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Der zweite Schuldenschnitt wird kommen

Zhang Danhong9. November 2012

Im Frühjahr mussten private Gläubiger Griechenland einen Teil der Schulden erlassen. Nun will die Troika auch die Euro-Länder zur Kasse bitten. Die EZB wird jedensfalls keine weitere Hilfe leisten.

Ein gelbes Euro-Zeichen in die blau gefärbten Haare lässt sich ein junger Mann von einem Friseur in Deinze (Belgien) schneiden (Foto: dpa)
Symbolbild Schuldenschnitt GriechenlandBild: picture-alliance/dpa

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble hat eigentlich dem lang erwarteten Troika-Bericht die Spannung genommen, indem er vor Kurzem einen Staatsbankrott Griechenlands ausschloss. Der immer noch nicht veröffentlichte Bericht sorgt dennoch für Aufsehen. Denn die Experten von der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) sollen darin laut Medienberichten für einen zweiten Schuldenschnitt plädiert haben. Für den Finanzexperten Max Otte ist Schuldenschnitt nichts anderes als ein geordnetes Insolvenzverfahren, also eine Bankrotterklärung: "Das sind zwei Wörter für dasselbe. Aber Griechenland ist nun mal bankrott."

Bereits im März dieses Jahres mussten Banken und Versicherungen auf Forderungen an Griechenland im Umfang von rund 100 Milliarden Euro verzichten. Geholfen hat das wenig, denn die griechische Wirtschaft schrumpft weiter drastisch. Die Folge: Die Gesamtschulden in Relation zum Bruttoinlandsprodukt steuern wieder auf 160 Prozent zu - so hoch war die Quote vor dem Schuldenschnitt.

Ein echter Schuldenschnitt muss her

Es wäre daher Zeit, einen richtigen Schuldenschnitt zu machen, der die großen Vermögen und Gläubiger vernünftig beteilige, fordert Max Otte: "Die griechischen Anleihen sind auch zu einem großen Teil in den Händen der griechischen Banken. Das heißt, dass ein echter Schuldenschnitt für Griechenland auch sehr stark die Bilanzen der griechischen Banken belasten würde." Viele würden insolvent. Damit wären aber auch viele der superreichen Griechen, die vom Elend ihres Landes profitieren, auf einmal ein gutes Stück ärmer, so Otte gegenüber der DW.

Fordert einen echten Schuldenschnitt: Prof. Max OtteBild: picture-alliance/dpa

Doch der deutsche Finanzminister sträubt sich gegen einen weiteren Schuldenschnitt, der diesmal unweigerlich auch die öffentlichen Gläubiger treffen würde. Denn auch sie halten einen Großteil der griechischen Papiere. Da sich der IWF und die EZB - wie deren Chef Mario Draghi am Donnerstag (08.11.2012) noch einmal klar machte - grundsätzlich nicht am Kapitalschnitt beteiligen, bleiben nur die Euroländer übrig, die einen Teil ihrer Ansprüche gegenüber Athen abschreiben müssen. Bisher hat Deutschland den Griechen über Hilfskredite und Anleihekäufe der EZB mehr als 80 Milliarden Euro geliehen. Bei einem Schuldenschnitt von 50 Prozent würden die Deutschen 40 Milliarden Euro verlieren. Das wäre das erste Mal, dass die Griechenland-Rettung die deutschen Steuerzahler Geld kostet.

Unangenehme Wahrheit

"Bisher hat man der deutschen Bevölkerung gesagt, wir übernehmen ja nur eine Haftung, das wird uns nichts kosten", sagt Johann Eekhoff, Direktor des Instituts für Wirtschaftspolitik an der Universität Köln. Ein Jahr vor der Bundestagswahl käme es der Bundesregierung sehr ungelegen, zuzugeben, dass das Ganze doch Geld kostet. Deswegen sucht der Finanzminister nach Argumenten, die gegen ein Forderungsverzicht der öffentlichen Hand sprechen. Das Haushaltsrecht verbiete es, einem Schuldner neues Geld zu geben, bei dem man gerade seine Forderungen nicht bedient bekomme, so Schäuble. Aber "das passiert ja die ganze Zeit schon, dass wir neues Geld geben. Da ist die Bundesregierung nicht ganz konsistent", sagt Otte.

Bis zur Wahl wird die Politik durchhalten: Prof. Johann EekhoffBild: privat

Neues Geld wird wieder nach Athen fließen, wenn der Troika-Bericht vorliegt - wann immer das sein wird. Unabhängig von der Diskussion über einen zweiten Schuldenschnitt. "Mit Transferzahlungen an Griechenland wird die Zahlungsfähigkeit der griechischen Regierung erhalten, so dass sie die ausstehenden Papiere bedienen kann", meint Johann Eekhoff im DW-Gespräch.

Tatsächlich gehen über 70 Prozent des Hilfsgeldes in den Schuldendienst. Es wundert nicht, dass sich die Griechen dabei nicht gerettet fühlen. Im Gegenteil, sie müssen sich auf weitere soziale Einschnitte und Souveränitätsverluste gefasst machen. Der neue Troika-Bericht soll dazu auch eine Reihe Vorschläge enthalten. In diesem Kontext ist ein zweiter Schuldenschnitt als Entgegenkommen an die Griechen gedacht. Max Otte hält immer noch einen Austritt aus der Eurozone für die bessere Alternative: "Griechenland ist kaputt gespart, wir haben Aufstände auf den Straßen. In Thessaloniki geben die Leute ihre Kinder in Waisenhäuser, weil sie sie nicht mehr durchfüttern können." Diese brutale Politik müsse aufhören. "Außerhalb des Euros könnten die Griechen abwerten und könnten es viel sanfter machen."

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