Bandenkriege und Sexstreik, der Kampf eines mexikanischen Einwanderers um Anerkennung und eine Hommage an den Schriftsteller Thomas Wolfe: Der cineastische Blick auf die USA zeigt ganz unterschiedliche Welten.
Anzeige
Zerrissene Welten: Amerika bei der Berlinale
Bandenkriege und Sexstreik, der Kampf eines mexikanischen Einwanderers um Anerkennung und eine Hommage an den Schriftsteller Thomas Wolfe: Der cineastische Blick auf die USA zeigt ganz unterschiedliche Welten.
Bild: Parrish Lewis
Spike Lees Blick auf die schwarze Kultur
Der Regisseur Spike Lee hat sich wie kaum ein anderer seit Jahren für die Belange der Afro-Amerikaner in seiner Heimat engagiert. In Berlin zeigte er seinen neuen Film "Chi-Raq" - hier eine Szene mit Hauptdarstellerin Teyonah Parris.
Bild: Parrish Lewis
Regisseur mit Botschaft
Spike Lee ist ein Vertreter des sogenannten "New Black Cinema", seinen Durchbruch schaffte er 1986 mit dem Film "She' s Gotta Have It". Lee gehört zu denjenigen schwarzen Filmkünstlern, die gerade gegen die Nichtbeachtung der Afro-Amerikaner bei der Oscar-Verleihung protestierten.
Bild: Parrish Lewis
Eine wüste Pop-Oper
"Chi-Raq" - der Titel steht für die von hoher Kriminalität heimgesuchte Stadt Chicago - ist ein wilder Parforceritt durch die afro-amerikanische Kulturgeschichte. Ein Spielfilm mit Musical- und Rap-Elementen, der von Bandenkriegen innerhalb der schwarzen Community erzählt.
Bild: Parrish Lewis
Auch die Kirche spielt mit
Ausgangspunkt der Handlung in "Chi-Raq" ist ein Aufstand der Frauen, die die Straßenkämpfe der einzelnen Gangs satt haben und sich auf ihre ganz eigene Art und Weise zu Wehr setzen: Sie inszenieren einen Sexstreik unter dem Motto: "No Peace - No Pussy!" Dabei bekommen sie auch von kirchlicher Seite Unterstützung.
Bild: Parrish Lewis
Kulturgesättigtes Epos mit viel Musik
Lees Film nimmt einige Anleihen der klassischen griechischen Antikendichtung auf. Dabei fungiert der Schauspieler Samuel L. Jackson als Erzähler, der - immer wieder neu und poppig-bunt gekleidet - als singender Erzähler durch den Film führt.
Bild: Parrish Lewis
Ein Amerika der Grenzen
Ein ganz anderes Bild der USA vermittelt der iranisch-britische Regisseur Rafi Pitts. Sein neuer Film "Soy Nero" zeigt einen jungen Mexikaner beim Versuch, sich in den USA zu integrieren. Angesprochen auf die aktuelle Flüchtlingssituation in Europa sagte Pitts: "Niemand mag es, sein Land zu verlassen, seine Wurzeln. Man wird dazu gezwungen."
Bild: picture-alliance/dpa/R. Hirschberger
Amerikanische Paranoia
"Soy Nero" ist in drei große Erzählblöcke aufgeteilt. Der erste zeigt, wie der junge Mexikaner in die USA einreist. Dabei begegnen ihm seltsame Gestalten - wie dieser Mann, der ihn beim Autostopp mitnimmt. Er steht mit seinen wirren Reden für ur-amerikanische Ängste von einer Überfremdung.
Bild: Internationale Filmfestspiele Berlin 2016
"Soy Nero": Luxus und Krieg
Im zweiten Abschnitt begegnet der junge Held seinem Bruder, der in Beverly Hills in einem luxuriösen Anwesen als Hausdiener arbeitet. Der dritte Teil zeigt die Hauptfigur als Soldat während eines Einsatzes im Mittleren Osten. Mit seiner Verpflichtung kann er sich die US-Staatsbürgerschaft sichern. Er habe auch einen Film über diese sogenannten "Green-Card-Soldiers" machen wollen, sagte Pitts.
Bild: Internationale Filmfestspiele Berlin 2016
Blick auf berühmte US-Schriftsteller: "Genius"
Wie Rafi Pitts ist auch Regisseur Michael Grandage kein US-Amerikaner, blickt aber auf die Geschichte und Gesellschaft der Vereinigten Staaten. Der britische Regisseur zeigte in Berlin seinen historischen Film "Genius" über einen berühmten US-Autor: Thomas Wolfe, der mit seinem Roman "Schau heimwärts, Engel!" weltberühmt wurde.
Bild: Getty Images/P. Le Segretain
Großes Ausstattungs- und Schauspielerkino
Grandages Film "Genius" setzt sich mit dem freundschaftlichen, aber komplizierten Verhältnis zwischen Thomas Wolfe (Jude Law, r.) und seinem Verleger und Lektor Max Perkins (Colin Firth) auseinander. Der Film spielt Ende der 1920er und in den 1930er Jahren und bietet viel fürs Auge. Aber auch die Darsteller sind grandios.
Bild: Pinewood Films
Unterschiedliche Perspektiven
Er wolle in seinen Romanen über das ganze Land schreiben, über die Menschen, die Städte, die Geschichte, sagt Thomas Wolfe in einer Szene in dem Film "Genius". So bieten auch die drei Filme bei der Berlinale ganz unterschiedliche Perspektiven auf die USA: historische und moderne, kulturelle und gesellschaftskritische.
Bild: Pinewood Films
11 Bilder1 | 11
Rafi Pitts ist ein im Iran geborener Filmemacher, dessen Vater britische Wurzeln hat. Inzwischen besitzt Pitts die iranische und die britische Staatsbürgerschaft und arbeitet in der ganzen Welt. Seinen neuen Film "Soy Nero" hat er vor allem in den USA gedreht.
Michael Grandage ist Brite und wurde 1962 in Yorkshire geboren. Der Regisseur ist am Theater groß geworden. Seinen ersten langen Spielfilm "Genius" stellte er jetzt im Wettbewerb der 66. Berlinale vor, wo auch "Soy Nero" uraufgeführt wurde.
Beide Regisseur blicken in ihren Werken auf die USA: Pitts durch die Augen eines jungen mexikanischen Einwanderers, der versucht, die US-amerikanische Staatsbürgerschaft zu erlangen. Grandage hingegen widmet sich einem historischen Stoff und zeigt den Aufstieg des Schriftstellers Thomas Wolfe ("Schau heimwärts, Engel!") zu literarischen Weltruhm.
Der Regisseur Spike Lee ist von den drei Regisseuren, die zur Halbzeit des Festivals ihre neueste Arbeit vorstellten, der einzige in den USA Geborene. Alle drei Filmemacher eint, dass sie sich mit der Weltmacht USA beschäftigen, ihrer Gesellschaft, Kultur und Politik.
So gewährte der Berlinale-Tag einem interessanten Blick auf die Vereinigten Staaten - aus drei ganz unterschiedlichen Blickwinkeln und mit ganz verschiedenen filmischen Mitteln.