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Zwei Iraner fliehen zu Fuß nach Deutschland

Kaukab Shairani
13. August 2024

Mehr als 4000 Kilometer trennen Teheran und Berlin. Immer mehr Iraner, die Verfolgung fürchten, suchen Schutz in Deutschland. Zwei Geflüchtete berichten der DW über ihre Reise - im Flugzeug, im Boot, und zu Fuß.

IRAN/Deutschland Zwei Männer liegen auf einem Waldboden neben Ästen. Mit ihren Fingern machen se das Victory-Zeichen. Sie sind auf der Flucht aus dem Iran nach Deutschland
Die beiden Flüchtlinge Omid (l) und Milad (r). Die Aufnahme entstand auf ihrer Flucht aus dem Iran nach Deutschland Bild: Privat/DW

Omid und Milad haben es geschafft. Nach einer langen abenteuerlichen Reise sind die beiden Männer aus dem Iran in Deutschland angekommen. Anderthalb Monate waren sie unterwegs. Nun haben sie einen Antrag auf Asyl gestellt.

Seit dem Tod von Jina Mahsa Amini am 16. September 2022 verlassen immer mehr Menschen den Iran. Die 22-jährige Amini war von der Sittenpolizei festgenommen worden, weil sie angeblich das Kopftuch in der Öffentlichkeit nicht gemäß den Vorgaben des Regimes in Teheran getragen hatte. Sie starb im Polizeigewahrsam.

Bei den darauffolgenden gewalttätigen Auseinandersetzungen kamen mindestens 500 Menschen ums Leben, mehr als 20.000 wurden festgenommen. Die UN verurteilte die Unterdrückung als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit".

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Flucht vor Verfolgung, Unterdrückung und Misshandlung

Zu den schärfsten Kritikern gehörte Milad. Seinen Nachnamen will er nicht verraten. Der 35-Jährige sagt der DW, er habe seit 2008 regelmäßig an regierungskritischen Protesten teilgenommen und sei deswegen schweren Repressionen ausgesetzt gewesen.

Er beschuldigt iranische Sicherheitskräfte, ihm während der Demonstrationen im Jahr 2022 in ein Auge geschossen zu haben. Deswegen sei er auf einem Auge blind.

Später sei er festgenommen und im Gefängnis misshandelt worden. Er sei erst freigekommen, nachdem er schriftlich zugesichert habe, die Protestaktivitäten nach seiner Freilassung einzustellen.

Omid, der zweite Geflüchtete, ist 28 Jahre alt und war nach eigenen Angaben bis 2017 Polizeibeamter. Auch seinen Nachnamen will er lieber nicht nennen.

Er habe seinen Job verloren, weil er sich nicht an der Unterdrückung durch die Sicherheitskräfte und regimetreue Organisationen wie die Basij-Miliz beteiligen wollte, sagt er der DW.

Die Basij-Miliz rekrutiert sich aus regimetreuen Freiwilligen und wird häufig bei der Niederschlagung von Protesten eingesetzt. "Für mich ist es wichtig, dass ich mich nicht an der Unterdrückung meiner Landsleute beteiligt habe", sagt Omid.

Die Folge war, dass auch er verhaftet wurde. Später kam er mithilfe seines Vaters, eines Veteranen, frei.

Omid und Milad zu Fuß auf der Flucht in Europa Bild: Privat/DW

Zunächst getrennt auf dem selben Weg

Beide, Omid und Milad verließen Teheran im März 2023. Beide wollten nach Deutschland. Sie lernten sich allerdings erst während der Flucht kennen. 

Die erste Station war Istanbul. Für Kurzzeitreisen brauchen iranische Staatsbürger für die Türkei kein Visum. So flogen beide zunächst in die Metropole am Bosporus.

Von dort aus ging es weiter nach Griechenland. "Vier Tage lang war ich zu Fuß unterwegs. Ich musste auch mit einem Boot fahren", sagt Milad.

Wo das genau war, kann er heute nicht mehr sagen. Nach der Bootsfahrt nahm ihn ein afghanischer Schleuser in Empfang. Er kassierte sein Geld und setzte ihn in einen Bus. Ziel: unbekannt.

Während Milad im Bus saß, musste Omid in Griechenland drei Tage ohne Essen in der Wildnis auskommen. "Ich habe nur von Wasser gelebt, das ich auf Blättern und in Sümpfen sammeln musste. Es war sehr hart", sagt er.

"Wir hatten nur einen Rucksack dabei, ein paar Nüsse und zwei Flaschen Wasser. Er durfte nicht zu schwer sein, weil wir sonst nicht laufen konnten."

Milad will zehn bis elf Staatsgrenzen überquert haben. Welche das genau waren, kann er nicht sagen. Er kann heute nur noch die von Serbien benennen. Dort sei er sechsmal von der auf Polizei erwischt worden.

Omid erinnert sich an die Begegnung mit der Polizei in Kroatien. Die Beamten sollen ihm gedroht haben: "Wir schicken dich in den Iran zurück!".

Beide Geflüchtete dokumentierten ihre Reise mit FotosBild: Privat/DW

Zusammentreffen in Serbien - gemeinsam zum Ziel

In Serbien lernten sich Omid und Milad kennen und beschlossen, ihre Flucht gemeinsam fortzusetzen. Auf der letzten Strecke Richtung Deutschland gingen sie zu Fuß.

An der Grenze hätten sie "absolut menschliche und gute Behandlung" erfahren, so die beiden Männer. Nun haben sie einen Antrag auf Asyl in Deutschland gestellt, der noch geprüft wird.

Omid hofft, dass Deutschland geflüchtete Iraner weiterhin unterstützt. "Diese Menschen wurden gezwungen, ihr Zuhause, ihre Heimat, ihre Familien und ihr Hab und Gut zu verlassen, um ihr Leben zu retten", sagt er.

Aus dem Englischen adaptiert von Dang Yuan

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