1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Zwischen Zimmerpflanzen

Marko Langer23. September 2016

Sie hätte es nicht tun sollen. The lady is not for joking*, um es mit einem klassischen Zitat zu sagen. Sie ist nicht (!) witzig. Nicht die Bohne. Hillary Clinton in der Show "Between Two Ferns": ein Fiasko. - Oder?

Hillary Clinton in der Show von Zach Galifianakis
Bild: picture-alliance/AP Photo/FunnyorDie.com

"BILD oder Glotze", so hielt es ein früherer Bundeskanzler hierzulande. Wenn er im Boulevardblatt oder im Fernsehen auftauchte, war die Sache geritzt. Gerhard Schröder wusste, das es nicht immer auf staatstragende Auftritte ankommt.

Inzwischen ist - jedenfalls für den US-Wahlkampf - eine andere Parole ausgerufen: "It's the internet, stupid." Wer da keine klare, inhaltsorientierte und auf angenehme Weise zurückhaltende Offensive fährt wie der Mann, der sich auf Twitter @realdonaldtrump nennt, kann's gleich vergessen mit der Kampagne.

Also, sagte sich Hillary Rodham Clinton oder eine ihrer Beraterinnen: Wir müssen was tun. Der Wuschelkopf ist uns voraus, lässt sich sogar von Late-Night-Host Jimmy Fallon in die Haare fassen, ohne dass der Kopf abfällt. Jetzt hilft nur noch einer: Zach.

Zach? Nun, für die coolen Zeitungsleser unter unseren Usern sei der Mann kurz erklärt: Zach Galifianakis ist bekannt geworden als "Alan" in der Komödie "Hangover" und macht inzwischen für den Internet-Channel "Funny or die" eine Talk-Show mit dem Titel "Between Two Ferns": Millionenfach auf Youtube angeklickt, weltweit gesehen, eine subtile Sache mit einem subtilen Fragesteller. Der ist äußerlich eine etwas gemäßigte Variante vom zauseligen Helge Schneider, innerlich mindestens so scharf wie der TV-Zyniker Harald Schmidt in seinen guten, mittleren Jahren.

Talk-Master Jimmy Fallon greift Donald Trump anBild: picture-alliance/AP Photo/NBC/A. Lipovsky

"Between Two Ferns" heißt so, weil die Show vor schwarzem Tuch zwischen zwei Farnbäumen aufgenommen wird (siehe Artikelbild oben). Justin Bieber war schon da, Brad Pitt (vom Moderator gerne "Pitts" genannt), Bruce Willis, Charlize Theron und - vor allem - Barack Obama.

Wie blöd: Witze auf ihre Kosten

Obama war gut und saß am Ende bildlich im Diplomatenraum des Weißen Hauses. George Bush habe ihm das gestattet, sagte der Gastgeber kleinlaut. Sehr witzig war das. Nun .... Hillary ist es nicht. Während Obama den Zach mehr oder weniger an die Zimmerpflanzen-Wand quatschte (so wie "Mr. President" jüngst bei Jimmy Fallon auch wieder auf Broadway-Niveau gesungen hat), sitzt Mrs. Clinton da die ganze Zeit und hält es für eine gute Idee, dass man Witze auf ihre Kosten macht.

Die erste Texteinblendung "Hillary Clinton had pneumonia" trieft bereits vor Ironie. Sehr krank war sie, die Arme. Vorher hat sich Zach mit einer Halloween-Maske an seinen weiblichen Gast herangeschlichen und wurde von gespielten Secret-Service-Agenten überwältigt.

Der kann sogar singen. Manche behaupten, dafür könne er nicht regieren. Das ist bestimmt üble Nachrede.Bild: Getty Images/AFP/M. Ngan

Es folgt ein Feuerwerk von echt ironischen Fragen, in dem die Skriptschreiber für Hillary keinen - nun ja - halbwegs witzigen Part vorgesehen haben. Clintons Spin doctors, die das Skript mit Sicherheit abgenommen haben, sind an der Stelle vielleicht schon auf der Flucht, als sie mitten im Interview sagt: "I really regret doing this." Sie bereut die Sache schon. Das soll witzig sein. Wer hat den Gag abgenommen im Clinton-Lager? He's fired.

Lacher? Äh, nein?

Nach zwei Dritteln des Videos wird ein Werbeclip von Donald Trump eingespielt. Vorher hat Zach die mögliche erste weibliche Präsidentin im Weißen Haus gefragt, was denn passiert, wenn sie schwanger werde. Sie bietet ihm an der Stelle einige Prospekte an, damit er sich über die Wahrscheinlichkeit eines solchen Falls informieren könne. Pause. Lacher? Äh, nein?

Der Youtube-Clip sei trotzdem zum Ansehen empfohlen, weil Galifianakis ein Meister des Timings ist. So macht er zum Beispiel eine wundervolle Pause bei der Vorstellung seines Gastes, der "Hillary .... Clinton" heißt. Die Pause zwischen beiden Worten: handgestoppt zwei Sekunden. Perfekt. Drei Sekunden wären zu viel gewesen. Ein Stück für Comedy-Lehrbücher.

Am Ende resigniert Zach, wie ein Boxer, der sich lange überlegt hat, ob er sein Opfer im Ring schon in der zweiten Runde k.o. schlägt oder erst am Ende des Kampfes. Galifianakis wartet bis zum Schluss, und seine Verabschiedung beginnt mit einer Lüge: "Well, this has been a lot of fun Mrs Clinton." Um dann fortzufahren: "We should stay in touch. What's the best way to reach you? Email?" Und dann schlägt Zach auf den Buzzer für die Durchsage: "Sie haben Post!"

Ziemlicher Zausel, politisch inkorrekt: Zach GalifianakisBild: Getty Images/F.M. Brown

Nachtrag 1: Jenes mit * gekennzeichnete, klassische Zitat von Margaret Thatcher zu Beginn dieses Textes soll angeblich in Wirklichkeit lauten: "The lady's not for turning."

Nachtrag 2: Vielleicht haben sich die Spin Doctores der - mit ihren Mail-Accounts durcheinandergeratenen - Frau Clinton am Ende doch auf die Schulter geklopft für die Idee, ihre Top-Frau in die Show des Zausels zu schicken. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Textes hier wurde dieses Video auf "Funny or die" bereits 2.149.119fach angesehen. Und wenn Sie es sich jetzt auch ansehen, dann sind es schon 2.149.120. Mindestens. Was macht @realdonaldtrump jetzt? Wrestling?

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen

Mehr zum Thema