1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Ziemlich beste Freunde

Udo Bauer
4. Oktober 2018

In Jerusalem nehmen die deutsche und die israelische Regierung nach längerer Pause wieder Konsultationen auf. Die Gemeinsamkeiten sollen betont werden, doch fundamentale Streitpunkte bleiben.

Israel Deutschland Flagge
Bild: AP

Was sollen überhaupt Regierungskonsultationen?

Das Treffen der zwei Regierungen ist ein wichtiges Symbol. Die Minister demonstrieren damit die gemeinsamen Interessen ihrer Länder. So sprach Kanzlerin Merkel vorab von "intensiven Beziehungen" und einer "besonderen Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel". Oft werden diese Treffen aber auch genutzt, um hinter verschlossenen Türen über Trennendes zu sprechen. Die letzten Regierungskonsultationen waren abgesagt worden - es gab zu viele Differenzen, die drohten, das Treffen im Konflikt enden zu lassen.

Was wird diesmal anders?

Auch diesmal werden die Meinungsverschiedenheiten angesprochen, aber im Vordergrund steht etwas anderes: Die wirtschaftlichen Kooperationsmöglichkeiten. In Israel gibt es zum Beispiel Unternehmen, die Spitzentechnologie in Sachen Cybersicherheit produzieren, an der die deutsche Wirtschaft großes Interesse hat. Die Automobilindustrie zum Beispiel braucht bei der Entwicklung von selbstfahrenden Fahrzeugen eine Technologie, die Cyberattacken auf deren Software abwehren kann. Deswegen wird die Kanzlerin auch eine dieser Firmen in Israel besuchen.

"Wir sind Freunde, wir sind Partner" - Kanzlerin Merkel mit Israels Ministerpräsidenten Netanjahu am 4.Juni in BerlinBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeller

Wo liegen die größten Differenzen zwischen beiden Ländern?

Uneinig sind sich Deutschland und Israel vor allem im Umgang mit dem Iran. Deutschland und seine europäischen Partner wollen am Atomabkommen mit dem Iran festhalten, Israel hingegen traut den Mullahs nicht über den Weg und begrüßt deshalb den von US-Präsident Trump verkündeten Ausstieg aus dem Abkommen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte bei seinem Berlin-Besuch im Juni: "Der Iran ruft zu unserer Zerstörung auf." Die Europäer sehen die Aktivitäten Teherans in Syrien und im Jemen auch kritisch, betrachten das Abkommen von 2015 aber als einen wichtigen Faktor für die Stabilität im Nahen Osten.

Und was ist mit der Zwei-Staaten-Lösung?

Auch da gibt es große Meinungsverschiedenheiten. Die konservative Regierung Netanjahu hat kürzlich in einem neuen Grundgesetz festgeschrieben, dass der Staat Israel "ein Nationalstaat des jüdischen Volkes ist." Von Palästinensern und Drusen ist da nicht mehr die Rede, sie sind jetzt Bürger zweiter Klasse. Von einer Zwei-Staaten-Lösung will Netanjahu nichts mehr wissen. Die Deutschen hingegen halten daran fest. Nur mit einem israelischen und einem palästinensischen Staat nebeneinander sei langfristig die Befriedung der Region möglich.

Seit neun Jahren kämpft das Dorf Khan al-Ahmar im Westjordanland gegen den Abriss. Jetzt könnte es soweit seinBild: DW/T. Krämer

Was hat sich in Sachen Siedlungspolitik getan?

Nichts, was den Deutschen gefallen könnte. Denn die israelische Regierung hat die Landnahme im Westjordanland sukzessive ausgeweitet. Aktueller Höhepunkt dieser Politik ist die beabsichtigte Räumung des Beduinendorfes Khan al-Ahmar östlich von Jerusalem. Die Israelis wollen "aus Sicherheitsgründen" die Kontrolle über das Gebiet, hätten aber insbesondere große strategische Vorteile davon. Deutschland befürchtet, dass die Räumung des Ortes zu einem neuen Aufstand der Palästinenser führen könnte und damit "die Grundlage der Zweistaatenlösung erschüttert".