Zwei Jahre "Wir schaffen das"
3. September 2017August 2015
"Wir schaffen das". Wenn es einen Satz gibt, der sich vom Moment, da sie ihn ausspricht, an die Bundeskanzlerin heftet, dann dieser. "Wir schaffen das", erklärt Angela Merkel am 31. August, um den Deutschen Mut zu machen, eine der größten Herausforderungen des Landes zu bewältigen.
Voran ging eine fundamentale Entscheidung der Bundesregierung: Am 25. August beschließt sie, das Dublin-Verfahren für Syrer auszusetzen. Das heißt: Syrische Flüchtlinge müssen fortan nicht mehr in das EU-Land zurückgeschickt werden, in dem sie als erstes das Gebiet der EU betreten haben. Den Schutz der Flüchtlinge bezeichnet Merkel als "nationale Pflicht".
September 2015
Mehrere Tage lang hat Ungarn auf sein Staatsgebiet vorgedrungene Flüchtlinge festgehalten. Am 4. September nehmen Deutschland und Österreich aus Ungarn kommende Flüchtlinge auf. Am Münchner Hauptbahnhof begrüßen freiwillige Helfer die dort ankommenden Flüchtlinge und verteilen Süßigkeiten. Die entsprechenden Aufnahmen werden eine Zeitlang zum Emblem der deutschen Willkommenskultur. Das Land entwickelt sich zum begehrtesten Ziel für Asylsuchende in Europa.
Doch schon zwei Wochen später, am 13. September, beginnt Deutschland die Kontrollen an der Grenze zu Österreich zu stärken. Der Verkehr von zwischen den beiden Ländern pendelnden Personenzügen wird zeitweilig ausgesetzt. Zugleich passieren tausende Flüchtlinge die Grenze nach Deutschland. Viele kleinere Kommunen sind kaum in der Lage, den Zustrom zu bewältigen.
Oktober 2015
Die EU und die Türkei vereinbaren gemeinsame Aktionen, um den Flüchtlingsstrom zu bewältigen. Am 15. Oktober ändert der Deutsche Bundestag das Asylrecht. Fortan gelten Albanien, das Kosovo und Montenegro als sichere Herkunftsländer.
November 2015
Für Asylsuchende mit geringerem Schutzstatus wird das Recht auf Familienzusammenführung eingeschränkt. Darüber hinaus beschließt die Bundesregierung, spezielle Aufnahmezentren für Flüchtlinge einzurichten, die nur geringe Chancen auf ein Aufenthaltsrecht in Deutschland haben.
Dezember 2015
Insgesamt kommen im Jahr 2015 etwa 890.000 Asylsuchende nach Deutschland. Zugleich werden über 1000 Angriffe auf Asylzentren gemeldet.
In der Silvesternacht kommt es im Zentrum von Köln zu sexuellen Übergriffen und Diebstahl. Polizeiberichten und Zeugenaussagen zufolge sind die Täter vornehmlich von "arabischem oder nordafrikanischem Äußeren". Stimmen werden laut, die Merkels Politik der offenen Grenzen dafür verantwortlich machen, dass die Täter nach Deutschland gekommen sind.
März 2016
Slowenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien schließen ihre Grenzen. Für Flüchtlinge ist die Balkanroute nun weitgehend geschlossen. Die populistische Rechtspartei Alternative für Deutschland gewinnt Sitze bei drei Landtagswahlen. Die EU und die Türkei unterzeichnen einen Vertrag, der vorsieht, Migranten, die von türkischem Territorium aus nach Griechenland kommen, zurück in die Türkei zu schicken.
April 2016
Die EU schickt aus der Türkei in Griechenland eintreffende Migranten und Flüchtlinge zurück in die Türkei. Über diese Route einreisende Syrer werden in der Europäischen Union verteilt.
Mai 2016
Die Europäische Kommission schlägt erstmals vor, EU-Mitgliedsstaaten zu bestrafen, die sich weigern, Asylsuchende aufzunehmen.
Juli 2016
Ein 17-jähriger afghanischer Asylsuchender greift am 19. Juli in einem Regionalzug bei Würzburg 20 Passagiere mit einem Messer an. Ein syrischer Asylsuchender bringt in der Stadt Ansbach in Baden-Württemberg einen Sprengsatz zur Explosion. Er selbst kommt dabei ums Leben, zwölf Passanten werden verletzt.
Dezember 2016
Erstmals werden abgelehnte afghanische Asylsuchende per Charterflug nach Afghanistan zurückgebracht. Am 19. Dezember fährt der tunesische Asylbewerber Anis Amri einen LKW in einen Berliner Weihnachtsmarkt. Zwölf Menschen werden getötet, 56 verletzt. Später wird er bei einer Schießerei in der Nähe von Mailand von Polizisten getötet. Auch dieser Angriff stellt die Asylpolitik der Bundeskanzlerin in Frage.
Februar 2017
Angela Merkel präsentiert einen neuen Plan zur beschleunigten Abschiebung von abgelehnten Asylsuchenden. Die meisten der Betroffenen sind Afghanen. Der Plan ist eine Antwort auf den Terrorakt von Berlin.
März 2017
Angela Merkel vereinbart mit der tunesischen Regierung die Rücknahme von 1500 abgelehnten tunesischen Migranten.
August 2017
Bei einem Treffen mit UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi erklärt Merkel, Deutschland werde 50 Millionen Euro an die Internationale Organisation für Migration und das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen zahlen. Außerdem werde sich Deutschland stärker am Kampf gegen Schleuser beteiligen.
Ende des Monats berät Merkel in Paris zusammen mit europäischen und afrikanischen Politikern über Möglichkeiten, die Zahl der nach Europa kommenden Flüchtlinge zu senken. Zur Diskussion stehen Hot Spots und Empfangszentren in afrikanischen Ländern. Außerdem sollen Asylsuchende ihren Antrag bereits in ihren jeweiligen afrikanischen Heimatländer stellen können.