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Verhaltene Reaktionen auf Michael-Jackson-Doku

Torsten Landsberg
6. März 2019

Eine TV-Doku über angeblichen Kindesmissbrauch hat die Debatte um Michael Jackson neu entfacht. Radiosender nahmen Songs von ihm aus dem Programm. In Deutschland sind die Reaktionen verhalten.

US-Popstar Michael Jackson | 2005
Bild: picture-alliance/dpa/Mata

In der TV-Dokumentation "Leaving Neverland" des US-amerikanischen Senders HBO sprechen Wade Robson und James Safechuck vor der Kamera über ihre persönlichen Erlebnisse mit Michael Jackson.

Die beiden Männer waren im Kindesalter langjährige Wegbegleiter des Superstars und verbrachten viel Zeit mit ihm auf seiner Ranch "Neverland" in Kalifornien. "Er sagte, wenn jemand herausfinden würde, was wir taten, kämen wir beide für den Rest unseres Lebens ins Gefängnis", sagt Robson in dem vierstündigen Film, der Anfang 2019 bereits auf dem Sundance Film Festival gezeigt wurde und für Diskussionen sorgte. 

Der TV-Sender ProSieben kündigte inzwischen an, die Dokumentation am 6. April 2019 auch in Deutschland auszustrahlen. Im ersten Teil des Dokumentarfilms erzählen Robson und Safechuck von ihren Missbrauchserfahrungen, im zweiten Teil geht es um die späteren Gerichtsprozesse gegen Michael Jackson aus den Jahren 1993 und 2005.

Im Missbrauchs-Prozess 2005 trat Wade Robson als Entlastungszeuge für Jackson aufBild: Getty Images/C. Allegri

Kampagne im Netz

Fans des Popstars wittern erneut eine Kampagne und haben zum Gegenschlag ausgeholt. In den sozialen Netzwerken werfen sie den Machern Oberflächlichkeit vor und fragen, warum die mutmaßlichen Opfer so lange geschwiegen hätten - eine Argumentation, die bereits aus der #MeToo-Debatte bekannt ist.

Wade Robson und James Safechuck hatten bereits 2013 Vorwürfe gegen den 2009 verstorbenen Jackson erhoben. Als sich der Sänger 2005 wegen Kindesmissbrauchs und neun weiteren Anklagepunkte vor Gericht verantworten musste, war Robson allerdings noch als Entlastungszeuge aufgetreten und hatte angegeben, dass sich Jackson nie unangemessen verhalten habe.

Immer wieder wurde in US-Medien berichtet, Michael Jackson habe an die Familien zahlreicher mutmaßlicher Missbrauchsopfer Schweigegeld in Millionenhöhe gezahlt. Fans des Popstars argumentieren dagegen, die Familien hätten das große Geld gewittert und nur deshalb die Vorwürfe erhoben.

Legendäres Konzert vor dem Berliner Reichstag: Megastar Michael Jackson ("Beat it")Bild: picture-alliance/dpa/Basta

#MuteMichaelJackson

Nach der Ausstrahlung der HBO-Doku "Leaving Neverland" hatten mehrere Radiosender entschieden, Songs von Michael Jackson aus dem Programm zu nehmen, darunter Kanada, Neuseeland und die Niederlande. In Australien streichen die Sender der Gruppe Sydneys Nova Entertainment die Lieder des King of Pop aus ihrem Programm, wie sie am Donnerstag bekannt gaben. In Norwegen hat sich der staatliche Rundfunk NRK zunächst für eine vorübergehende Verbannung entschlossen. Auch die britische BBC nahm aktuell Jackson-Titel von der Playlist. Unter dem Hashtag #MuteMichaelJackson rufen Kritiker auf Twitter dazu auf, keine Songs des Sängers mehr zu hören. Ähnlich hatten Sender und Fans zuletzt nach der Verhaftung des Sängers R. Kelly reagiert.

In Deutschland sind die Reaktionen bislang deutlich verhaltener. Nach Angaben der ARD obliegt die Entscheidung über die Musikauswahl den jeweiligen Landesrundfunkanstalten. WDR und Bayerischer Rundfunk teilten auf DW-Anfrage mit, Jackson-Titel vorerst nicht aus dem Radioprogramm streichen zu wollen.

2018 in Paris zu sehen: Ausstellung "On the Wall" über Michael Jackson in der KunstBild: Reuters/B. Tessier

In der Bonner Bundeskunsthalle laufen derweil die Vorbereitungen zur Ausstellung "Michael Jackson: On the Wall". Die von der National Portrait Gallery in London konzipierte Schau umfasst Arbeiten von Andy Warhol, Isa Genzken oder David LaChapelle und wird am 22. März 2019 eröffnet. In der Bundeskunsthalle wird momentan diskutiert, wie die aktuelle Debatte aufgegriffen werden kann, sagt Intendant Rein Wolfs im DW-Gespräch: "Wir wollen das Publikum einbinden und planen dazu Podiumsdiskussionen."

Er halte es für einen Fehler, Werke aufgrund von privaten Verfehlungen der Künstler aus dem kulturellen Kanon zu werfen. "Man muss die Problematik kontextualisieren und die Verbindung von Kunst und Person diskutieren", sagt Wolfs.

Jahrelang lebte Michael Jackson auf seiner Neverland Ranch in Kalifornien. Die Anwesenheit von Kindern war üblich.Bild: picture-alliance/dpa

Im Zentrum: der Musiker, nicht die Privatperson

In Deutschland laufen derzeit auch zwei Theateraufführungen, die jeweils den Untertitel "Die Show über den King of Pop" tragen. "Thriller Live", vom Londoner Theaterproduzenten und Jackson-Freund Adrian Grant entwickelt, feierte bereits vor zehn Jahren seine Deutschland-Premiere. Im kommenden April gastiert das Ensemble zwei Wochen im Deutschen Theater in München. Die aktuelle Debatte habe aber keinen Einfluss auf die Planung, sagt Ulrike Wingenfelder, Pressesprecherin des Veranstalters BB Promotion, der DW. Darüber hinaus wolle sich der Veranstalter nicht zur Thematik äußern.

Genialer Musiker und Tänzer: Michael Jackson in seinem Film "Moonwalker" (1988)Bild: picture-alliance/dpa/Keystone USA

Zum 60. Geburtstag des Popstars startete im August 2018 die Show "Beat it!", die in den kommenden Wochen unter anderem in Frankfurt am Main, Bremen und Berlin auf die Bühne kommt. Sie ist bereits bis April 2020 terminiert. Die Show sei ein eigenständiges Produkt, "das sich wertungsfrei auf die Musik von Michael Jackson konzentriert", sagt Björn Eng, Projektmanager beim Veranstalter Cofo Entertainment.

Im Mittelpunkt stehe nicht die private Person, sondern der Musiker. "Es steht natürlich jedem frei, sich zu entscheiden, die Show vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte nicht zu besuchen", ergänzt Manager Eng. Michael Jackson sei allerdings juristisch von den Vorwürfen bereits vor Jahren freigesprochen worden.

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