekäre Sicherheitslage im Land aufmerksam machen und für ein neues, robusteres Mandat mit 900 zusätzlichen Blauhelmen werben.

Doch nach Ansicht vieler Beobachter gehören zu wenig Personal und mangelnde Ressourcen nicht zu den Hauptproblemen der MINUSCA-Friedensmission. Immer wieder werden Teilen der Truppe Untätigkeit und Parteinahme im Konflikt vorgeworfen, zudem haben Fälle von sexuellem Missbrauch durch UN-Blauhelmsoldaten für Unmut gesorgt.

Friedenstruppen der Vereinten Nationen auf Patrouille nahe der Stadt Bria in der Zentralafrikanischen RepublikBild: picture-alliance/AP Photo/C. Vinograd

"Der Besuch des UN-Generalsekretärs bedeutet hoffentlich, dass die Kritik an der UN-Mission jetzt intensiv angegangen wird", sagt Tim Glawion, Zentralafrika-Experte am Hamburger GIGA-Institut. Man müsse aber darauf achten, dass die Sorgen der lokalen Bevölkerung ernst genommen werden.

Verlorenes Vertrauen wieder herstellen

Denn laut Glawion würden die Probleme der Mission auf internationaler Ebene oft anders wahrgenommen als im Land selbst. So seien Truppen, die in Missbrauchsskandale verwickelt gewesen waren, zwar zügig des Landes verwiesen worden. Soldaten, die sich bei Angriffen lieber selbst in Sicherheit brächten statt die Bevölkerung zu schützen, müssten jedoch nicht mit vergleichbaren Konsequenzen rechnen. "Für die Menschen ist schwer zu verstehen, warum sexueller Missbrauch international schlimmer angesehen wird als das Zulassen von Massakern an der Bevölkerung", so Glawion.

UN-Generalsekretär Guterres besucht ein Flüchtlingscamp nahe BangassouBild: Getty Images/AFP/A. Huguet

Für Guterres geht es bei seinem Besuch also auch darum, verlorenes Vertrauen in die UN-Friedensmission wieder aufzubauen. Doch das ist nicht einfach. "Das Kernproblem von UN-Friedenstruppen ist, dass sie nicht der lokalen Bevölkerung, sondern der internationalen Gemeinschaft und ihren eigenen Herkunftsländern Rechenschaft ablegen müssten", sagt Politikwissenschaftler Glawion. Das setze falsche Anreize. "Da helfen 900 Friedenssoldaten mehr, die wiederum nichts vor Ort machen, überhaupt nichts."

Langfristig ist die UN-Strategie ohnehin eine andere. Am Donnerstag bekräftigte Guterres seine Unterstützung für ein vom zentralafrikanischen Präsidenten Faustin-Archange Touadéra initiiertes Programm, das eine Entwaffnung der Milizen und ihre Wiedereingliederung in die Zivilgesellschaft vorsieht. In einer Erklärung forderte der UN-Chef die bewaffneten Gruppen auf, die Bedingungen der Regierung zu akzeptieren und sich am politischen Leben des Landes zu beteiligen. 

Mitarbeit: Jeff Murphey Barès

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