1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Keine Amnestie für Mazedoniens Ex-Premier

Katerina Blazevska
2. Mai 2017

Wenige Tage nachdem Anhänger der national-konservativen Partei VMRO das mazedonische Parlament gestürmt haben, spricht Oppositionsführer Zoran Zaev mit der DW über seine Pläne zur Überwindung der Krise.

Mazedonien Zoran Zaev
Bild: picture-alliance/AP Photo/B. Grdanoski

Seit mehr als zwei Monaten weigert sich der mazedonische Staatspräsident Gjorge Ivanov, dem sozialdemokratischen Oppositionschef Zoran Zaev das Mandat zur Bildung einer neuen Regierung zu erteilen. Zaev hat eine Koalition mit drei albanischen Parteien gebildet und sich damit die Mehrheit im Parlament gesichert. Ivanov sagt, diese Koalition bedrohe die Einheit des Staates. Ähnlich argumentiert der langjährige Regierungschef von der national-konservativen Partei VMRO Nikola Gruevski. Gleichzeitig verhindert seine Partei, dass der neue Parlamentspräsident Talat Xhaferi aus der albanischen Partei DUI sein Amt antreten kann. Das mazedonische Parlament ist blockiert, die Abgeordneten können nicht tagen.

 

Deutsche Welle: Herr Zaev, Präsident Gjorge Ivanov verlangt, dass die führenden Politiker der neuen Koalition die Einheit des Staates explizit garantieren. Was bedeutet das?

Zoran Zaev: Wir haben das Programm der neuen Regierung veröffentlicht. Darin enthalten sind klare Garantien für die Wahrung der Einheit des Staates, die Achtung der Verfassung und für euro-atlantische Perspektiven. Das Programm ist auf der Webseite der Sozialdemokratischen Partei SDSM zugänglich und sowohl der nationalen als auch der internationalen Öffentlichkeit bekannt. Als Partei wie auch als parlamentarische Mehrheit haben wir mehrmals eindeutig gesagt, dass es keine Bedrohung für die Einheit und Integrität Mazedoniens gibt. Solche Behauptungen sind Erfindungen von Nikola Gruevski, um den Machtwechsel zu verhindern - und der Präsident hilft ihm dabei. Der Grund ist bekannt: Angst vor Veränderung, die Gerechtigkeit für alle bringen würde.

27.04.2017: Anhänger des langjährigen Regierungschefs Gruevski stürmen das ParlamentBild: picture-alliance/dpa/B. Grdanoski

Die seit Jahren regierende national-konservative Partei VMRO hat scheinbar kein Interesse an einem ruhigen Machtübergang. Die Anhänger der Partei haben neulich das Parlament in der mazedonischen Hauptstadt Skopje gewaltsam gestürmt und mehrere Oppositionspolitiker verletzt, auch Sie haben geblutet. Erwarten Sie, dass VMRO weiter an der Gewaltspirale drehen wird?

Sie haben Abgeordnete angegriffen und Gewalt gegen Journalisten und Parlamentsbeamte ausgeübt. Das war eine terroristische Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und der verfassungsmäßigen Ordnung. Wir haben aber gezeigt, wie man würdevoll die Staatsinteressen verteidigt und sein Vaterland liebt. Wir haben nicht zugelassen, dass sie ihr Vorhaben umsetzen und das Land ins Chaos stürzen.

Sie wollen einen ethnischen Konflikt anzetteln und so dem Präsidenten Ivanov ermöglichen, den Kriegszustand auszurufen. Das war ihr Ziel. Bei der Clique um Gruevski kann man nie sicher sein, was als nächstes kommt. Doch wir werden nicht zulassen, dass sie dieses Szenario umsetzen. Wir werden die Verfassung und die Gesetze respektieren. Mit Unterstützung aus Mazedonien und der internationalen Gemeinschaft werden wir unsere Verpflichtung zur Bildung einer neuen Regierung erfüllen.

Präsident Gjorge Ivanov (re.) und der langjährige Premier Nikola GruevskiBild: picture-alliance/AP Photo/B. Grdanoski

Es gibt Gerüchte, dass VMRO-Chef und Ex-Premier Nikola Gruevski von Ihnen Garantien verlangt hat, dass er und einige Personen aus seinem engsten Kreis amnestiert werden. Stimmt das?

Ja, das stimmt. Gruevski will eine Amnestie, das ist der Hintergrund seines jetzigen Handelns. Die wird es aber nicht geben! Nach allem, was wir über seine Machenschaften gehört haben, wird das vor Gericht gebracht werden müssen. Er wird sich der Gerechtigkeit nicht entziehen können. Ich habe es den Bürgern versprochen: Mazedonien wird ein Rechtsstaat und das Recht wird für alle gleichermaßen gelten.

Zu wie tiefgreifenden Reformen sind Sie bereit, damit die Gesellschaft normal funktioniert?

Die Demokratie ist keine einfache Geschichte, es ist ein schwieriger Prozess. Darum ist es notwendig, dass sich alle an dem Wiederaufbau der demokratischen Werte in Mazedonien beteiligen, die das Regime in den vergangenen zehn Jahren untergraben hat. Dazu sind wir fest entschlossen, wir haben uns dazu auch in dem neuen Regierungsprogramm verpflichtet.

Der neue Parlamentspräsident Talat Xhaferi kann sein Amt nicht antretenBild: picture-alliance/AA/B. Ademi

Wir werden alle nötigen Reformen umsetzen, damit Mazedonien auf die Beine kommt. Wir werden es den Institutionen des Staates ermöglichen, professionell und unabhängig von der Politik zu arbeiten - für die Bürger und nicht wie bisher für die Politiker. Das bezieht sich auf die Gerichte, auf die Medien wie auch auf die Behörden, deren Aufgabe es ist, die Regierung zu kontrollieren.

Tatsache ist aber, dass auch im Gesundheits- und im Bildungswesen sowie in der sozialen Sphäre alles ruiniert ist. Wo auch immer Sie hinschauen, nichts steht auf einer gesunden Basis. Die Wirtschaft ist die reinste Katastrophe. Die Bürger sind verarmt. Es erwartet uns ein Haufen Arbeit, doch wir schrecken davor nicht zurück. Wir können es kaum abwarten anzufangen.

Wir haben den tiefen Glauben, dass wir aus Mazedonien ein Land aufbauen werden, das Respekt verdient. Wir haben das Ziel, den Plan und Menschen, die die nötigen Qualitäten mit sich bringen und diese Änderungen tragen können. Man wird in Mazedonien ein schönes Leben führen können, es wird ein gutes Leben für alle sein.

Zoran Zaev (43) ist seit 2013 Präsident der Sozialdemokratischen Union Mazedoniens (SDSM) und Oppositionsführer im Parlament.

Das Interview führte Katerina Blazevska.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen