Todesurteil für junge Christin
31. Mai 2014 Auf westliche Beobachter wirkt der Fall wie aus dem tiefsten Mittelalter. Botschafter westlicher Staaten und Menschenrechtsorganisationen setzten sich bei der Regierung in Khartoum für die Ärztin Mariam Yahya Ibrahim Ishag ein. In Deutschland forderte die Bundesregierung, das Todesurteil aufzuheben. Ihr Menschenrechtsbeauftragter Christoph Strässer stellte in Berlin klar: "Der Sudan ist völkerrechtlich verpflichtet, die Religionsfreiheit zu verteidigen und zu fördern." Das Auswärtige Amt habe gegenüber der sudanesischen Botschaft "intensiv darauf gedrungen", dass der Sudan die Menschenrechte achtet. Strässer zufolge hat die sudanesische Regierung "zwischenzeitlich anerkannt, dass das Urteil möglicherweise fehlerhaft ist". Ein hoher Regierungsbeamter in Khartoum hält inzwischen auch für denkbar, dass die Frau in den kommenden Tagen freigelassen wird.
Die Deutsche Bischofskonferenz und das Internationale Katholische Missionswerk missio hatten bereits am Montag (26.05.2014) die Freilassung der Frau gefordert. Die Ärztin habe das Menschenrecht auf Eheschließung wahrgenommen, das "niemals und nirgendwo die Todesstrafe oder Verhaftung nach sich ziehen darf", sagte der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Ludwig Schick. Der Fall sei symptomatisch für die sich verschlechternde Lage der Christen, aber auch für die schwierige Lage von Frauen im Sudan, so der Bamberger Bischof.
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, schloss sich diesen Forderungen an. Glück appellierte an die Bundesregierung und die Europäische Union, auf die Freilassung der Mutter hinzuwirken: Das Todesurteil verstoße gegen die Menschenrechte. "Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht, auf das alle Menschen einen Anspruch haben", erklärte Glück in der Vollversammlung des ZdK vor Beginn des Katholikentages in Regensburg. Niemand dürfe wegen seiner religiösen Überzeugungen verfolgt werden. Die Gefangenenhilfsorganisation Amnesty, die die internationale Protestwelle mit Berichten aus Khartoum losgetreten hatte, sprach von einem "abscheulichen Urteil" und einem "Akt unerhörter Diskriminierung von Frauen".
Das sudanesische Gericht warf Mariam Yahya Ibrahim Ishag Ehebruch und "Abfall vom islamischen Glauben" vor, weil sie einen christlichen Mann geheiratet hatte. Das Urteil lautete Tod durch Erhängen. Ischag ist den Berichten zufolge von ihrer Mutter christlich-orthodox erzogen worden, nachdem ihr muslimischer Vater die Familie verlassen hatte. In der sudanesischen Auslegung der Scharia, des islamischen Rechts, darf eine Muslimin keinen Christen heiraten. Tut sie es dennoch, wird dies als Ehebruch gewertet. Weitere Dramatik erhielt der Fall dadurch, dass die Verurteilte hochschwanger inhaftiert wurde. Jetzt hat Ishag, die bereits Mutter eines 20 Monate alten Jungen ist, in der Haft ein Mädchen zur Welt gebracht.
gb/sd (dpa/afp/dpa/epd)