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Zentralrat: Antisemitische Corona-Mythen

1. September 2020

Alle Demonstranten müssten sich bewusstmachen, "mit wem sie mitlaufen", sagt Zentralratspräsident Schuster. Niemand dürfe sich mit Antisemiten gemeinmachen.

Protest gegen die Corona-Maßnahmen am Samstag am Brandenburger Tor in Berlin (Foto: picture-alliance/SULUPRESS/MV)
Protest gegen die Corona-Maßnahmen am Samstag am Brandenburger Tor in BerlinBild: picture-alliance/SULUPRESS/MV

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, warnt nach den jüngsten Demonstrationen gegen die Corona-Auflagen in Berlin vor einem zunehmenden Antisemitismus. Seit Monaten würden in der Corona-Debatte "Verschwörungsmythen mit antisemitischer Grundtendenz bewusst geschürt", sagte er der "Bild"-Zeitung.

Verantwortlich dafür seien unter anderem "sehr rechte und rechtsextreme Gruppen", die sich unter die Demonstranten gemischt hätten. Sicherlich seien nicht alle Teilnehmer der Proteste am Wochenende in Berlin Rassisten oder Antisemiten, betonte Schuster: "Aber sie machen sich mit diesen gemein."

"Erschreckend und empörend"

Schuster appellierte an die Demonstranten, dass sie "wissen müssen, mit wem sie mitlaufen oder wer mit ihnen mitläuft". Den Menschen müsse klar sein, "dass sie die Argumente von Antisemiten indirekt unterstützen, wenn sie sich an solchen Demonstrationen beteiligen". Die Bilder von der versuchten Stürmung des Reichstags nannte er "erschreckend und empörend". "Wenn im Jahr 2020 die Reichsflagge direkt vor dem Eingang des Deutschen Bundestages weht, dann läuft etwas falsch", sagte der Zentralratspräsident.

Demonstranten zeigen am Samstag eine Reichsadlerflagge Bild: Getty Images/AFP/J. Macdougall

Am Samstagabend hatten Demonstranten am Rande der Veranstaltungen gegen die Corona-Politik Absperrungen zum Bundestag in Berlin durchbrochen, die Treppen erstürmt und teilweise Reichsflaggen geschwenkt. Die Szenerie wurde parteiübergreifend scharf verurteilt.

"Endgültig die Unschuld verloren"

Die Gewerkschaft der Polizei sieht nach den Worten ihres Vizechefs die Gefahr, dass Rechtsextremisten die Protestbewegung "komplett kapern". Jörg Radek sagte der Funke-Mediengruppe, es gebe eine ähnliche Radikalisierung wie bei der islamfeindlichen Pegida-Bewegung. Seit dem Wochenende hätten die Kundgebungen gegen Corona-Maßnahmen "endgültig ihre Unschuld verloren".

Die Polizei selbst sieht sich unterdessen Vorwürfen ausgesetzt, sie sei unrechtmäßig gegen Demonstranten vorgegangen. Das Berliner Landeskriminalamt (LKA) ermittelt wegen eines Vorfalls, bei dem ein Polizist eine Festgenommene schlug. Es bestehe der Verdacht der Körperverletzung im Amt, teilte die Berliner Polizei mit.

Faustschläge zwischen die Schulterblätter

Die 60-Jährige sei am Sonntag von Einsatzkräften an der Siegessäule im Tiergarten festgenommen worden. Sie soll sich an einer unerlaubten Ansammlung beteiligt und einen Beamten, der sie wegtragen wollte, getreten haben. Behauptungen in sozialen Medien, wonach die Frau gestorben sei, stimmten nicht.

Polizisten bei den Demonstrationen in Berlin am SamstagBild: picture-alliance/AAPimages/Timm

Auf Videos im Internet ist zu sehen, wie die Frau halb auf dem Bauch auf der Straße liegt, schreit und von vier Polizisten festgehalten wird. Die Beamten versuchen anfangs vergeblich, ihr die unter dem Bauch festgeklemmten Arme auf den Rücken zu ziehen. Ein Polizist boxt ihr zweimal in die Mitte des oberen Rückens zwischen die Schulterblätter.

Die Behörden widersprachen auch Meldungen, wonach eine schwangere Frau, die ebenfalls am Sonntag von Einsatzkräften in Berlin zu Boden gebracht wurde, ihr Kind verlor. Hinweise darauf gebe es nicht, teilte die Polizei mit.

jj/sti (dpa, afp, epd)

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