Zweiter Wahltag in Italien
25. Februar 2013Die Spannung steigt: In Europas Sorgenland Italien hat der zweite und letzte Tag der vorgezogenen Parlamentswahlen begonnen. In einer Zeit anhaltender tiefer Rezession und drohender politischer Instabilität bestimmen die Italiener ihr Abgeordnetenhaus und den Senat in Rom neu. Am Montagmorgen öffneten die Wahllokale erneut. Mehr als 50 Millionen Italiener sind zur Wahl aufgerufen. Schnee und Regen hatten am Vortag zu einem schleppenden Wahlbeginn beigetragen.
Wie das Innenministerium nach Schließung der Wahllokale bekannt gab, hatten am Sonntag lediglich 55 Prozent der 50 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben, über sieben Prozent weniger als vor fünf Jahren. Normalerweise liegt die Beteiligung in dem Land bei etwa 80 Prozent.
Mit eiserner Miene gab der scheidende Regierungschef Mario Monti, der Italien nach Berlusconis Abgang im November 2011 mit einem Expertenkabinett regiert hatte, am frühen Sonntag in Mailand seine Stimme ab. Vor den anwesenden Journalisten äußerte er sich nicht. Der Spitzenkandidat der Demokratischen Partei (PD), Pier Luigi Bersani, wählte im norditalienischen Piacenza und schaute nicht minder ernst in die Kameras der Journalisten (Artikelbild).
Lediglich der umstrittene frühere Regierungschef Silvio Berlusconi, der ebenfalls in Mailand wählte, posierte lächelnd an der Wahlurne. Dort begrüßten ihn drei Frauen der feministischen Bewegung Femen mit blankem Busen und riefen "Basta Berlusconi". Sie wurden abgeführt.
Starken Auftrieb hatte in der Schlussphase des Wahlkampfs die populistische Protestbewegung "Fünf Sterne" des Komikers und Bloggers Beppe Grillo. Sie könnte ein erheblicher Störfaktor bei der Regierungsbildung sein.
Als Favorit wird das Mitte-Links-Bündnis mit dem Spitzenkandidaten Bersani gehandelt. Grillo und das Mitte-Rechts-Lager Berlusconis schienen sich vor der Abstimmung ein Rennen um den zweiten Rang zu liefern. Montis Bündnis der Mitte droht abgeschlagen zur viertstärksten Kraft zu werden.
Die Europäische Union blickt genau auf den Ausgang der Abstimmung. Brüssel sowie die Finanzmärkte setzen auf eine Koalition Bersanis mit Monti. Sollte Berlusconi gewinnen, befürchten Beobachter, dass die Schuldenkrise wieder aufflammen könnte, nachdem Monti harsche Reformen unter anderem im Rentenbereich und auf dem Arbeitsmarkt durchgesetzt hatte, um die Staatsfinanzen zu sanieren.
Berlusconi hatte im Wahlkampf unter anderem gegen die Rolle der deutschen Bundesregierung bei der Finanzkrise gewettert, weshalb Berlin sich zuletzt besorgt über seine mögliche Rückkehr gezeigt hatte.
Der parteilose Regierungschef und frühere EU-Kommissar Monti war im Dezember zurückgetreten. Staatschef Giorgio Napolitano hatte daraufhin das Parlament aufgelöst, die Parlamentswahl wurde etwas vorgezogen. Sie findet damit, für Italien unüblich, im Winter statt.
sti/uh/qu (afp,dpa)