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Mit Immuntherapie zu renommiertem Medizinpreis

Gudrun Heise14. März 2015

Fortgeschrittener schwarzer Hautkrebs und Leukämien bei Kindern und Erwachsenen. Das sind die Gebiete, auf denen Carl June aus Pennsylvania und James P. Allison aus Houston forschen - mit großem Erfolg.

Schwarzer Hautkrebs (Foto: dpa).
Bild: picture-alliance/dpa

"Bei der Immuntherapie wird nicht mehr der Tumor behandelt, sondern das Immunsystem. Sie steht für ein neues Therapieprinzip in der Onkologie", so begründet die Paul Ehrlich-Stiftung die Auszeichnung der beiden amerikanischen Forscher mit dem Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis.

Krebszellen folgen nicht mehr bestimmten Regeln des Körpers, es sind entartete Zellen. Das Immunsystem müsste sie eigentlich als solche erkennen und entsprechend vernichten. Aber die Krebszellen entwickeln eine Immuntoleranz. Sie weichen dem Immunsystem entweder aus oder aber bremsen die Immunantwort ab. Gegen diese Tricks der Krebszellen im Körper haben James P. Allison vom "The University of Texas MD Anderson Cancer Center" und Carl H. June von der "Perelman School of Medicine at the University of Pennsylvania" neue Gegenmaßnahmen gefunden.

Mit T-Zellen gegen den Krebs

Als Durchbruch des Jahres bezeichnete die angesehene Zeitschrift "Science" die Immuntherapie gegen Krebs und in diesem Zusammenhang auch die Forschungserfolge von Allison und June. Sie wurden als großer Schritt in der Krebsforschung gefeiert. Beide Forscher nutzen Immunzellen, um gegen den Krebs vorzugehen. Die sogenannten T-Zellen schützen den Körper vor Infektionen. Normalerweise werden aktivierte T-Zellen abgebremst, die Immunreaktion wird dadurch schwächer. So wird verhindert, dass das Immunsystem überreagiert und weitreichende Schäden anrichtet. Die Methode, die Allison entwickelt hat, beruht darauf, die T-Zellen eben nicht mehr abzubremsen. So sind sie länger aktiv, können sich vermehren, den Tumor unter Kontrolle halten und ihn im besten Fall sogar beseitigen, also unschädlich machen.

James P. Allison forscht zu Schwarzem HautkrebsBild: UT MD Anderson Cancer Center

Die englische Bezeichnung für die Brems- oder Kontrollproteine lautet "Checkpoints" - die Therapie wird als Checkpoint-Therapie bezeichnet. Die durch Allison begründete Strategie hat bereits dazu geführt, dass entsprechende Medikamente zugelassen wurden. Die sogenannte Checkpoint-Hemmung hat es von der Grundlagenforschung schon in die Klinik geschafft.

Die Checkpoint-Therapie

Erkennen T-Zellen ein fremdes Antigen, bestätigt ein zweites Signal, dass es für die T-Zellen tatsächlich notwendig ist, darauf zu reagieren. Diese Aktivität wird dann über ein weiteres Signal wieder runtergefahren. Das Protein, das dafür zuständig ist, trägt den Namen CTLA4. Allison hat versucht, die Drosselung aufzuheben und so eine stärkere Immunantwort gegen Krebszellen hervorzurufen. Mit Tierexperimenten hat er beweisen können, dass dieses Prinzip funktioniert. Der entsprechende Antikörper ist in den USA und in Europa - einschließlich Deutschland - zugelassen. Angewendet wird das Medikament Ipilimumab vor allem beim Schwarzen Hautkrebs. "Meine Arbeit hat zu einem völlig neuen Ansatz in der Krebstherapie geführt", so der Krebsforscher Allison. "Anstatt nach Zielmolekülen auf den Tumorzellen zu suchen, die wir angreifen können, blockieren wir die Brems- und Kontrollproteine auf den T-Zellen. Dadurch wird das Immunsystem entfesselt und kann erfolgreich gegen verschiedene Arten von Krebs vorgehen."

Um durchschnittlich vier Monate konnten die Forscher das Leben von Patienten durch die Gabe von Ipilomumab verlängern. Bei mehr als 20 Prozent war das Ergebnis noch besser: Sie leben auch noch zehn Jahre nach der Therapie. "Es macht mich stolz zu sehen, dass meine Arbeit zu einer Behandlung geführt hat, die heute vielen Menschen das Leben rettet. Besser kann es gar nicht gehen", sagt der Träger des Paul Ehrlich und Ludwig Darmstaedter-Preises.

Ein anderer Ansatz

Im Mittelpunkt der Forschungsarbeit von Carl H. June steht ein neues Eiweiß. Dieses Eiweiß wird den T-Zellen mit auf ihren Weg gegeben und führt sie direkt zu den Krebszellen. Das Eiweiß ähnelt einem Antikörper. Die Krebszellen erkennt es an ihren Antigenen. Die Bezeichnung "CAR" für dieses Protein steht für "Chimärer Antigen Rezeptor". Dieser spürt die Tumorzellen auf. Sie werden bei beiden Methoden - auch bei der von Allison - von den Immunzellen attackiert. Krebs vom körpereigenen Immunsystem bekämpfen zu lassen, ist kein neues Verfahren. Bereits vor über 100 Jahren wurde das Prinzip entwickelt, geriet dann aber durch die Erfolge der Chemotherapie lange ins Hintertreffen. Vor über 30 Jahren aber haben sich Forscher wieder vermehrt der Immuntherapie gewidmet.

Carl H. June forscht zu LeukämieBild: Penn Medicine

Zwei Methoden, ein Ziel

June verfolgt eine andere Vorgehensweise als Allison. Die T-Zellen dienen ihm als Therapeutikum. Das gewinnt er, indem er den Patienten Blut entnimmt, die T-Zellen daraus isoliert und sie im Labor mit dem Protein, dem "Chimären Antigen Rezeptor" ausrüstet. Dann vermehren sich die T-Zellen, und June gibt sie den Patienten zurück. Mit dieser Methode werden vor allem todkranke Menschen behandelt, die unter therapieresistenten akuten oder chronischen Leukämien leiden.

In den Leukämiezellen wird das Protein CD19 in großen Mengen gebildet. Daran erkennen die veränderten T-Zellen die Feinde, die Leukämiezellen. Sie setzen Botenstoffe frei. Dadurch wiederum werden weitere spezifische T-Zellen gebildet. Nach und nach entsteht so eine große Anzahl von T-Zellen, die die Tumoren angreifen und zerstören.

Die Ergebnisse der durchgeführten Studien geben Hoffnung: Zwei der ersten drei Patienten sind noch immer in Remission. Das heißt: Die Krankheitssymptome haben nachgelassen oder sind sogar ganz verschwunden. Die Leukämie wurde bei ihnen offensichtlich dauerhaft zurückgedrängt. "Es treibt mir immer wieder die Freudentränen in die Augen, wenn ich einige unserer Patienten sehe", sagt June über seinen Erfolg. Als herausragendes Beispiel gilt Emily Whitehead. Das Mädchen war sechs Jahre alt und austherapiert, bevor sie von June behandelt wurde. Sie kann heute wieder in der Schule gehen. "Viele Patienten führen wieder ein normales Leben", so der Preisträger.

Zwei unterschiedliche Methoden, die denselben Feind bekämpfen: Krebs. Ihre Arbeit wird jetzt mit einem der renommiertesten Medizinpreise in Europa geehrt: mit dem Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis, dotiert mit 100.000 Euro.

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