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Zwei Milliarden Menschen mangelernährt

Helle Jeppesen13. Oktober 2014

Zu viel zum Sterben, zu wenig zum Leben: Der neue Welthungerindex macht die Dimension des Hungers deutlich. Weltweit sind mehr als zwei Milliarden Menschen mangelernährt, 800 Millionen hungern ganz akut.

Symbolbild Sierra Leone Hunger
Bild: picture-alliance/dpa

Weltweit weniger Hunger, mehr Mangelernährung

01:38

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Satt sein und trotzdem hungern – geht das? Ja, so der neue Welthungerindex, der gemeinsam von der Deutschen Welthungerhilfe, der irischen Hilfs- und Entwicklungsorganisation Concern Worldwide und dem internationalen Forschungsinstitut für Ernährungs- und Entwicklungspolitik, IFPRI, erstellt wurde.

"800 Millionen Menschen hungern, weil sie nicht genug zu essen haben. Da geht es um Quantität, um Kalorienzufuhr", sagt Shenggen Fan, Generaldirektor von IFPRI. "Doch zwei Milliarden Menschen hungern, weil sie nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt werden." Die Folgen von verstecktem Hunger aber sind, so Fan, genau so tödlich: Es dauert lediglich länger, bevor ein Mensch an den Folgen der Unterversorgung mit Nährstoffen stirbt.

Mit dem neuen Welthungerindex ist eine Weltkarte entstanden, die zeigt, wo die Menschen besonders von Hunger betroffen sind und wo am meisten Handlungsbedarf besteht. Allerdings mit Ausnahmen: Für Länder wie den Kongo oder Somalia fehlen einfach verlässliche Zahlen, um die Situation realistisch einzuschätzen.

Wo gehungert wird - die neue Weltkarte des Hungers

Daten aus aller Welt

Die Experten von IFPRI haben Daten von verschiedenen UN-Organisationen und aus einzelnen Ländern und Regionen zusammengetragen. Ihre drei Indikatoren für versteckten Hunger: die Unterernährung in der Gesamtbevölkerung, das Untergewicht bei Kindern und die Kindersterblichkeit.

Bei der Auswertung der Daten haben die Experten die aktuellen Zahlen auch mit Statistiken von 1990 verglichen: Es gebe zwar überall eine positive Entwicklung, doch insgesamt sei die Qualität der Ernährung in den letzten Jahren vernachlässigt worden, meint Wolfgang Jamann, Generalsekretär der deutschen Welthungerhilfe.

Nicht nur mehr, sondern bessere Nahrungsmittel

Für die Welthungerhilfe dient die Datensammlung vor allem der Strategieplanung für die eigene Arbeit, dazu gehören auch Empfehlungen an die Politik.

Die Schlussfolgerungen sind klar, meint Wolfgang Jamann im DW-Gespräch: "Es kommt nicht ausschließlich auf Produktivitätssteigerung an, also auf immer mehr Nahrungsmittel. Wichtig ist auch ein diversifizierter Anbau von Nahrungsmitteln, also insbesondere der Anbau von Gemüse - aber auch zum Beispiel Kleintierhaltung."

Unterstützung für die Kleinbauern

Wie man eine gesunde Ernährung in der Praxis sicherstellen kann, das zeigen bereits Projekte der Deutschen Welthungerhilfe und der irischen Partnerorganisation Concern Worldwide.

"Es ist uns extrem wichtig, dass wir drei Aspekte gemeinsam adressieren", sagt Jamann. "Das ist die Verbesserung der Landwirtschaft, die Verbesserung der Ernährungsgewohnheiten und auch der schonende Umgang mit natürlichen Ressourcen".

Es gebe zwar auch viele Möglichkeiten, Nahrungsmittel künstlich anzureichern, "von Bodenanreicherung über modifiziertes Saatgut bis hin zur Zufütterung zum Beispiel von Vitamin A oder Vitaminpulver bei der Ernährung für kleine Kinder", so Jamann.

Er lehne weder die nachträgliche Anreicherung von Nahrungsmitteln noch die sogenannte grüne Gentechnik ab, solange sich die Methoden auch in der Praxis bewährten. Aber viele technologische Lösungen kämen für die meisten Kleinbauern nicht in Frage, sagt Jamann. "Die Mehrzahl der Produzenten, aber auch die Mehrzahl der Hungernden heute sind Kleinbauern. Da müssen andere Lösungen gefunden werden, die an Standorte angepasst sind und die die natürlichen Ressourcen nicht überstrapazieren."

Auch mit Vitaminzusätzen lässt sich Mangelkrankheiten vorbeugenBild: Munir Uz Zaman/AFP/GettyImages

Mehr Hilfe für die ärmsten Länder

Vor allem müsse die ländliche Entwicklung in den ärmsten Ländern unterstützt werden. Einen neuen Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) über die Entwicklungszusammenarbeit sieht Jamann kritisch: die OECD-Länder planen zwar insgesamt höhere Ausgaben im Entwicklungssektor. Aber es gebe "eine Tendenz dahin, die sogenannten 'Good Performers', also Schwellenländer oder gut wirtschaftende Gesellschaften, die stabil sind, zu unterstützen", betont Wolfgang Jamann.

Das wären dann auch die Länder, in denen zum Beispiel private Investitionen möglich sind. Doch viele der Länder, die besonders von Hunger und Armut betroffen sind, sind bei den 'Good Performers' nicht dabei. Sie werden dann mit humanitärer Hilfe abgespeist.

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