Zolleinigung mit den USA: Kein "Deal" um jeden Preis
9. Juli 2025
"Wir stehen in ständigem Kontakt mit unseren Kollegen auf der anderen Seite des Atlantiks, um sicherzustellen, dass wir kontinuierlich und substanziell vorankommen", betonte EU-Handelskommissar Maros Sefcovic in der Debatte des Europaparlaments über den Handelsstreit mit den USA.
Zwar hat sich die Situation in der EU ein wenig entspannt, nachdem US-Präsident Donald Trump die Frist für höhere Zölle auf EU-Waren verlängerte. Die Arbeiten der EU-Kommission an einer Einigung mit den USA stehen dennoch unter Zeitdruck. Sefcovic setzt auf "zufriedenstellende Ergebnisse" möglicherweise bereits in den kommenden Tagen.
Trumps EU-Brief steht noch aus
Trump hatte mehreren Ländern vergangene Woche schriftlich mit neuen Zöllen gedroht, falls es zu keiner Einigung kommen sollte. Die Europäische Union hat bislang noch keine Post erhalten. Trump hatte am Dienstag einen Brief innerhalb der nächsten zwei Tage in Aussicht gestellt. Dieser würde einen Deal bedeuten.
Wenngleich die EU an einer Vereinbarung grundsätzlich interessiert ist, stellt EU-Kommissionssprecher Olof Gill jedoch klar: "Eine Einigung hängt jetzt von der Bereitschaft ab, ein für beide Seiten akzeptables Ergebnis zu erzielen."
Wie könnte ein solcher Deal aussehen?
Die Details eines solchen "Deals" oder - wie es bei der EU heißt - einer "grundsätzlichen Übereinstimmung" sind offiziell nicht bekannt. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet jedoch, die EU wolle die derzeit geltenden US-Zölle von 25 Prozent für die Automobilindustrie verringern. Davon würde insbesondere Deutschland profitieren. Weitere sektoriale US-Zölle sind gegen Stahl-und Aluminiumimporte aus der EU in Kraft.
Der Vorsitzende des Handelsausschusses und sozialdemokratische Europaabgeordnete Bernd Lange sprach in Straßburg von der Möglichkeit, dass man sich auf Ausnahmen des zehnprozentigen Basiszolles einigen könne. Dafür kommen, laut Medienberichten, etwa Flugzeuge und deren Teile, Kosmetika und medizinische Produkte in Betracht. Handelskommissar Sefcovic sieht im Abkommen mit den USA zudem den Rahmen für eine spätere vollumfängliche Handelsvereinbarung zwischen den beiden Wirtschaftsräumen.
Freundlicherer Ton zwischen den USA und der EU
Die Tonalität zwischen der EU und den USA hat sich in jüngster Zeit merklich verändert. Trump sprach von "sehr freundlichen" Gesprächen mit EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und der "ganze Gruppe" - mit der er wohl die EU meinte. Auch die EU berichtete nach einem Telefonat am Wochenende von einen "guten Austausch" zwischen von der Leyen und Trump.
Doch auch mit dem Abschluss eines vorläufigen Abkommens sieht Sozialdemokrat Lange nicht alle Probleme gelöst. Er fordert eine Stillstands-Klausel, damit Trump nicht während der Verhandlungen neue Zölle gegen die EU verhängt. Bislang hätten die USA dem nicht zugestimmt.
Tatsächlich kündigte Trump inmitten der laufenden Verhandlungen bereits weitere sogenannte Sektorzölle an. So solle es einen Zoll von 50 Prozent auf Kupfer geben. Und er wolle bald eine Ankündigung für Arzneimittel machen.
EU-Parlament: "Nicht von Trump schikanieren lassen"
Auch die Debatte des Handelskommissars mit den EU-Parlamentariern zeigte, dass mit einer Vereinbarung der Handelskonflikt mit den USA nicht gelöst sein dürfte. Insbesondere der Grünen-Abgeordnete Virginijus Sinkevicius betonte, es gehe um mehr als Handel: Man könne sich von Trump nicht schikanieren lassen. "Für eine schnelle Lösung dürfen wir unsere Werte nicht verkaufen. Zumal wir noch nicht einmal wissen, ob es eine Stillstands-Klausel gibt", betonte der ehemalige EU-Kommissar.
Auch die Sozialdemokratin Kathleen Van Brempt warnte vor einem Deal um jeden Preis. "Uns geht es nicht um einen Deal mit Trump. Uns geht es um unsere Arbeitnehmer, ihre Arbeitsplätze, ihre Lebensgrundlage und um unsere Unternehmen", sagte die Belgierin.
Als Abgeordneter der konservativen Europäischen Volkspartei, der größten Gruppe im EU-Parlament, weist Michał Szczerba auf die Bedeutung des transatlantischen Handels für beide Seiten hin. Grundsätzlich unterstütze er die Kommission in ihrem Ansatz, eine beiderseitig vorteilhafte Vereinbarung zu finden. Dennoch brauche es auch einen starken Plan für Gegenmaßnahmen, sollten die Verhandlungen scheitern.
Rechtsaußen-Lager sieht die Schuld bei der EU
Das sehen nicht alle Abgeordneten so. Jacek Ozdoba, der für die rechtskonservative EKR-Fraktion im Europaparlament sitzt, hält die EU für das Problem. Während Trump voll auf fossile Energien setze, wolle Europa unter anderem Diesel-Fahrzeuge verbieten. Eine wettbewerbsfähige EU, die gute Handelsbeziehungen mit den USA wolle, müsse anders handeln, erklärte der Pole.
Vielen Parlamentariern ist es jedoch ein Anliegen, dass sich die EU nicht in ihre Gesetzgebung hineinreden lässt. Denen versicherte Handelskommissar Sefcovic, die Regularien der Gemeinschaft seien nicht verhandelbar. Daran würde sich auch durch eine gemeinsame Erklärung mit den USA nichts ändern.