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Politik

Zschäpe spricht erstmals im NSU-Prozess

29. September 2016

Jahrelang hatte sie eisern geschwiegen, dann ließ sie ihre Anwälte Erklärungen verlesen. Jetzt hat Beate Zschäpe sich im NSU-Prozess in München selbst geäußert.

Deutschland NSU-Prozess: Zschäpe meldet sich zum ersten Mal zu Wort
Bild: dpa

Beate Zschäpe verlas eine kurze Erklärung, wonach sie sich früher "durchaus mit Teilen des nationalistischen Gedankenguts" identifiziert habe, heute jedoch nicht mehr. "Heute beurteile ich Menschen nicht nach Herkunft und politischer Einstellung, sondern nach Benehmen", sagte die Hauptangeklagte im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München.

In ihrer Stellungnahme, die sie mit leiser Stimme und sehr schnell verlas, teilte sie mit, sich Mitte bis Ende der 90er Jahre mit nationalsozialistischem Gedankengut identifiziert zu haben. Danach seien solche Gedanken aber zunehmend unwichtiger für sie geworden und heute hege sie sie gar nicht mehr, so die 41-Jährige. Sie verurteile was Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt ihren Opfern und deren Familien angetan hätten, und ergänzte, sie verurteile auch ihr eigenes Fehlverhalten.

Für Anwalt Sebastian Scharmer, der im Prozess die Tochter des Dortmunder Mordopfers Mehmet Kubasik als Nebenklägerin vertritt, nähert sich das Verfahren dem Ende. "Frau Zschäpe steht mit dem Rücken an der Wand. Sie sieht die Rechtsfolge, die da kommen kann nämlich lebenslang mit besonderer Schwere der Schuld und sie versucht jetzt quasi verzweifelt alles, um noch irgendwie das Ruder herumzureißen aber das ist zu spät und vor allen Dingen zu schlecht", sagte er der ARD und dem Bayerischen Rundfunk.


Mammutprozess

Zschäpe steht seit dem 6. Mai 2013 vor Gericht. Die Bundesanwaltschaft wirft ihr Mittäterschaft an zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen vor, die dem "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) vorgeworfen werden. Zschäpe ist die einzige Überlebende des NSU-Trios. Ihre beiden Freunde Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt sollen die Taten überwiegend aus Fremdenhass verübt haben. Zschäpe hatte mit ihnen 13 Jahre unerkannt im Untergrund gelebt.

"Alle waren erstaunt, ihre Stimme zu hören"

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Dies war das erste Mal, dass sie im Prozess öffentlich mehr als nur "Ja" oder "Nein" sagte. Vor ihrer Stellungnahme hatte ihr Verteidiger, Hermann Borchert, weitere Antworten seiner Mandantin auf Fragen des Gerichts verlesen. Zschäpe blieb darin bei der Linie, wonach sie von den Morden der beiden Männer immer erst im Nachhinein erfahren habe und auch ansonsten in die Planungen von Straftaten nicht eingebunden war. Zur Frage, wie der NSU seine Opfer auswählte, könne sie keine Angaben machen.

Für einige Prozessbeobachter ist das Bild von der Mitläuferin, das Zschäpe selbst von sich zeichnet, nicht stimmig. Es passe nicht zum Bild der selbstbewussten, durchsetzungsstarken Frau, das Zeugen im Prozess von ihr zeichneten. Opferanwalt Sebastian Scharmer: "Frau Zschäpe setzt sich immer wieder in Widersprüche zu den eigenen vorherigen Erklärungen, in Widersprüche zu Zeugen, zur Aktenlage. Es wird immer absurder und immer widersprüchlicher. Ich glaub, Frau Zschäpe hat sich mit ihrem Erklärungsverhalten hier überhaupt keinen Gefallen getan.“

Aussage verweigert - auf Anraten der Verteidiger

Auf Anraten ihrer drei Verteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm hatte Zschäpe jahrelang jede Aussage verweigert. Im vergangenen Dezember hatte sie mit Unterstützung von zwei weiteren Anwälten eine Aussage und mehrere Antworten auf Fragen des Oberlandesgerichts verlesen lassen, bisher aber nie selber das Wort ergriffen. Ihre jetzige kurze Erklärung kommt zu einem Zeitpunkt, an dem das Gericht kurz vor dem Ende der Beweisaufnahme steht.

 

uh/rb  (dpa, ARD)

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