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Zimmermann: "Navracsics hat keine Expertise!"

Stefan Dege18. September 2014

Der Deutsche Kulturrat will den Ungarn Tibor Navracsics als EU-Kulturkommissar verhindern. Warum, erklärt Geschäftsführer Olaf Zimmermann im DW-Interview.

Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats. Foto: Karlheinz Schindler
Bild: picture-alliance/dpa

DW: Warum ist Tibor Navracsics der falsche Mann für das Kulturressort in Brüssel?

Olaf Zimmermann: Er ist aus zwei Gründen der falsche Mann: Zum Einen, weil er als Justizminister von Ungarn gezeigt hat, dass er nicht für den Kulturbereich und schon gar nicht für den Bereich Bürgerschaft in der Kommission eintreten kann, weil er ja die Pressefreiheit in Ungarn geholfen hat, einzuschränken. Er hat den Rechtsapparat so umgebaut, dass man die Frage stellen muss, ob das mit demokratischen Prinzipien vereinbar ist. So jemand kann schon von der Grundidee her nicht Kommissar für Kultur, Jugend und Bürgerschaft werden. Aber das Zweite, was ich auch ganz wichtig finde: Er kann es auch nicht, weil er es bisher nie gemacht hat. Er hat in diesen Bereichen überhaupt keine Expertise.

Ist das Kulturressort vielleicht nicht so wichtig, so dass Jean-Claude Juncker hier ein Auge zudrücken kann?

Für mich ist das Kulturressort natürlich ganz besonders wichtig. Aber natürlich muss ich erkennen, dass offensichtlich dem Kommissionspräsident es nicht so wichtig ist. Sonst hätte er diesen Personalvorschlag gar nicht gemacht. Weil er hat wissen müssen, dass das nicht ok ist. Und das ist das, was vielleicht noch am bedauerlichsten ist, dass man nicht erkennt, wie wichtig gerade für das zusammenwachsende Europa die Kultur ist. Das kann man nicht alles mit Wirtschaft regeln. Sondern die kulturelle Frage ist der Punkt, der miteinander besprochen werden muss, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede, die letztendlich Europa ausmachen. Und deswegen müsste eigentlich der Kommissar für Bildung und Kultur an der Spitze der Kommission stehen. Aber ich bin auch Realist: Das tut er eindeutig nicht.

Welche konkreten Erwartungen hat der Deutsche Kulturrat an die EU-Kommission in Sachen Kultur?

Die Kommission macht immer mehr Kulturpolitik. Die Kommission wird immer wichtiger, für alles, was wir machen. Im Bereich Urheberrecht kann man das am besten fassen. Das ist ja das Marktordnungsrecht der Künstler, ohne das können sie überhaupt nicht am Markt überleben. Da sagt die EU-Kommission den Nationalstaaten heute, wo es langgeht. Ich finde das auch richtig. Ich glaube, dass diese Form der Zusammenarbeit, auch der etwas stärkeren Vereinheitlichung, für uns sinnvoll ist. Aber das ist Kulturpolitik. Und deswegen muss sich die Kommission stärker darüber bewusst werden, dass sie Kulturpolitik macht. Und auch die Nationalstaaten müssen erkennen, dass sie - ob sie das wollten oder nicht - einen erheblichen Teil kultureller Kompetenz nach Brüssel abgegeben haben. Und deswegen muss die Kommission diesem Bereich auch größere Beachtung zumessen.

Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats e.V. Der Deutsche Kulturrat ist der Spitzenverband der deutschen Kultur-Dachverbände. Ihm sind 236 Bundeskulturverbände und Organisationen in acht Sektionen angeschlossen.

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