Zwei Mädchen in Izmir lebend geborgen
1. November 2020Tage nach den schweren Erdstößen in der Westtürkei geschahen doch noch kleine Wunder. 65 Stunden nach dem Beben wurde in Izmir ein dreijähriges Mädchen lebend geborgen. Ebenfalls am frühen Montag wurde eine 14-Jährige aus den Trümmern gezogen und nach Erster Hilfe vor Ort in ein Krankenhaus gebracht.
"Wir haben unsere drei Jahre alte Elif in Izmir nach 65 Stunden lebendig aus den Trümmern gerettet. Wir sind hier, bis wir den Letzten erreicht haben", schrieb die Katastrophenschutzbehörde Afad auf Twitter. Auf Fernsehbildern war die Rettung des Mädchens zu sehen. Helfer trugen das Kind in ein Krankenzelt. Die Großmutter der Dreijährigen sagte Journalisten: "Ich bin sehr froh. Möge Gott es ihnen (den Rettern) vergelten. Ich bin wieder mit Elif vereint, bald ist sie auch mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern vereint. Meine Gebete wurden erhört."
Die Mutter des Mädchens und seine drei Geschwister waren bereits am Samstag nach 23 Stunden aus den Trümmern eines achtstöckigen Gebäudes geborgen worden. Nach Angaben von Gesundheitsminister Fahrettin Koca starb ein Kind, ein siebenjähriger Junge, weitere Bewohner würden behandelt.
105 Gerettete
Das ebenfalls gerettete 14-jährige Mädchen hatte 58 Stunden unter den Trümmern gelegen. Die türkische Katastrophenschutzbehörde Afad rettete nach einer Meldung der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu bisher 105 Menschen nach dem Erdbeben vom Freitag. Die Bergungsarbeiten in der Küstenstadt Izmir dauern an.
Bisher wurden in der türkischen Region Izmir nach amtlichen Angaben 81 Todesopfer unter den Schuttmassen gefunden, zwei weitere Tote gab es auf der griechischen Insel Samos.
962 Menschen in der Türkei erlitten Verletzungen. Mehr als 200 Verletzte liegen nach Angaben der türkischen Katastrophenschutzbehörde Afad noch im Krankenhaus. Gut 30 Stunden nach dem Beben hatten Helfer noch einen 70-Jährigen unter dem Beifall von Umstehenden lebend aus dem Schutt geborgen. Im Katastrophengebiet wurden tausende Zelte als Notunterkünfte errichtet.
800 Nachbeben
Das Beben der Stärke 7,0 hatte am Freitag den Westen der Türkei und die griechische Insel Samos erschüttert. Nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS lag das Zentrum des Bebens zwischen Samos und der türkischen Provinz Izmir. Die Erschütterungen waren bis nach Istanbul und Athen zu spüren. Die türkischen Behörden registrierten mehr als 800 Nachbeben. Auf Samos wurden zwei Schüler von einer einstürzenden Mauer erschlagen.
Am schwersten betroffen ist die türkische Stadt Bayrakli, wo 17 Gebäude einstürzten. Zahlreiche Bewohner verbrachten aus Angst vor Nachbeben eine weitere Nacht im Freien. Helfer hatten tausende Zelte errichtet, Freiwillige gaben Suppe aus. An den Such- und Bergungseinsätzen Tag und Nacht beteiligten sich fast 6000 Einsatzkräfte. "Wir warten auf ein Wunder", sagte ein Mann in Bayrakli.
Vor Baumängeln war gewarnt worden
Laut einem Bericht der Zeitung "Hürriyet" hatten Experten bereits vor Jahren auf Mängel an zwei der nun eingestürzten Gebäude in Bayrakli hingewiesen. Bei ihrem Bau sei minderwertiger Zement verwendet worden.
In der Türkei, die von mehreren Verwerfungslinien durchquert wird, gibt es immer wieder schwere Erdbeben. Erst im Januar waren mehr als 40 Menschen nach einem Erdbeben der Stärke 6,7 in Elazig im Osten des Landes ums Leben gekommen. 1999 kamen bei zwei Beben im Nordwesten des Landes rund 18.000 Menschen ums Leben.
haz/wa/kle (dpa, afp, rtr)